KU im christlich-islamischen Dialog zur „praktischen Klugheit“ in der Managementausbildung

Einseitig ökonomisch ausgerichtete Handlungsmodelle gelten als zentraler Aspekt in der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise. Zur Neuorientierung können die tradierten Regeln für ein kluges Handeln und tugendethische Konzepte aus den verschiedensten Kulturen und Religionen beitragen, welche derzeit ein internationales Kooperationsprojekt zusammenträgt. In dessen Rahmen forscht nun die Professur für Christliche Sozialethik und Gesellschaftspolitik (Prof. Dr. André Habisch) der KU gemeinsam mit der marokkanischen Al-Akhawayn Business School. Das Projekt wird in den kommenden drei Jahren vom Deutschen Akademischen Austauschdienst DAAD durch dessen Programm „Hochschuldialog mit der islamischen Welt“ mit 250.000 Euro gefördert. Bei einem gemeinsamen Treffen der Projektpartner an der KU, an dem u.a. die Dekanin Prof. Dr. Wafa El-Garah sowie der Präsident der European Academy of Business in Society EABIS, Prof. Dr. Gilbert Lenssen teilnahmen, wurde das weitere Vorgehen besprochen. Zu den Teilnehmern gehörten u.a. auch Prof. Dr. Claus Dierksmeier, Direktor des Global Ethics Institute der Universität Tübingen, Wissenschaftler der Hochschule für Angewandte Wissenschaften aus Iserlohn sowie Vertreter aus der wirtschaftlichen Praxis.

Welche Schlüsse lassen sich aus der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise für die Ausbildung künftiger Manager ziehen – auch bezogen auf das Verhältnis von Wissensvermittlung und Persönlichkeitsbildung? Dieser Grundfrage geht seit 2009 die European Academy of Business in Society EABIS nach, die gemeinsam mit der Yale Universität ein interreligiöses und internationales Projekt zum Titel „Practical wisdom in Management from the Religious und Spiritual Traditions“ durchführt. Dabei geht es nicht um religiöse Themen oder Fragen eines interreligiösen Dialogs, sondern um die jeweiligen gewachsenen kulturellen Traditionen von praktischer Klugheit und deren Implementierung in die moderne Wirtschaftspraxis. In mehreren Konferenzen wurden dabei die verschiedenen religiösen und philosophischen Traditionen in den jeweiligen Regionen thematisiert: Die des Christentums (KU, Deutschland), des Konfuzianismus (Chinese-European Business School, Shanghai/ China), des Judentums (Ben Gurion University, Beer Sheva/ Israel), des Islams (Al-Akhawayn Business School, Ifrane/Marokko) sowie des Hinduismus (IIM Koczicode, Kerala/Indien).

„Es geht in der Kooperation mit unseren Partnern in Marokko nicht um sich wechselseitig ausschließende Wahrheitsansprüche, sondern um unterschiedliche Zugänge zu einer gemeinsamen Herausforderung: der Arbeit an einer neuen, besser ausbalancierten Wirtschaftskultur und einer entsprechend stärker reflektierenden Ausbildung künftiger Manager“, erklärt Prof. Dr. André Habisch. Es gehe nicht um einen Dialog über den Islam oder mit dem Islam und seinen Vertretern, sondern um einen Dialog mit Menschen aus der islamisch geprägten Welt. Religion könne in beiden Ländern auch unter modernen Bedingungen eine wichtige Funktion entfalten: „In den bisher geführten Dialogen zur islamischen Wirtschaftsethik zeigte sich, dass sich viele mittelständische Unternehmerpersönlichkeiten gerade aufgrund ihrer religiösen Wurzeln z.B. der Frage nach Verantwortung für ihre Mitarbeiter und Kunden stellen“, so Habisch. Dagegen vermittele das mediale Bild des Islam in der westlichen Welt derzeit den Eindruck, dass religiöse Orientierung strukturell nicht kompatibel mit der modernen Welt sei, was zu einer wachsenden Skepsis gegenüber Religiosität generell – auch der christlichen – führe.

Konkret sind für die deutsch-marokkanische Kooperation Maßnahmen in den Bereichen Lehre (z.B. durch gemeinsame Seminarveranstaltungen und Gastvorträge), Frauen- und Nachwuchsförderung (durch Methodenkurse oder den Aufbau arabisch-deutscher Autorengruppen zu bestimmten Themen) sowie die Etablierung von Lehr- und Forschungsnetzwerken vorgesehen, in denen stets auch Partner aus der Wirtschaft eingebunden sind. So plant die Al-Akhawayn Business School den Aufbau eines Zentrums für islamische und interreligiöse Unternehmensethik, aus dem sich über Marokko hinaus Kontakte in die arabische Welt hinein entwickeln sollen.