Deutsch-koreanischer Dialog über „Globale Ethik“

Zum Thema „Globale Ethik“ tauschten sich Forscher der KU mit Wissenschaftlern der südkoreanischen Sogang Universität in Seoul aus. Anlass war das mittlerweile 9. Deutsch-Koreanische Kolloquium. Die Reihe wurde 1997 vom damaligen Leiter der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle der Deutschen Bischofskonferenz in Mönchengladbach, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Anton Rauscher SJ, begründet und wird seit 2006 von Wissenschaftlergruppen der Sogang Universität und der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt unter der Federführung von Prof. Dr. Kyu Young Lee bzw. Prof. Dr. Klaus Stüwe, beide Politikwissenschaftler, veranstaltet.

Das Ziel der Kolloquien besteht darin, einen Dialog zwischen Wissenschaftlern und Vertretern von Politik, Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft aus beiden Staaten über wichtige Fragen von Gegenwart und Zukunft zu ermöglichen. Nach den Themen „Wiedervereinigung geteilter Nationen“ in Seoul 2009 und „Migration“ in Eichstätt 2011, standen diesmal die von der Globalisierung ausgehenden Herausforderungen für die Ethik im Mittelpunkt, ganz im Sinne der Anregungen aus der Enzyklika „Caritas in Veritate“ von Papst Benedikt XVI. Das Kolloquium wurde finanziell auch vom Büro der Hanns-Seidel-Stiftung in Seoul und namentlich seinem Leiter, Dr. Bernhard Seliger, gefördert. Auf Anfrage der Eichstätter Gruppe nahmen als Externe der christlich-soziale Europaabgeordnete und Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde, Martin Kastler, sowie der Weltkirchenbeauftragte der Diözese Eichstätt, Domkapitular Prälat Dr. Christoph Kühn, teil.

Die 1959 von der südkoreanischen Ordensprovinz der Jesuiten gegründete Sogang Universität gehört heute zu den renommiertesten und modernsten Universitäten Asiens. Allein in den letzten Jahren sind auf dem Campus im Zentrum der Hauptstadt Seoul etliche neue Gebäude für die Forschung und forschungsnahe Lehre entstanden. Nach einer gemeinsamen Eucharistiefeier wurde das Kolloquium vom Präsidenten der Sogang Universität Prof. Dr. Ki-Pung Yoo und von Prof. Dr. Klaus Stüwe aus Eichstätt eröffnet. Johannes Regenbrecht, Gesandter der Deutschen Botschaft in der Republik Korea, übermittelte in einem Grußwort die guten Wünsche des deutschen Botschafters. Im Zentrum der Eröffnungssitzung standen die Vorträge von zwei Gelehrten jesuitischer Herkunft zu zentralen Perspektiven einer globalen Ethik. Der Begründer des Kolloquiums, Professor Anton Rauscher, referierte über „Gerechtigkeit in der globalisierten Welt“ und Sogang-Vizepräsident Professor Yong Hae Kim über die „Idee der Menschenwürde als existenzielle Verpflichtung des Menschen“. Schwerpunkte der anderen Vorträge waren Umweltethik, Bioethik, Finanzethik sowie Unternehmensethik. Neben Wissenschaftlern beider Universitäten referierten auch Dr. Bernhard Seliger, Leiter des Büros der Hanns-Seidel-Stiftung in Korea, sowie der Executive Vice President des koreanischen Elektronikkonzerns LG, der Konzept und Praxis von Corporate Social Responsibility in seinem Unternehmen vorstellte. Domkapitular Christoph Kühn unterstrich in seinem Referat die Bedeutung der katholischen „Hilfswerke als Mitgestalter sozialer Gerechtigkeit“.

Besonders eindrucksvoll waren die Vorträge der Psychologin Professor Hyeran Yoo (Yonsei Universität) und des Europaabgeordneten Martin Kastler (CSU). Professor Yoo, die vor 15 Jahren aus dem kommunistischen Norden Koreas in den demokratischen Süden geflohen war, sprach über die Traumatisierungen der nordkoreanischen Bevölkerung durch die unmenschliche Diktatur des Kim-Clans. Martin Kastler zeigte an Beispielen aus dem Alltag im europäischen Parlament, wie wichtig persönliches Engagement auf Grundlage christlicher Werte für die Durchsetzung hoher bioethischer Normen in der europäischen Gesetzgebung ist.

An alle Referate schlossen sich intensive Diskussionsrunden an, die einmal mehr zeigten, wie wichtig das Thema einer globalen Ethik nicht nur für Wissenschaftler von katholischen Universitäten ist. Deshalb verständigten sich die Veranstalter darauf, diesen Diskurs fortzusetzen und die Redebeiträge, wie auch bei den vorangegangenen Kolloquien, zu publizieren. Das 10. Deutsch-koreanischen Kolloquium wird wieder in Eichstätt stattfinden. Nach dem Kolloquium konnten die Teilnehmer gemeinsam mit Professor Rauscher dessen 60. Priesterjubiläum feiern.

 

Prof. Dr. Frank E. W. Zschaler/upd