Das über drei Semester angelegte Lehrforschungsprojekt „Lange Schatten des Unrechts. Nationalsozialistische Verfolgung und ihre Nachgeschichte“ unter Leitung des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Geschichte erschließt die Komplexität nationalsozialistischer Verfolgung und ihrer Nachgeschichte zwischen den 1930er und den 1970er Jahren am Beispiel des Schicksals einer Familie. Im November 1938 wurden im Kontext der sogenannten „Reichspogromnacht“ Mitglieder der Familie Geiershoefer aus Allersberg bei Nürnberg inhaftiert. Durch Androhung körperlicher Gewalt und Erpressung sahen sich die Geiershoefers gezwungen, ihren Besitz weit unter Wert zu verkaufen bzw. zu verschenken. Während Teilen der Familie die Flucht ins Exil gelang, wurde eine ältere Angehörige deportiert und verstarb im Ghetto Łódź angesichts verheerender Lebensbedingungen.Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrten überlebende Familienmitglieder nach Allersberg zurück. Sie begleiteten mit ihren Aussagen einen Strafprozess, der die Vorgänge des Jahres 1938 verhandelte. Teils über Jahrzehnte hinweg kämpften sie um die Restitution des geraubten Vermögens sowie um eine Entschädigung für das erlittene Unrecht.
Auf der Basis umfangreicher archivalischer Quellenbestände, die im Rahmen des Projektes recherchiert, ausgewertet und analysiert wurden, kann dieses historische Geschehen nun in verschiedenen zeitlichen und inhaltlichen Perspektiven beschrieben werden. Als Ergebnisse liegen drei Transfer-Formate vor, um auf diese Weise in Zeiten von wachsendem Antisemitismus, Populismus und Rechtsextremismus einen eigenen erinnerungskulturellen Beitrag zu leisten. Hierzu zählt insbesondere ein Podcast in der Reihe „Tatort Geschichte“ des Bayerischen Rundfunks, der im Rahmen des Lehrforschungsprojektes erarbeitet wurde (abrufbar in der Mediathek unter www.br.de/mediathek/podcast/tatort-geschichte-true-crime-meets-history/854). Eine Monografie zum Projekt entstand auf der Grundlage von Beiträgen der am Projekt beteiligten Studierenden (Conze, Vanessa (Hg.), Lange Schatten des Unrechts. Nationalsozialistische Verfolgung und ihre Nachgeschichte – das Beispiel der Familie Geiershoefer, Marburg 2025). Eine Ausstellung zum Projekt ist derzeit im Foyer der Universitätsbibliothek zu sehen, sie soll später in Ingolstadt, in Allersberg und an anderen Orten gezeigt werden.
Prof. Dr. Vanessa Conze, die Leiterin des Projekts, lehrt seit 2021 Neuere und Neueste Geschichte an der KU. Nach ihrem Studium in Tübingen und Aix-en-Provence promovierte sie 2001 im Fach Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Tübingen, ihre Habilitation an der Justus-Liebig-Universität Gießen folgte 2018.
Das Projektteam von „Mensch in Bewegung“ stiftet jährlich Transferpreise in den Kategorien Wissenschaftskommunikation, Wissensmanagement und Bürgerschaftliches Engagement. Damit würdigen wir KU-Angehörige, die sich in besonderer Weise für den Wissensaustausch zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einsetzen.
Dr. Thomas Röbke, seit 2003 Geschäftsführer des „Landesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement Bayern“ und Vorsitzender des Sprecher*innenrates des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement beglückwünscht als enger Projektpartner von Mensch in Bewegung die diesjährigen Preisträgerinnen:
„Das Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement in Bayern ist langjähriger Partner der KU Eichstätt. Warum: Weil wir diese Uni herausragend finden. Sie unterstützt das Bürgerschaftliche Engagement nachhaltig, zum Beispiel in der Geflüchtetenhilfe. Die sogenannte Third Mission, das Engagement der Hochschule in der Bürgergesellschaft wird ernst genommen und energisch weiterentwickelt. Das zeigen auch die drei Preisträgerinnen, die mit dem Transferpreis ausgezeichnet werden. Sie machen die Brücke zwischen Universität und Zivilgesellschaft wieder ein Stück breiter.“