Epidemie in der Baumkrone: Wie sich pilzresistente Eschen frühzeitig erkennen lassen

Ein stark vergrößerter Schlauchpilz (Hymenoscyphus fraxineus). Dieser ist Verursacher für das Eschentriebsterben.
© NW-FVA Göttingen

Als vielversprechende Baumart in Zeiten des Klimawandels galt die wärme- und trockenresistente Gemeine Esche. Doch seit mehreren Jahren macht ihr ein Pilz zu schaffen, der sich mittlerweile in über 20 europäischen Ländern ausgebreitet hat – mit gravierenden Folgen. Wie sich frühzeitig Bäume identifizieren lassen, die widerstandsfähig gegen den Erreger des sogenannten Eschentriebsterbens sind, untersucht Prof. Dr. Susanne Jochner-Oette (Professur für Physische Geographie/Landschaftsökologie und nachhaltige Ökosystementwicklung an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt). Sie bringt mit ihrem Team langjährige Expertise in einen bundesweiten Forschungsverbund ein, an dem 27 Teilprojekte bis ins Jahr 2024 mitwirken. Insgesamt fördern die Bundesministerien für Umwelt bzw. Landwirtschaft die Forschenden des Vorhabens „FraxForFuture“ mit über neun Millionen Euro. Ausgangspunkt dafür ist ein 2017 ins Leben gerufene Koordinierungskreis, der Aktivitäten zum Erhalt der Gemeinen Esche bündeln und den aktuellen Forschungsbedarf ermitteln sollte. Gemeinsam mit dem Koordinierungskreis erarbeitete die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) ein Forschungskonzept auf dem auch „FraxForFuture“ fußt.

In manchen europäischen Ländern hat der Pilz namens „Falsches Weißes Stengelbecherchen“ beinahe den gesamten Bestand an Eschen (Fraxinus excelsior) absterben lassen; nur ein geringer Anteil erweist sich als resistent. Genau diese sogenannten Plusbäume gezielt zu finden und zu vermehren ist Ziel der Forschung. Doch das erweist sich als kompliziert: Exemplare, die sich zunächst vital und gesund zeigen, haben im Folgejahr bereits eindeutige Symptome des Eschentriebsterbens: Befallene Bäume zeigen zunächst welke und verfärbte Blätter und Triebe, die Kronen werden kahl. Selbst wenn die geschwächten Bäume dann nicht von weiteren Schädlingen befallen werden, gehen sie binnen weniger Jahre zugrunde.

„Verlässt man sich allein auf optische Indikatoren, ist eine adäquate Auswahl von geeigneten Plusbäumen nicht gesichert“, erklärt Professorin Jochner-Oette. Genetische Resistenzmarker wiederum seien bisher nur in geografisch begrenzten Teilen Europas getestet worden. Dabei habe sich gezeigt, dass regionalen Unterschiede in der Verwendbarkeit dieser Marker eine bedeutende Rolle spielen und sie somit nicht einheitlich verwendbar sind. Als Alternative zu einer kosten- und arbeitsintensiven genetischen Beurteilung suchen Jochner-Oette und ihr Team nach weiteren Indikatoren, um auf eine Anfälligkeit für das Eschentriebsterben schließen können. Dabei wollen sie untersuchen, welche Parameter der Esche (etwa das Austriebsverhalten, der Gehalt des Pflanzenfarbstoffs Chlorophyll, das Geschlecht des Baumes oder das Verhältnis von lebensfähigen und nicht-lebensfähigen Pollen) aussagekräftig sind, um deren Anfälligkeit beurteilten zu können. Gleichzeitig wird das Vorhandensein des Pilzes untersucht und die Sporenkonzentration abgeschätzt. So lässt sich der Infektionsdruck überwachen und erfassen, in welchem Entwicklungsstadium der Esche sich Sporen des Pilzes finden lassen.

Basis für das gemeinsame Vorgehen sind deutschlandweit 20 Monitoringflächen zur Dauerbeobachtung und Kartierung vitaler bzw. infizierter Eschen. Auf den Flächen werden unter anderem Nachkommen von gesunden und widerstandfähigen Eschen gewonnen und im Anschluss des Großprojekts vermehrt.

Zum Projektende im Frühjahr 2024 werden nicht nur ein bundesweit einheitliches Eschen-Monitoring und waldbauliche Strategien zur Pflege, Nutzung und Verjüngung der Esche etabliert. FraxForFuture wird, so die Hoffnung der Projektbeteiligten, auch zum Aufbau eines Eschen-Genpools mit hohem Anpassungspotenzial beigetragen haben.