Äpfel statt Pommes: Marketing mit sozialen Normen

Pommes
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Geht man heutzutage in ein Fast Food-Restaurant, so kann man dort nicht nur den klassischen Hamburger mit Pommes Frites und Softdrink bestellen. Vor allem für Kinder bieten die Restaurants mittlerweile alternative Beilagen und Getränke, wie Obst oder Wasser und Bio-Säfte, deren Anteil am Umsatz jedoch noch nicht den von klassischen Beilagen erreicht hat. „Da viele Eltern noch keine der alternativen Beilagen wählen, wollten wir herausfinden, wie sie sich verstärkt für diese gesünderen Angebote von Fast-Food Restaurants gewinnen lassen“, erklärt Prof. Dr. Jens Hogreve, der an der KU den Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement innehat.

„Unser Ansatzpunkt für eine mögliche Veränderung beruht auf der Erkenntnis, dass Netzwerke, in denen sich Eltern bewegen, die Diskussionen und Entscheidungen um und für ihre Kinder stark prägen – sei es im Hinblick auf Impfungen oder zur Frage, wie sehr man sich für die Schulgemeinschaft engagiert“, erklärt Hogreve. Der Einfluss solcher Netzwerke auf die Auswahl von Essen sei bislang jedoch noch nicht untersucht worden – zumal Eltern erwiesenermaßen entscheidend die zukünftigen Essgewohnheiten ihrer Kinder beeinflussen. Insbesondere galt es daher zu erforschen, welche Charaktere und Gruppen unter den Eltern potenziell empfänglich für eine solche Veränderung sind.

Die Idee zu diesem Projekt ergab sich im Diskurs zwischen Hogreve und seinem Doktoranden Alexander Hettich, der Co-Autor der Studie ist. Andere Forschende haben sich bereits mit verschiedenen Aspekten dieser Branche beschäftigt. So zeigte sich etwa, dass nur für einen geringen Prozentsatz die Kalorienangabe auf den Produkten ausschlaggebend für ihre Bestellung ist. Eine andere große Studie aus den USA illustrierte, dass unabhängig vom tatsächlichen Kaufverhalten, Fast-Food Restaurants danach ausgewählt werden, ob gesunde Alternativen angeboten werden.

In einer Pilotstudie wertete das Forschungsteam bestehend aus Hogreve, Hettich sowie Prof. Rebecca Walker Reczek (Ohio State University) und Prof. Dr. Shashi Matta (Lehrstuhl für Innovation und Kreativität, KU) zunächst Bestellungen von Kindermenüs aus, um Rückschlüsse auf die soziale Norm ziehen zu können. Die Ergebnisse dieser Studie wurden mit einer Befragung von Eltern kombiniert. „Die Ergebnisse zeigten, dass die Wahl weniger gesunder Beilagen als die soziale Norm wahrgenommen wird", erklärt Professor Matta. Der nächste Schritt des Projekts wurde in den Restaurants von Alexander Hettich, der Franchise-Nehmer bei McDonald’s ist, durchgeführt. In den Happy Meals für die Kinder werden auch gesunde Alternativen angeboten, wie ein Fruchtpüree ohne Zuckerzusatz bzw. Apfelschnitze, Apfelschorle oder Milch.

„Vor allem vor diesem Hintergrund interessierte es mich natürlich besonders, welche äußeren Faktoren dazu beitragen bzw. ob es Einflüsse gibt, die ein Indiz dafür sein könnten, weshalb sich Eltern bei der Produktauswahl im Happy Meal entsprechend für gesunde oder eben weniger gesunde Alternativen entscheiden“, so Hettich. Deshalb erhielten Eltern beim Besuch eines McDonald’s Restaurants vor ihrer Bestellung einen Fragebogen zu verschiedenen Persönlichkeitsmerkmalen: Vergleichen Sie Ihr Handeln oft mit dem von anderen Personen? Versuchen sie herauszufinden, wie andere ein Problem lösen? Kann man seine grundlegenden Einstellungen ändern? Das Thema Ernährung wurde in der Befragung explizit nicht thematisiert. Als Dank für die Teilnahme erhielten die Befragten einen Gutschein für ein Kindermenü, den sie anschließend mit ihrem Nachwuchs einlösten. Die Bestellung und der Fragebogen wurden anschließend zusammengefasst und ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass die Wahl gesunder Beilagen von Vätern und Müttern relativ konstant ist, jedoch die Gruppe der Personen, die sich stark an ihrem Umfeld orientieren und die davon ausgehen, dass der Charakter eines Menschen veränderbar ist , signifikant öfter weniger gesunde Beilagen für ihre Kinder wählen .

Doch wie entscheiden sich solche Personen, wenn man ihnen eine andere Norm vorgibt? Das untersuchte das Projektteam mit einem modifizierten Fragebogen in einer Feldstudie bei über 300 Eltern. Dieser erfasste wieder allgemeine Persönlichkeitsmerkmale, enthielt jedoch auch einen kurzen Zeitungsartikel. Darin hieß es, dass 75 Prozent aller Eltern für ihre Kinder gesunde Beilagen für ihre Kinder auswählen würden. Dieser Information fehlte im Fragebogen einer Vergleichsgruppe. Gemessen wurde wiederum das Auswahlverhalten der Probanden in einem Restaurant. „Die Ergebnisse zeigen, dass Personen, die sich stärker an anderen Eltern orientieren, nach Lektüre des Beitrags tatsächlich zu 30% gesündere Beilagen auswählen, als die Vergleichsgruppe“, so Hogreve. Durch die Anpassung der Beilagen ergaben sich so zudem bis zu 70% weniger Kalorien in der Menu-Zusammenstellung.

Dies eröffne konkrete Perspektiven für ein „Social Norms-Marketing“, indem etwa authentische Familien als Werbeträger fungierten oder entsprechendes Infomaterial in den Restaurants zur Verfügung gestellt werde. Zudem könnten die Firmen wiederum durch die elterlichen Netzwerke neue Kundenkreise ansprechen, die Wert auf gesunde Alternativen legen. Gegenstand künftiger Forschung könnten laut Hogreve unter anderem die Vorlieben und Abneigungen der Kinder selbst sein, die in der Studie nicht befragt wurden, sowie die Essgewohnheiten der Eltern im Sinne einer Vorbildfunktion.