Vortrag: Prof. Kropač referiert beim Eichstätter theologisch-mathematischen Kolloquium zum Thema Rationalität.

Vortrag Prof. Kropac Mathematik und Theologie
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Theologie und Mathematik: Beide Fächer gehören in den Kanon universitärer Disziplinen. Und doch scheinen beide gewissermaßen in völlig getrennten „Welten“ tätig zu sein. Dass es zwischen diesen Wissenschaften bemerkenswerte Schnittflächen gibt, die zwar nicht im „Alltagsgeschäft“ entstehen, wohl aber dann, wenn Grund- und Grenzfragen in den Blick kommen, dies sollten zwei Vorträge im Rahmen des gemeinsamen theologisch-mathematischen Kolloquiums im Sommersemester 2012 vor Augen führen. Prof. Kropač referierte zum Thema Rationalität.

Prof. Dr. Ulrich Kropac, Inhaber des Lehrstuhls für Didaktik der Religionslehre, für Religionspädagogik und Katechetik, selbst Diplommathematiker, referierte über das Thema „Rationalität: Trennlinie oder Verbindungsglied zwischen Religion und Mathematik?“ und schlug von der Theologie aus eine Brücke zur Mathematik. Kropa? legte dar, dass ein verkürztes Verständnis von Religion diese auf eine reine „Herzensangelegenheit“ reduziere, die zuallererst im Gefühl des Menschen verankert sei und daher wenig oder nichts mit seiner Ratio zu tun habe. Umgekehrt gelte die Mathematik als das Paradigma einer beweisenden Wissenschaft, die, wie es scheint, zu absolut sicherem Wissen gelange. Sie sei die rationale Disziplin schlechthin. In der Tat: Solange diese polaren Beschreibungen von Religion und Mathematik Geltung beanspruchen können, wird Rationalität zum Scheidewasser zwischen Religion und Mathematik.

Wissenschaftstheoretische Reflexionen zeigten jedoch, dass dieser Gegensatz unhaltbar sei, so Kropac. Wie er weiter ausführte, ließen sich über den Begriff der religiösen Überzeugung Rationalitätskriterien in das religiöse Feld einführen, so dass bei aller Verschiedenheit von Religion und Mathematik der Begriff der Rationalität zwischen beiden eine Verbindung herstelle. Umgekehrt würden wissenschaftstheoretische Studien zur Mathematik einsichtig machen, dass diese einem überzogenen bzw. einseitigen Rationalitätsideal nicht standhalten könne. Die Mathematik verfüge zwar über eine eigene Rationalitätsform, ruhe aber auch auf Fußpunkten im Bereich der Philosophie und im Bereich der individuellen Weltanschauung auf. Insofern ergäben sich Berührungen mit der Religion.

Prof. i. K. Dr. Günther Wirsching, der derzeit die Professur für Algebra vertritt, hielt einen Vortrag zum Thema „Der Gödelsche Gottesbeweis“. Er zeigte auf, wie einer der bekannte-sten Mathematiker des 20. Jahrhunderts, Kurt Gödel, den ontologischen Gottesbeweis (insbesondere Anselms von Canterbury) mit den Mitteln der formalen Logik reformulierte. Mathematik habe es so überraschenderweise mit einer Thematik zu tun, die traditionell in Theologie und Philosophie angesiedelt sei, nämlich mit den Gottesbeweisen.

Beide Vorträge gaben Gelegenheit zu zahlreichen Nachfragen, die in eine engagierte Diskussion mündeten.