„Das kirchliche Arbeitsrecht ist ein Modell, das herausfordert“: Kardinal Lehmann eröffnete Fachtagung der KU

Angesichts des bevorstehenden Konklaves war es keine Selbstverständlichkeit, dass Karl Kardinal Lehmann am Montag dennoch mit einem Gastvortrag die mittlerweile 16. Auflage der Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht im Eichstätter Stadttheater eröffnete, die von der Katholischen Universität ausgerichtet wird. „Noch am vergangenen Freitag erhielten wir erneut die Bestätigung, dass Kardinal Lehman sprechen wird. Wir sehen dies als große Wertschätzung unserer Tagung“, freute sich die Organisatorin und Dekanin der Fakultät für Soziale Arbeit, Prof. Dr. Renate Oxenknecht-Witzsch.

Schwerpunkt des zweitägigen Symposiums mit über 550 Teilnehmern aus dem ganzen Bundesgebiete bildet heuer die Interessenvertretung im kirchlichen Arbeitsrecht. Es handelt sich bei der Veranstaltung – wie KU-Präsident Prof. Dr. Richard Schenk in seinem Grußwort betonte – ohne Zweifel um die größte Fachtagung des Jahres in der Domstadt. Aktueller Hintergrund des Symposiums sind unter anderem zwei Entscheidungen des Bundesarbeitsgericht aus jüngster Zeit zum Streikverbot in kirchlichen Einrichtungen.

In seinem Vortrag befasste sich Kardinal Lehman aus philosophisch-theologischer Perspektive mit dem Begriff „Interesse“ und ging grundsätzlich auf das Modell des so genannten „Dritten Weges“ ein, den die beiden großen Kirchen in Deutschland im Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern beschreiten: Tarife und Arbeitsbedingungen werden dabei in Kommissionen ausgehandelt, die mit Vertretern von Dienstgeber und Dienstnehmer besetzt sind. Kommt es dabei zu keiner Einigung, erfolgt im Gegensatz zu klassischen Tarifverhandlungen ein Schlichterspruch, Streiks sind bislang ausgeschlossen. Hintergrund dafür ist der Begriff der „Dienstgemeinschaft“, der für Kardinal Lehmann „an die Stelle der Dichotomie von Arbeit und Kapital tritt“. Das kirchliche Arbeitsrecht bilde einen gemeinsamen Boden für Dienstgeber und Dienstnehmer, die aus kirchlichem Selbstverständnis heraus gemeinsam am Sendungsauftrag der Kirche mitwirkten. Es sei unvermeidlich, dass Interessen Bedürfnisse widerspiegelten, aus denen sich Konflikte entwickeln könnten. „Beim Dritten Weg handelt es sich aber um einen eigenen, einvernehmlichen und partnerschaftlichen Weg. Damit sind nicht die Konflikte verschwunden. Aber deshalb fordert uns dieses Modell auch heraus“, so Lehmann. Der Dritte Weg des kirchlichen Arbeitsrechtes sei jedoch nur möglich, wenn man ihn ohne Wenn und Aber beschreiten würde.