„Die Wiederentdeckung von Bedeutungslosigkeit“ – Tourismusgespräche zu Spiritualität und Tourismus

Wandern, Wellness und Pilgern haben sich zu einem stillen aber mächtigen Trend entwickelt. Spätestens seit dem Bestseller-Buch von Hape Kerkeling, in dem dieser seine Erlebnisse auf dem Jakobsweg schildert, haben sich in diesem Tourismussegment neue Dimensionen aufgetan. Diesen widmeten sich heuer die Eichstätter Tourismusgespräche der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) unter dem Titel „Spiritualität und Tourismus“.

„Wenn im November die Hoteliers im Alpenraum zum Himmel sehen und um Schnee bitten, kommen Spiritualität und Tourismus zusammen“, scherzte Professor Harald Pechlaner (Lehrstuhl Tourismus an der KU) bei der Eröffnung der von ihm ausgerichteten Veranstaltung. Die Reihe feierte ein kleines Jubiläum: Die Eichstätter Tourismusgespräche fanden heuer zum 20. Mal statt.

Rund 100 Teilnehmer aus Praxis und Wissenschaft diskutierten die Perspektiven für die Branche, die sich – wie es KU-Präsident Lob-Hüdepohl in seiner Begrüßung formulierte – aus der „Wiederentdeckung von Bedeutungslosigkeit“ ergeben. Die Hektik des Noch-mehr-Erlebens sei für ihn ein Charaktermerkmal des heutigen Tourismus. „Dabei ist die Erfahrung, dass Pause eine Bedingung dafür ist, damit Menschen sich im Alltag wieder bewegen können, ur-biblisch“, sagte Lob-Hüdepohl. Dass sich Urlauber zunehmend mehr Ruhe und Erfüllung wünschen, bestätigte auch Professor Pechlaner: „Viele Leute sehnen sich nach mehr spirituellen Momenten, vor allem auf ihren Reisen und im Urlaub.“ Immer mehr Leuten werde deutlich, dass man bei einem kurzen Wochenend-Ausflug nur schwer tief greifende Erfahrungen machen könne. Schließlich sei man ja übermorgen schon wieder weg und habe somit kaum Zeit sich zu entspannen und sich auf die Dinge einzulassen. Doch geschehe jetzt ein Umdenken, auch in Bezug auf die Definition von „erfüllter Zeit“. „Zeit ist erfüllt, wenn man sich Zeit für sich nimmt, wenn man seinen eigenen Gedanken nachhängen kann“, sagte Pechlaner. Es gehe auch einfach mal darum, die Seele baumeln zu lassen.

In diesem Zusammenhang betonte Eichstätts Landrat Anton Knapp, dass im Naturpark Altmühltal zahlreiche Angebote geschaffen worden seien, die sich nicht nur an Pilger, sondern auch Zielgruppen richteten, die im Urlaub innehalten wollten. Der Geschäftsführer des Naturparks Altmühltal, Christoph Würflein, ging in seinen Ausführungen unter anderem der Frage nach, wann ein Ort überhaupt spirituell ist. „Das Gefühl der Spiritualität erlebt jeder Mensch anders“, so Würflein. Beispielsweise könne für den einen eine im Nebel auftauchende Kirche am Wegesrand ein unglaublich spiritueller Moment sein, für den anderen eben nicht. Diskutiert wurde auch der Unterschied zwischen Pilgern und Wandern. „Man wandert mit den Füßen, doch man pilgert mit dem Herzen“, zitierte der Leiter der Diözesan-Pilgerstelle, Domvikar Reinhard Kürzinger, aus Kerkelings Buch. Kürzinger referierte über die „Faszination Jakobusweg“. Pilgern sei die Suche nach Gott und wer nach Gott suche, der stolpere auch unweigerlich über das eigene Ich. Viele Menschen treten eine Pilgerreise an Wendepunkten in ihrem Leben oder in Krisenzeiten an. Allein in Deutschland seien im vergangenen Jahr 800.000 Menschen auf Teilstücken des Jakobswegs unterwegs. 100.000 von ihnen seien bis zum Grab des Apostels in Santiago de Compostela gelangt. „Auf solch einer Reise lernt man, wie viele Dinge im Leben eigentlich unwichtig sind.“ Vielen Menschen helfe das Wandern oder Pilgern ihre innere Freiheit wieder zu finden und es unterstütze den Selbstheilungsprozess, erklärte Kürzinger.

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