KU mit Podien, Workshops und Infostand beim Katholikentag

Vom 25.05. bis 29.05.2022 war es wieder so weit, dieses Jahr fand in Stuttgart wieder Deutsche Katholikentag statt, in diesem Jahr der 102. unter dem Motto: „Leben teilen“. Nach langer Corona-Pause und vier Jahren nach dem letzten Katholikentag 2018 trafen sich dazu mehr als 27.000 Besucher*innen zu dem fünftägigen Event und unsere KU und wir Student*innen waren dabei mittendrin. – Ein Bericht von Soziologiestudent Philipp Küster

Die KU hat uns Studierenden, die die beiden entsprechenden Seminare belegt hatten, ermöglicht, für uns kostenfrei daran teilzunehmen. So wurden die Veranstaltungstickets, Fahrkarten und Übernachtungen für uns organisiert und wir fuhren wie früher auf Klassenfahrt mit Schlafsack und Isomatte. Wir waren Studierende aus vielen Fachrichtungen, wie die der Theologie, Religionspädagogik und Kirchliche Bildungsarbeit, Philosophie, Soziologie usw. Wir schauen auf ein paar Tage mit viel Gemeinschaft, Heiterkeit, neuen Bekanntschaften und interessanten Diskursen und Dialogen zurück.

Auf der sogenannten „Kirchenmeile“ haben ca. 300 Organisationen und Institutionen die Chance ergriffen, sich an Ständen vorzustellen und für ihre Arbeit Interessenten zu finden. So war z. B. unsere KU an mehreren Ständen vertreten; am eigenen sowie z. B. auch am Stand derKatholischen Hochschulen für Sozialwesen . KU-Mitarbeiter*innen haben dort interessierte Menschen auf die Studienmöglichkeit(en) an unserer Universität aufmerksam gemacht.

Es konnte an verschiedensten Veranstaltungen teilgenommen werden. Neben zahlreichen Gottesdiensten und einem zentralen Schlussgottesdienst (mit dem Bischof Georg Bätzing) sowie kulturellen Veranstaltungen haben wir an einigen der vielen inhaltlichen Veranstaltungen, den „Podien“ / „Werkstätten“, teilgenommen, darunter auch am KU-eigenen Podium mit dem Thema „(Theologie) Studieren in Diversität – An Differenzen lernen, Ambiguität aushalten“.

Workshop der Theologischen Fakultät mit Ulrich Feeser-Lichterfeld, Katharina Karl und Martin Kirschner sowie George Augustin
Workshop der Theologischen Fakultät mit Prof. Dr. Ulrich Feeser-Lichterfeld (KathO), Prof. Dr. Katharina Karl und Prof. Dr. Martin Kirschner (KU) sowie Prof. Dr. George Augustin (Hochschule Vallendar)

Vertreten am Podium waren unter anderem Prof. Augustin (VPU Vallendar; SAC, Dogmatiker), Prof. Feeser-Lichterfeld (KatHo NRW, Abt. Paderborn; Theologe, Psychologe), Prof. Karl (KU Eichstätt; Pastoraltheologin) und Prof. Kirschner (KU Eichstätt; Theologe), der die Moderation übernahm. Somit ist auf dem Podium bereits Diversität gut zu erkennen; durch verschiedene Ethnien, Fachrichtungen, Geschlechter und Präsenzen. Letztere wurde für uns Studierende ebenso ermöglicht, denn an der Werkstatt konnten wir uns selbst auch sehr gut einbringen; denn wer ist am besten dafür geeignet, darüber zu berichten, wie es ist, in Diversität zu studieren, als wir Student*innen; dieser Meinung waren auch die Dozierenden unserer Uni. Unsere Beobachtungen hatten also dort Raum bekommen und wurden aufgegriffen, symbolisiert durch einen fünften Stuhl.

Wie sieht es also eigentlich aus mit dem Umgang mit Diversität an der Universität? Wie findet das Miteinander und die gegenseitige Anerkennung verschiedenster Menschen, die sich unterscheiden hinsichtlich von Alter, Ethnie, Geschlecht(-sidentität), körperliche und geistige Fähigkeiten, Religion, Sexualität, Weltanschauung usw., an der Uni statt? Denn es ist eine Sache, sich für Diversität auszusprechen und das „Andere“ verbal zu akzeptieren und eine andere Sache, dieses „Andere“ dann auch tatsächlich zu tolerieren, anzuerkennen und ggf. anzunehmen.

Durch uns Studierende fanden einige Dinge Gehör, die aufzeigten, dass im studentischen Alltag das Leben von Diversität und somit das Anerkennen von „Anderen“ nicht immer so einfach ist. Zum einen betraf dies eine Eingrenzung, die erfolgt, indem man der Gruppierung liberal oder konservativ angehört und damit zusammenhängende Vorurteile erlebt bis hin zu Bekehrungsversuchen.

Gehör fand aber auch der Wunsch nach mehr interdisziplinären sowie nach mehr organisatorischen Inhalten, da diese später ebenso zur Ausübung des Berufs gehören.

Interdisziplinarität wurde zudem durch bereits gemachte Erfahrungen erreicht. Beispiel war hier, dass sich das Leben qualitativ in Wohnheimen verbessert hatte, nachdem Studierende aus verschiedenen Fachrichtungen zusammenlebten, statt nur wie vorher aus der Theologie. Dieses Leben, Studium in der eigenen Blase (im Magister) wird als problematisch und einschränkend wahrgenommen. Die Lösung zu bekannten Problemen scheint somit sogar gerade der Wunsch nach Diversität zu sein.

Jedoch sind solche Änderungen immer noch schwierig umsetzbar, da beispielsweise die Diözesen ihre Standards haben und danach ist das Studium ausgerichtet. So spielt also das Gefühl der Ungleichzeitigkeit bzw. dass der verschiedenen Geschwindigkeiten der Kirche und der Gesellschaft auch hier eine wichtige Rolle, die allgemein daran zu erkennen ist, dass gewisse Dinge in der Gesellschaft bereits akzeptiert sind, aber in der Kirche (noch?) nicht.

Thematisiert wurde auch, dass an manchen Universitäten (z. B. KatHo NRW) durch das Fernstudium der Altersdurchschnitt der Studierenden ein anderer ist und somit andere Fragen diskutiert werden. Dazu gehört die reflexive Frage: Wie gehe ich mit dem Fremden um und ist nicht gerade dort Gott zu finden, wo ich etwas bzw. jemanden nicht verstehe?

Auch wird der Glaube wie auch Diversität gerade als nicht einengend beschrieben, sondern als ein Gefühl der Weite und Fülle; in der die schönste Botschaft nach außen getragen werden kann: Die Idee, den Glauben tatsächlich zu leben.

Und auch auf dem Katholikentag selbst war dies erlebbar. Hier war meine Beobachtung, dass Diversität bzw. ihre Bedeutung und ihre Akzeptanz in jeder Veranstaltung, an der ich teilnahm, erwähnt, betont, unterstützt und akzeptiert wurde.

Auch die Akzeptanz gegenüber anderen Religionen wurde im Dialog in den Veranstaltungen verbalisiert und war ebenso erkennbar daran, dass Vertreter*innen mit auf den Podien saßen und sie auch beim Gottesdienst mit vertreten waren. Auch gab es z. B. deutsch-ukrainische Gottesdienste, was in Zeiten des Krieges bzw. die Kirche im Auftrag des Friedens ein wichtiges Zeichen ist.

Die Thematik der Diversität und „versöhnten Verschiedenheit“ ist sicher keine neue, jedoch wird sie zunehmend ausgesprochen und findet auch immer mehr Gehör. Der Ausspruch auf einem Podium zu der Problematik: „Die Kirche muss Platz für alle haben!“ wurde bestätigt mit: „Platz genug hätte sie.“

Doch wie auch ähnlich zum KU-eigenen-Podium mit dem Anspruch „An Differenzen lernen, Ambiguität aushalten“ bleibt die Frage, ob dieser auch so gelebt wird wie gepredigt bzw. verbalisiert.

Hier kann die Kirche in einer Welt, die komplizierter geworden ist, einerseits Sicherheit und Zugehörigkeit vermitteln. Andererseits ist eine „geschlossene“ Religion in der Moderne weder möglich noch erstrebenswert, wenn es um das „Leben teilen“ geht. Gleichzeitig ist gelebte „versöhnte Verschiedenheit“ kein feststehendes Kriterium, denn nicht jedes „Anders“ sein ist erstrebenswert und tolerierbar. Mit diesem Fokus ist die Annahme, wir Individuen seinen generell multipel und 100% aufgeschlossen gegenüber allem „Anderen“, nicht vertretbar. Wenn dabei moralische Grundvorstellungen aufeinandertreffen, sollten dabei humanitäre Ansprüche das Richtmaß sein. Gleichzeitig lebt Diversität von gelebter Verschiedenheit, ob kulturelle Identität, erfahrenes Brauchtum oder religiöse Praxis. Hinzu kommt das Spannungsfeld Individuum – Gesellschaft. Kann und muss z. B. das einzelne Individuum die Kraft besitzen, sich zu behaupten und dafür einzusetzen, dass bspw. die eigene Homosexualität als normal akzeptiert wird oder sollte es gleichzeitig gesellschaftliche Regelungen geben, die marginale Gruppen besonders schützt?

Zu den ca. 10 weiteren Veranstaltungen mit KU-Beteiligung gehörten z. B. das Ökumenische Podiumsgespräch „Frauen in Leitung in Kirche“, der Dialog „Wovon sollen wir erlöst werden? Hoffnungsperspektiven für eine Menschheit ohne Erbsünde, das Werkstatt-Gespräch „Umziehen oder pendeln? Fernbeziehung und Umzug als Familie gemeinsam gestalten“ sowie die Podiumsdiskussion „Der Krieg in der Ukraine. Zeitenwende für die Ökumene?“.

Der Katholikentag stand unter Anderem unter dem Eindruck des aktuellen Kriegsgeschehens. So gab es z. B. deutsch-ukrainische Gottesdienste, was in Zeiten des Krieges bzw. die Kirche im Auftrag des Friedens ein wichtiges Zeichen ist.

Im Nachklang an den Katholikentag bleiben diese und weitere Fragen präsent und aktuell und ebenso präsent dabei bleibt die Frage der Stellung und Haltung der Kirche selbst in dieser Debatte. Hier heißt es einerseits zu Recht, dass sich die Kirche nach den nur zögerlich aufgearbeiteten Missbrauchsskandalen in einer Krise befindet. Die Aktualität des Rufes nach Reformen und Gleichbehandlung – schließlich schon am Begriff „Katholikentag“ erkennbar, der nicht Katholik*innen-Woche (oder ähnlich) heißt – wird also bleiben.

Auch die Besuchszahl von ca. 27.000 wird teils auf eine Krise der Kirche zurückgeführt. So waren es 2018 in Münster deutlich mehr. Jedoch waren es 2016 in Leipzig zwar auch mehr, wenn auch bei weitem nicht so deutlich. Die diesjährige Zahl ist aber auch verständlich, denn nach zwei Jahren Corona-Pandemie und somit nicht stattgefundenen Massenveranstaltungen steht das Wiederbeleben solcher Traditionen noch aus. Dadurch hielt sich das Gedränge in der Stuttgarter Innenstadt für uns in Grenzen; allerdings hatten wir Teilnehmenden auch nicht das Gefühl, dass kaum Menschen vor Ort waren und wenig los war – im Gegenteil: Das besuchte Angebot von über 1.500 Einzelevents war wie immer sehr groß.

Der nächste und damit 103. Katholikentag ist vom 29.05.-02.06.2024 in Erfurt geplant.