Das mehrsprachige Gehirn: Neue neurologische Erkenntnisse für die Sprachdidaktik

Über neue Erkenntnisse der Hirnforschung für das Lernen von Fremdsprachen diskutierten ausgewiesene Experten bei einer internationalen Tagung der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, welche von Prof. Dr. Heiner Böttger (Didaktik der Englischen Sprache und Literatur) und Prof. Dr. Gabriele Gien (Didaktik der Deutschen Sprache und Literatur) organisiert worden war.

„Die drei Konferenztage ergaben einige klare sehr Botschaften: Alle Muttersprachen müssen respektiert und gefördert werden und Bilingualität ist der bedeutendste Schlüssel zur Mehrsprachigkeit“, so Professor Böttger. Das Aufwachsen mit nur einer Sprache hingegen bilde ein überholtes Konzept. Im Gegensatz dazu fördere es die kognitiven Potenziale und die Intelligenz, mehrere Sprachen gleichzeitig möglichst früh zu erwerben. Zudem sei es erforderlich, Lese- und Schreibkompetenzen abhängig vom Geschlecht zu vermitteln. „Die Hypothese, dass Jungen und Mädchen unterschiedlich lernen, beruhte bislang auf pädagogischen und psychologischen Beobachtungen, die jedoch nun auch neurowissenschaftlich belegbar sind. Dies macht für den Unterricht eine Genderdifferenzierung der Methoden und Materialien dringend nötig“, erklärt Böttger weiter.

Das Symposium fand in Griechenland statt und wurde gemeinsam mit der Universität Thessaloniki und der Universität Erlangen-Nürnberg ausgerichtet. Neben den 20 Teilnehmern vor Ort nahmen darüber hinaus weltweit rund 300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie 50 Studierende der KU per Webinar online am Symposium teil und diskutierten am Bildschirm mit. Prominenter Redner und Schirmherr der Veranstaltung war „Mr. Volkswagen“ Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Carl H. Hahn, der in Zusammenarbeit mit Professor Böttger in Wolfsburg sowie demnächst auch in Ingolstadt Edith-Stein-Kindertagesstätten fördert, die bemerkenswerte Erfolge in frühkindlicher mehrsprachiger Erziehung vorweisen können. „Indem wir die intellektuellen Potenziale aller Kinder bestmöglich zur Entfaltung bringen, erhöhen wir nicht nur die Lebensqualität eines jeden einzelnen, sondern zugleich auch den gesellschaftlichen Nutzen“, sagte Hahn in seiner Ansprache. Zu den Referentinnen und Referenten gehörte unter anderem auch die weltweit anerkannte Linguistin Rita Franceschini aus Bozen.

Die Teilnehmer der Tagung erarbeiteten die „10+ Gebote zur Mehrsprachigkeit“, die für alle Beteiligten (Kinder, Eltern, Sprachlehrkräfte und Kultusministerien) in verständlicher wie verbindlicher Form den neuen Umgang mit Mehrsprachigkeit zugänglich machen sollen. Gleichzeitig enthalten die Gebote auch deutliche Forderungen nach einem durchgängigen Konzept, das den Erwerb von Mutter- und Fremdsprachen von der Kindheit bis zum Berufsleben jeweils passend fördert. Die Gebote werden als Memorandum der Tagung im Konferenzband veröffentlicht und einer breiten Öffentlichkeit sowie Bildungsentscheidungsträgern vorgelegt werden.Mitarbeiten werden daran nicht nur die Konferenzteilnehmer, sondern insbesondere auch eine Studierendengruppe eines Hauptseminars von Professor Böttger zu „Brain based English Language Teaching BELT“.

Alle Vorträge stehen Interessierten auf der KU-Plattform Ilias zur Verfügung und können als eigener Kurs in Aus-, Fort- und Weiterbildung belegt werden.