KU bietet Hochschulbildung in Krisenregionen: Neue Perspektiven für Lernende und Lehrende

Studierende auf dem Weg zu einem JWL-Lernzentrum in der afghanischen Provinz Daikundi.
© JWL

Hochschulbildung für junge Menschen in Armutsgebieten, sozialen Brennpunkten und Krisenregionen vor Ort ermöglichen – dieses Anliegen verfolgt die KU in Kooperation mit dem jesuitischen Bildungswerk „Jesuit Worldwide Learning – Higher Education at the Margins“ (JWL). Dazu nutzt sie innovative digitale Formate für Lehre und Lernen, um weltweit zu wirken. „Wir erreichen mit unserem Angebot Länder und Regionen, in denen zum Beispiel kaum Grundlagen für die Ausbildung von Lehrkräften vorhanden sind. Die Studierenden werden so in ihrem Umfeld zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren von Bildung, die wiederum Menschen beim Lernen kompetent begleiten“, erklärt KU-Präsidentin Prof. Dr. Gabriele Gien. Als Präsident von JWL ergänzt Pater Peter Balleis: „Kritische, lösungsorientierte Persönlichkeiten auszubilden, ist der Schlüssel zum Frieden. Dazu gehen wir bewusst an die Ränder.“ Das Konzept des Angebotes trage der Tatsache Rechnung, dass sich mit der Digitalisierung nicht nur das Unterrichten, sondern auch das Lernen verändere.

Während hierzulande der Zugang zu Hochschulbildung eine Selbstverständlichkeit ist, hat in anderen Weltregionen nur ein Bruchteil der Interessierten überhaupt die Möglichkeit für ein Studium. Als Kooperationspartnerin von JWL bietet die KU deshalb mittlerweile drei englischsprachige Zertifikatskurse an, die eine Fortbildung zur Lehrkraft bzw. zum Sport-Sozialarbeiter umfassen sowie Zusatzwissen rund um digitale Lehr- und Lernmethoden vermitteln. Die Teilnehmenden leben unter anderem in Afghanistan, Kenia, Indien, Myanmar, Sri Lanka oder dem Irak. Angesiedelt sind die Angebote an der Fakultät für Religionspädagogik/Kirchliche Bildungsarbeit der KU.  

Eine Teilnehmerin des Youth Sports Facilitator-Kurses beim Selbststudium in ihrem Zuhause.
© JWL Eine Teilnehmerin des Youth Sports Facilitator-Kurses beim Selbststudium in ihrem Zuhause.

Im Alltag gestaltet sich das sechsmonatige Studienangebot hybrid: In Lernzentren vor Ort, die über Internetanschluss verfügen, kommen die Teilnehmenden regelmäßig zusammen, um sich dort untereinander und mit Betreuenden auszutauschen. Eine speziell für JWL entwickelte Lernplattform bietet den virtuellen Rahmen für den Kontakt mit Dozierenden der KU und Gelegenheit zum Austausch im „globalen Klassenzimmer“ mit internationalen Studierenden. „Dieses gemeinsame und interkulturelle Lernen fördert den globalen Wissensaustausch, verändert die Wahrnehmung und hilft bei der Überwindung von ethnozentrischen und vorurteilsgeprägten Perspektiven“, schildert Dr. Marina Tsoi, die als Koordinatorin jener JWL-Kurse fungiert, die von der KU angeboten werden. Andererseits ist die Plattform so konzipiert, dass die Studierenden auch offline zu Hause das Lehrmaterial weiterbearbeiten können. Die dazu erforderliche technische Ausstattung wird JWL von Sponsoren zur Verfügung gestellt.

Wie wertvoll das Angebot ist und welche Mühen und Gefahren die Teilnehmenden auf sich nehmen, zeigt das Beispiel einer Studentin aus Afghanistan, zur der Tsoi aus der Ferne in Kontakt stand. Sie hatte die Lehrerfortbildung „Learning Facilitator“ begonnen, jedoch wurde ihr nach der Machtübernahme der Taliban im vergangenen Jahr zunächst die weitere Teilnahme untersagt. „Mit der Zeit konnte sie ihre Angst überwinden und ging am Wochenende zum Marktplatz, wo es Internetempfang gab. Dort schrieb sie ihre Aufgaben für unseren Kurs. Manchmal brauchte sie eine Erklärung von mir, wenn sie die Frage nicht verstanden hat. Dann wagte sie sich nochmal auf den gefährlichen Weg zum Marktplatz, um meine Antwort zu lesen“, berichtet Marina Tsoi. Ende November vergangenen Jahres habe sie den Kurs mit Auszeichnung abgeschlossen und arbeite nun als Englischlehrerin in ihrem Dorf.

Blick in eine JWL-Lernzentrum in Sri Lanka.
© JWL Blick in eine JWL-Lernzentrum in Sri Lanka.

Der Learning-Facilitator-Kurs vermittelt bewusst nicht etwa die Inhalte einzelner Schulfächer, sondern fokussiert auf Fragen von Lernbegleitung, die Planung von Lernen und Lehren sowie die Persönlichkeiten der Lernenden. „Dies ist das erste Mal, dass ich lerne, über meine Schüler nachzudenken und Lerneinheiten für sie zu entwickeln, die für ihr Leben nützlich sein werden“, berichtet eine Teilnehmerin, die bereits als Lehrkraft tätig war. Eine andere schildert, dass in ihrer Gemeinde verheiratete Frauen nur selten die Chance haben, Hochschulbildung zu erfahren und sie sehr glücklich ist, eine Ausnahme zu sein. Die Absolventinnen und Absolventen sind nach ihrem Abschluss nicht nur als klassische Lehrkräfte in ihren Orten oder in den Lernzentren von JWL tätig. Sie wirken auch auf andere Weise in ihre Gemeinschaften, etwa durch Angebote für Erwachsene rund um Fragen der Gesundheitsprävention. Allein im vergangenen Sommersemester haben rund 120 Studierende an diesem Kurs der KU teilgenommen, die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber war mehr als doppelt so groß.

Als Fortsetzung des Angebotes „Learning Facilitator“ bietet die KU außerdem die achtwöchige Zusatzqualifikation „eEducation Tools“ an, die anwendungsorientiertes Wissen in digitalen Lehr- und Lernmethoden vermittelt. Der Fokus liegt auf der parallelen Umsetzung des Gelernten, um auf diesem Weg das Lernen der Schülerinnen und Schüler effektiver zu gestalten.

Der Zertifikatskurs „Youth Sports Facilitator“ vermittelt wiederum Kompetenzen, um Sport als Mittel von Sozialer Arbeit einzusetzen und Gemeinschaften zu fördern. Die Teilnehmenden entwickeln eine Projektidee, die sie unter Berücksichtigung wirtschaftlicher, sozialer und gesellschaftlicher Aspekte in ihrem Umfeld umsetzen. Schwerpunkt ist es, Angebote für Jugendliche zu schaffen, um diese in ihrem Alltag am Rande der Gesellschaft zu unterstützen.

Abschlussfeier des Lernzentrums im irakischen Erbil.
© JWL Abschlussfeier des Lernzentrums im irakischen Erbil.

„Es ist natürlich auch für uns sehr wertvoll, zu erfahren, wie sich in anderen Ländern die Bildungsrealitäten gestalten und in Austausch mit den Menschen zu treten“, betont KU-Präsidentin Gien. Vor diesem Hintergrund besteht seit einem Jahr auch für deutsche Studierende der KU die Möglichkeit, sich in die JWL-Angebote einzubringen. Denn Service-Learning – also die Verbindung eines wissenschaftlichen Studiums mit einem gemeinnützigen Engagement und die begleitende Reflexion der gesammelten Erfahrungen mit den Dozierenden – sind ein besonderes Anliegen der KU. Deshalb gehört sie unter anderem zum internationalen Uniservitate-Netzwerk, das Service-Learning an katholischen Hochschulen weltweit fördert. Im Rahmen des Seminars „Service Learning at the Margins“ haben KU-Studierende Gelegenheit, Lehrkräfte in Krisenregionen didaktisch und methodisch bei der Weiterbildung zu unterstützen. So erleben sie andere Lehr- und Lernkontexte, lernen andere Kulturen und Denkweisen kennen und erhalten Lehrerfahrungen außerhalb des deutschen (Schul-)Systems. Sie nehmen an den Seminareinheiten des JWL-Programms teil, analysieren für das digitale Lehren und Lernen wichtige Teilschritte, erarbeiten eigene Einheiten und erstellen Lernmaterialen, die den JWL-Studierenden dauerhaft zur Verfügung gestellt werden.

„Ziel der Partnerschaft ist es nicht, einfach europäisches Fachwissen an benachteiligte Menschen und Länder zu vermitteln, sondern einen ehrlichen Austausch zwischen Menschen und Länder zu ermöglichen. Junge Menschen in Krisen- oder Armutsregionen werden als Studierende und Lehrende ernst genommen, ihre Talente und ihr Wissen werden aufgebaut und gestärkt“, betont Präsidentin Gien. Die deutschen Partnerinnen und Partner wiederum würden selbst zu Lernenden und Hörenden und bekämen die einzigartige Chance, die Welt aus ganz anderen Augen zu sehen und ihr eigenes Handeln zu überdenken.

Weitere Informationen zu den Angeboten der KU im Rahmen von JWL finden sich unter www.ku.de/rpf/studienangebot.  Informationen zum Bildungswerk „Jesuit Worldwide Learning“ stehen unter www.jwl.org zur Verfügung.

Thumbnail JWL

Bitte beachten Sie: Durch Klicken auf die Bildfläche geben Sie Ihre Einwilligung, dass Videoinhalte von YouTube nachgeladen, Cookies von YouTube/Google auf Ihrem IT-System gespeichert und personenbezogene Daten wie Ihre IP-Adresse an Google weitergegeben werden. Klicken Sie nach Beendigung des Videoinhaltes auf ein anderes Video, öffnet sich in einem neuen Tab Ihres Browsers YouTube und erfasst weitere Daten von Ihnen. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen und unter Google Privacy.