Kunden sind bereit, längere Lieferzeiten im Online-Shopping in Kauf zu nehmen, wenn sie dadurch Versandkosten sparen oder die Umwelt schonen können. Wie sich die Wartebereitschaft von Kunden steigern lässt, das hat ein Forscherteam rund um Logistikexperte Prof. Dr. Heinrich Kuhn von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt untersucht. Die Studie nimmt dabei exemplarisch den Online-Modehandel in den Blick.
Vor dem Hintergrund des wachsenden E-Commerce-Markts setzen viele Firmen auf immer schnellere Lieferzeiten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Unternehmen nutzen kurze Lieferzeiten als Marketingargument und werben mit Lieferungen am nächsten Tag oder sogar am selben Tag“, erklärt Professor Kuhn. Diese kurzen Lieferzeiten führten jedoch zu hohen Logistikkosten und einer erheblichen Umweltbelastung, wenn Fahrzeuge nicht voll beladen werden, da es aufgrund der kurzen Lieferzeiten im elektronischen Handel weniger Konsolidierungsmöglichkeiten gibt. Zudem würden häufig kleinere Fahrzeuge eingesetzt, die bezogen auf die Ladung mehr Kraftstoff verbrauchen und mehr Emissionen pro transportierte Tonne als größere Fahrzeuge ausstoßen. „Deswegen will unsere Studie herausfinden, ob Kunden bereit sind, zugunsten der Nachhaltigkeit und Kostenersparnis auf schnelle Lieferungen zu verzichten“, erklärt Dr. Stefan Voigt, der gemeinsam mit Masterabsolventin Melanie Dietl und Heinrich Kuhn die Untersuchung vorgenommen hat.
Das Forschungsteam des Lehrstuhls für Supply Chain Management und Operations an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der KU führte eine Online-Befragung mit Teilnehmenden aus dem deutschsprachigen Raum durch. Die Befragten sollten ihre Bereitschaft zu längeren Lieferzeiten unter verschiedenen Bedingungen bewerten: Diese Bedingungen umfassten Einsparungen bei den Versandkosten, die Reduzierung von CO₂-Emissionen und eine größere Flexibilität bei der Wahl des Lieferzeitpunkts. Die Ergebnisse zeigen, dass finanzielle und ökologische Vorteile Kunden dazu bewegen, auf eine schnellere Lieferung zu verzichten. Konkret gaben unter anderem eine Versandkostenersparnis von einem Euro oder die Einsparung von 200 Gramm CO₂-Emissionen den Ausschlag. „Obwohl auch die Flexibilität bei der Wahl des Lieferzeitpunkts positiv aufgenommen wurde, hatte sie im Vergleich zu den anderen Anreizen einen geringeren Einfluss“, so Kuhn.
Zusätzlich zu den finanziellen und ökologischen Anreizen spielen den Ergebnissen der Studie zufolge auch die persönlichen Merkmale der Kundinnen sowie Kunden eine Rolle. So zeigten umweltbewusste Teilnehmende eine höhere Bereitschaft, auf schnelle Lieferungen zu verzichten.
Damit bieten die Ergebnisse wertvolle Einblicke für Online-Händler und Logistikunternehmen: „Durch die gezielte Ansprache umweltbewusster Kunden und die Bereitstellung von Informationen über die ökologischen Vorteile längerer Lieferzeiten können Händler nicht nur Kosten senken, sondern auch einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leisten“, resümiert Voigt. Denn Nachhaltigkeit in der Lieferkette könne nur erreicht werden, wenn die Kunden mit in die Verantwortung genommen werden und ein Bewusstsein für ihr Konsumverhalten entwickeln würden.
Mehr über die Studie
Melanie Dietl, Stefan Voigt, Heinrich Kuhn: From rush to responsibility. Evaluating incentives on online fashion customers’ willingness to wait. In: Transportation Research Part D: Transport and Environment, Volume 133, 2024, 104280.https://doi.org/10.1016/j.trd.2024.104280
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