Mit Hightech der Bodenerosion in Zentralitalien auf der Spur

Civita di Bagnoregio nahe dem Lago Bolsena in Zentralitalien steht im wörtlichen Sinne am Abgrund: Hier gefährdet Erosion die nur mehr über einen Steg erreichbare Stadt von allen Seiten. Die am Rand gelegenen Häuser drohen, in die Tiefe zu stürzen. Aber warum sind manche Regionen von solchen Phänomenen mehr betroffen als andere und kann man zukünftig gefährdete Gebiete bereits jetzt absehen? Dies versuchen nun Wissenschaftler der Physischen Geographie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) im Rahmen eines von der DFG geförderten Projektes näher zu untersuchen.

Erosion durch Wasser auf landwirtschaftlichen Flächen gefährdet den Ertrag und gefährdet unsere Gewässer, da wertvoller Boden verloren geht und mit ihm Nährstoffe in die Bäche, Flüsse und Seen gelangen. Ein bekanntes Phänomen, das durch angepasste landwirtschaftliche Nutzung in unseren Breiten zum Teil bereits sehr erfolgreich bekämpft wird. Weit weniger bekannt ist, dass Erosion durch Wasser Bauwerke, Straßen und sogar ganze Städte in ihrer Existenz gefährdet, so dass sie nur mit sehr kostspieligen Sicherungsmaßnahmen weiter nutzbar sind.

„Ein Umstand, der sich auch bei weiteren Städten in Italien und auch auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, auf denen etwa Wein angebaut wird, zeigt“, erklärt Projektleiter Dr. Florian Haas. Auslöser der Gefährdung sei unter anderem sicherlich der massive Eingriff in den Naturhaushalt durch zu intensive forstwirtschaftliche Nutzung in Italien seit der Antike gewesen.

Im Zentrum der Forschungsarbeiten vor Ort steht die hoch genaue Erfassung von Bodenerosion auf steilen Erosionshängen mit neuen geodätischen und photogrammetrischen Messverfahren sowie deren computerbasierte Modellierung.

Zum Einsatz sollen neben dem terrestrischen Laserscanning auch eine Flugdrohne kommen, mit deren Hilfe Luftbilder der Erosionsgebiete erstellt werden können. So soll untersucht werden, wo die Ursachen für die Erosion liegen, welche Intensitäten vorherrschen und wie sie erfolgreich bekämpft werden könnten.

Und dies nicht nur in Italien. Auch in den Alpen existieren solche Erosionshänge, wenn auch nicht mit der direkten Gefährdung von Infrastruktur, da sie zumeist weit oben in den Wildbacheinzugsgebieten liegen. Allerdings stellen solche Flächen über den hohen Sedimenteintrag in Bäche und Flüsse eine mittelbare Gefahr dar, da das von solchen Flächen in die Wildbäche gelieferte Sediment gerade im Hochwasserfall zu extremen Murgängen führen kann, die dann auch Infrastruktur in den Tallagen gefährden kann.

Das Projekt will daher dem Phänomen Bodenerosion auf steilen Erosionshängen in verschiedenen klimatischen Zonen und mit sehr unterschiedlichen Substratbedingungen auf den Grund gehen und damit mögliche Unterschiede oder Gemeinsamkeiten herausarbeiten. Die gewählten Gebiete erstrecken sich im Wesentlichen von den bayerischen Kalkalpen (Lainbachtal bei Benediktbeuern) über die Dolomiten (Val di Funes) eben bis in die Zentraltoskana (Val d’Orcia) und das nördliche Latium (Civita die Bagnoregio). Aber auch die Region Eichstätt ist vertreten. In einem „natürlichen Labor“ in direkter Nähe zum Campus der Uni, soll das Phänomen ebenfalls untersucht werden. Hier ist geplant auf nicht mehr genutzten Abraumhalden die Erosion durch Wasser genauestens zu verfolgen und das ohne eine weite Anfahrt.

Da solche Forschungsfragen nicht immer nur aus einem Blickwinkel betrachtet werden dürfen, wird das Projekt in Kooperation mit weiteren Forschern der TU Bergakademie Freiberg und der Universita di Roma La Sapienza im Rahmen eines Verbundprojektes durchgeführt. Insgesamt werden über die nächsten drei Jahre damit zwei Doktoranden und zahlreiche studentische Hilfskräfte, die sich zum Teil aus den Bachelor- und Masterstudenten der Geographie der Universität Eichstätt-Ingolstadt und der TU Bergakademie Freiberg rekrutieren an der Durchführung der geplanten Arbeiten beteiligt sein.