Workshop des Masterstudiengangs Europastudien zu „Remembered Places – Erinnerte Orte“

Das wissenschaftliche Projekt stellt ein zentrales Modul im Masterprogramm der Eichstätter Europastudien dar. Studierende erhalten im Rahmen dieses Moduls die Möglichkeit, ein Projekt mit wissenschaftlichem Hintergrund zu planen, durchzuführen und zu evaluieren, und dabei eigene Forschungsarbeiten mit etablierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu diskutieren. Vor diesem Hintergrund stand die Thematik „Remembered Places – Erinnerte Orte“ im Zentrum eines hauptsächlich englischsprachigen Workshops, den die Eichstätter Studierenden mit Unterstützung des Studiengangsmentors, Prof. Richard Nate, und der Projektkoordinatorin, Dr. Bea Klüsener, organisierten.

Untersucht wurden die Verwobenheit von Ort und Erinnerung sowie Mechanismen der (Re-) Konstruktion von Orten in Geschichtsschreibung, regionalen Erinnerungskulturen, literarischen Texten und Musik. Neben wissenschaftlichen Vorträgen wurden auch künstlerische Beiträge in das Programm integriert.

Der Historiker Andrew Pickering (Plymouth, Großbritannien) erörterte mit seinem Vortrag über den Selwood Forest, einen Wald im Südwesten Englands, die diskursive Konstruktion dieses Ortes als einem vermeintlichen Zentrum der Hexerei während des 17. Jahrhunderts. Danach präsentierten die Studierenden ihre Arbeiten. Stefanie Wegele thematisierte die Rekonstruktion der Französischen Revolution in Mary Wollstonecrafts Schrift Reflections on the Revolution in France (1794). Marta Körner vermittelte Einblicke in die polnisch-deutsch geprägte Geschichte der Stadt Wrocław und zeigte anhand zeitgenössischer Lyrik auch die Relevanz literarischer Texte als Medium der Erinnerung auf. Katja Ketterle und Weizhi Zhang präsentierten die Geschichte und Erinnerungskultur der Donauschwaben, und Ken Nobis hinterfragte die politische Motivation der Ernennung bestimmter Orte zum „Kulturerbe“ im Rahmen des UNESCO-Weltkulturerbes und des Europäischen Kulturerbe-Siegels. Der Literaturwissenschaftler Kirby Farrell (Amherst, USA) schließlich beleuchtete anhand ausgewählter literarischer Texte des 19. und 20. Jahrhunderts die Metapher des Mundes als verbindendem Kommunikationsmittel, aber auch als Ort des Verschlingens und Tötens.

In der künstlerischen Sektion der Tagung erzählte Isabelle Lehn (Leipzig) zunächst mit einer Lesung aus ihrem Roman Binde zwei Vögel zusammen die teils auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte eines Journalisten, der nach einem Einsatz als Statist in einem Militär-Ausbildungslager zunehmend seine eigene Identität mit der seiner Rolle vermengt. In ihrem Roman spricht Lehn sowohl identitätsbezogene Verortungsprobleme in der modernen Welt als auch die bewusste Re-Narration von Orten und Räumen an. Weiterhin stellte der Berliner Komponist Roland Aley in einem Werkstattbericht sein 2015 entstandenes Werk Die Kontur vor, dessen Libretto aus einem Text besteht, den das Liebespaar Else Lasker-Schüler und Gottfried Benn im Jahre 1913 gemeinsam in der politischen Zeitschrift Die Aktion veröffentlicht hatte. Auf diese Weise werden in der Kantate historische Ereignisse aus dem Berlin des frühen 20. Jahrhunderts in Musiknoten übersetzt und erinnert.

Gerade der interdisziplinäre Charakter des Workshops wurde von allen Beteiligten als Bereicherung empfunden, was sich in zahlreichen fruchtbaren Diskussionen widerspiegelte und in die Planung einer Publikation der Tagungsergebnisse sowie weiterer Kooperationen mündete.

 

Katja Ketterle, Marta Körner, Ken Nobis, Stefanie Wegele und Weizhi Zhang

Mitarbeitende