Wie hält die Kirche es nun mit dem Zusammenleben vor der Ehe? Was sagt sie zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften? Und wie geht sie um mit wiederverheirateten Geschiedenen? In diesen und ähnlich drängenden Fragen aus dem Bereich des alltäglichen Beziehungslebens hatten viele Gläubige von den beiden in Rom tagenden Bischofssynoden, vor allem aber vom abschließenden Schreiben des Papstes ein deutliches Wort der Wertschätzung auch jener Lebensformen erwartet, die nicht dem kirchlichen Ideal entsprechen. So eindeutig scheint das Wort des Papstes in Amoris laetitia allerdings nicht ausgefallen zu sein. Kein Wort zum Wert der Treue in gleichgeschlechtlichen Beziehungen; keine offizielle Zulassung zur Kommunion für wiederverheiratet Geschiedene, selbst nicht nach einem intensiven Prozess der persönlichen und pastoralen Unterscheidung; und eine allenfalls zaghafte Zusage an die Adresse derjenigen, die den Schritte zur Ehe (noch) nicht setzen, dass sie demnächst auf eine barmherzige und ermutigende seelsorgliche Zuwendung hoffen dürfen. Dennoch unterscheidet sich das Grundanliegen und der Ton von Papst Franziskus so grundlegend von früheren lehramtlichen Verlautbarungen, dass damit eine Kehrtwende in der kirchlichen Ehe- und Familienlehre eingeleitet wird. Im Vortrag soll es um die Frage gehen, worin diese „stille Revolution“ besteht, und vor allem, wie sie auf Dauer gesichert werden kann.
Prof. Dr. Thomas Knieps-Port le Roi, INTAMS Chair for the Study of Marriage & Spirituality, Faculty of Theology and Religious Studies, Catholic University of Leuven