Das Wochenendseminar war nicht nur interuniversitär sondern auch fächerübergreifend angelegt. Ein Theologe, Dr. Henning Hupe aus Heidelberg, und ein Deutschdidaktiker, Friedemann Holder aus Eichstätt, leiteten die Exkursion. Gegenstand des Seminars war neben den Schriften zur Lenz-Figur die Leben-Jesu-Forschung im 19. und frühen 20 Jahrhundert. So unterschiedlich beide Personen auf den ersten Blick erscheinen, so ähnlich sind die Probleme auf der Suche nach der richtigen Lesart ihrer Textzeugnisse: zu beiden liegen wirkungsmächtige Texte vor, die ihre Existenz bezeugen. Bei beiden bleiben jedoch wichtige historische und faktische Fragen offen.
Höhepunkt des Seminarwochenendes war eine Wanderung zum Pfarrhaus nach Waldersbach. Auf den Spuren Lenz‘ wanderte die Gruppe über „hohe Bergflächen“ „durchs Gebirg“, wie es in Büchners Lenz-Novelle heißt. Allerdings war das bedrohliche Naturschauspiel aus Sturm, Wolkentürmen und Donnergrollen einem strahlend blauen Himmel gewichen. Statt Schlechtwetterausrüstung war Sonnencreme unverzichtbar. Der Brunnen, in dem Lenz seinen Panikzuständen durch kalte Bäder Linderung verschafft hatte, brachte den jungen Lenz-Pilgern Erfrischung.
Doch war das Wochenendseminar alles andere als eine Wanderfreizeit. Die Seminarsitzungen dauerten bis tief in die Nacht. Die schwierigen Fragen nach den historischen Figuren hinter Jesus Christus und Lenz sprengte die Seminarplanung laufend.
„Die Zusammenarbeit den Heidelbergern war für mich sehr fruchtbar“, sagte Lorenz Karg (27), ein Eichstätter Germanistikstudent. „Die Büchner-Novelle ist derart stark mit Bibelzitaten und Jesus-Anspielungen angereichert, dass sie ohne theologische Nachhilfe kaum zu verstehen ist.“ Auch aus Heidelberger Perspektive wurde die Zusammenarbeit positiv bewertet. „An der Universität wird oft gesagt: ,Diese Frage können nur die Theologen beantworten.’ Ich denke es ist wichtig, über gemeinsame Antworten nachzudenken, in denen sich verschiedene Fachbereiche vertreten sehen“, so Marina Zumstein (22) aus Heidelberg. Dr. Henning Hupe betont das Anliegen, seinen Studierenden nicht nur den Wissenskanon der Theologen zu vermitteln. „Die lebendige Auseinandersetzung mit anderen Denkweisen und Paradigmen ist für die Theologie ein Lebenselixier.“ Friedemann Holder von der Deutschdidaktik der KU sagt: „Mit Vertretern anderer Fachrichtungen über Lenz zu reden, ist für die Lehramt-Studierenden ganz wichtig. Nur so lässt sich ihre Bereitschaft für fächerübergreifenden Unterricht vorbereiten.“