Multiple Krisen und veränderte Rahmenbedingungen verstärken die Notwendigkeit von Transformationen in Gesellschaft, Wirtschaft, Politik oder Kirche. Alternative Produktions- und Konsummuster, begleitet von tiefgreifenden Veränderungen der gesellschaftlichen Werte und Orientierungen, bilden hierbei zentrale Herausforderungen für eine sozial-ökologische Transformation und den damit verbundenen Fragen einer nachhaltigen Lebensführung oder Wirtschaftsweise. Damit einher geht die Notwendigkeit, Transformation als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen, in der die verschiedenen gesellschaftlichen Akteure eng miteinander vernetzt agieren. Soziale Innovationen werden hier zu einem Treiber von Veränderung und bilden die Grundlage sowie vielfältige Schnittstellen für ein breites gesellschaftliches Engagement. Transformative Forschung geht dabei von einem transdisziplinären und partizipativen Verständnis wissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung aus – mit dem Ziel, hierdurch die gesellschaftliche Wirkung von Forschung zu verstärken. Der Wissenstransfer wird daher nicht mehr dem eigentlichen Forschungsprozess nachgeordnet, vielmehr ist die wechselseitige und frühzeitige Integration von Wissen essentieller Teil eines solchen Forschungsverständnisses.
Im Kern geht es um gesellschaftlich relevante Problemstellungen, die eine Transformation in Bezug auf gesellschaftlich legitimierte Ziele der Nachhaltigkeit und des Gemeinwohls erforderlich machen. Kritische Reflexion, sektorübergreifende Interaktion und eine breite öffentliche Deliberation, ausgerichtet auf umsetzungsorientiertes Handeln, bilden dabei den methodischen Unterbau für ein Wissenschaftsverständnis, bei dem sich Hochschulen und Forschungseinrichtungen als Akteure im Kreise vieler anderer Akteure bewegen, die auf ganz unterschiedlichen Ebenen Transformationsprozesse miteinander gestalten. Das Ko-Design sowie die ko-kreative Produktion, Integration und Dissemination von Wissen durch unterschiedliche Formen des Zusammenspiels von Wissenschaft und Gesellschaft gehen signifikant über die traditionelle Sicht der zumeist disziplinären Erkenntnisgewinnung hinaus – gerade dann, wenn Forschende selbst Teil komplexer Beteiligungsprozesse werden. Diskutiert wird hier etwa die Frage: Kann auf diese Weise jene Reflexion ermöglicht werden, die auch die Zuverlässigkeit und Nachvollziehbarkeit des solcherart erarbeiteten wissenschaftlichen Wissens garantiert? Es stellen sich also Fragen zur Methodenentwicklung im Rahmen der Transformationsforschung sowie zur Qualitätssicherung von transdisziplinärer Forschung.
Reallabore verstehen sich hier als Orte für transdisziplinäre und transformative Forschung. Sogenannte Realexperimente dienen dazu, Grundverständnisse im Sinne eines Zielwissens zwischen Akteuren aus Wissenschaft und Praxis zu schaffen, problemorientiert mit lebensweltlichen Situationen zu experimentieren und neue und alternative Lösungen zu suchen. Es geht darum, ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln, wie Transformationsprozesse gestaltet werden können, und wie Lösungen zu konkreten Nachhaltigkeitsproblemen aussehen können.
Vielfach liegen die Vorteile des Reallabors hierbei im Offenlegen vielschichtiger Beziehungen zwischen verschiedenen Ansätzen, Perspektiven und Erfahrungen sowie der damit einhergehenden Reflexion, wo Dialog und Erfahrungsaustausch zu einem Mehrwert für alle Beteiligten führen (Beecroft et al, 2018). Der experimentelle Charakter von Projekten wird unterstrichen durch konkrete Rollen und Rollenkonstellationen von Akteuren aus Wissenschaft und Gesellschaft, mit dem Ziel, System- und Zielwissen sowie Transformationswissen zu ermöglichen. Es geht um konkrete gesellschaftliche Fragestellungen sowie um die räumliche und zeitliche Rahmensetzung für die gesellschaftlichen Experimente. Reallabore sollen Transformation ermöglichen, das Experiment als eine Methode ermöglicht das nötige Wissen für Wissenschaft und Praxis durch gemeinsames Tun.
Begrüßung
Prof. Dr. Harald Pechlaner
Founding Chair, School of Transformation & Sustainability (STS)
Impulsvortrag I
Dr. Regina RhodiusÖko-Institut e.V. sowie Universität Freiburg
Reallabore -Experimentierräume für den Weg in eine nachhaltige und innovative Gesellschaft
Impulsvortrag II
Dr. Markus EgermannLeibniz Institute of Ecological Urban and Regional Development
Reallabore in der Transformationsforschung: Möglichkeiten und Grenzen transformativer Forschung am Beispiel Dresden Zukunftsstadt
Good Practice-Beispiel
Maria Bartholomäus & Dr. Daniel Zacher
Projekt „Mensch in Bewegung II“
Realexperiment Eichstätt –Funktioniert die Einbindung der Bürgerschaft?
Impulsvortrag III
Dr. Regina Rhodius & Prof. Dr. Monika Bachinger Öko-Institut e.V. sowie Universität Freiburg & KU Eichstätt-Ingolstadt
Das Reallabor in der (transformativen) Lehre
Diskussion
Gesamtmoderation: Dr. Ulrike Brok