Das Projekt möchte durch die Analyse des Funktionswandels beim Massenmedium „Predigt“ einen Beitrag zur Erforschung der Mentalitätsgeschichte des 15. Jahrhunderts leisten. So hatten Predigten interne wie externe Funktionen: Innerhalb einer Klostergemeinschaft dienten sie deren innerer Formung, wirkten nach außen als Werbung für die eigene Lebensweise und wurden zur Verbreitung (ordens-)politischer Ziele eingesetzt. Die Predigt „ad populum“ wiederum verfolgte Ziele, die von der allgemeinen religiösen Unterweisung über Disziplinierungsversuche bis hin zur Umsetzung kirchenpolitischer Interessen reichten. Im Laufe ihrer Überlieferung wurden Predigten einem Funktionswandel unterzogen, der in vielen Fällen der ursprünglichen Intention des Predigers nicht mehr entsprach. Die Analyse von Überlieferung und Überlieferungsform der Predigten soll tragfähige Aussagen zu diesem Funktionswandel der Predigt machen und die sich im Laufe der Überlieferung wandelnde Frömmigkeitshaltung der Rezipienten untersuchen.
Die Wissenschaftler vergleichen dazu unter anderem Handschriften mit Predigten der Dominikanerprediger Meister Eckhart und Johannes Tauler. Eckhart selbst beispielsweise hat sein Predigtwerk nie systematisch zusammengestellt und damit auch nicht für eine Benutzung vereinheitlicht. Daher ergeben sich Aufschlüsse darauf, wie die Bearbeiter von Eckhardts Texten die unterschiedlichen Adressatenebenen und Darstellungsformen für verschiedene Predigtanlässe redigierten und neu kombinierten.
Das für diese Analyse notwendige Datenmaterial in Form von umfassenden Beschreibungen der Handschriften wird in einer Datenbank gesammelt und öffentlich verfügbar gemacht. Die derzeit ca. 180 Handschriften und über 7300 Textbestandteile bzw. Predigten stehen natürlich nicht nur den am Projekt Beteiligten, sondern allen interessierten Forschern für Auswertungen zur Verfügung.
Weitere Informationen finden sich dazu unter http://pik.ku-eichstaett.de.