Phänologischer Jahresrückblick: Trockenschäden im Sommer

Phänologische Beobachtung
© Christian Klenk

Das Jahr 2023 hat klimatisch alle Rekorde gebrochen – das wärmste seit Beginn der offiziellen Wetteraufzeichnungen laut dem Deutschen Wetterdienst, sogar das wärmste Jahr seit mindestens 125.000 Jahren, so der EU-Klimawandeldienst Copernicus Climate Change Service. Auch in den Daten der Messstation der KU spiegelt sich diese Tendenz wider. Und die klimatischen Veränderungen haben auch vielfältige Auswirkungen auf die Natur, wie phänologische Beobachtungen der Geographen der KU zeigen.

Die Klimaerwärmung hat unter anderem eine frühere Blattentfaltung und Blüte von Pflanzen zur Folge. „Dies führt dazu, dass die Pollensaison aufgrund der milden Winter sehr früh beginnt und bereits im Januar allergische Reaktionen bei den Betroffenen entstehen können", erläutert Prof. Dr. Susanne Jochner-Oette, Inhaberin der Professur für Physische Geographie / Landschaftsökologie und nachhaltige Ökosystementwicklung. Mit ihrem Team untersucht sie die Auswirkungen des Klimawandels auf die Pflanzenentwicklung in Eichstätt und leitet inzwischen das Netzwerk der Internationalen Phänologischen Gärten (IPG) für ganz Europa.

Der Forschungszweig der Pflanzenphänologie beschäftigt sich mit Wachstums- und Entwicklungserscheinungen der Pflanzen, welche wiederkehrend zu beobachten sind. Dabei werden die Eintrittszeitpunkte von Blattentfaltung, Blüte, Fruchtreife, Laubverfärbung oder Laubfall notiert, um beispielsweise Aussagen über den Einfluss der Temperatur ableiten zu können. Da die Eintrittszeitpunkte stark mit der Temperatur in Verbindung stehen, können bei Betrachtung längerer Zeiträume auch der Einfluss des Klimawandels auf die Vegetation abgeschätzt werden.

Wissenschaftlerinnen der Geographie beobachten mit Unterstützung von Studierenden etwa alle drei Tage sorgfältig die phänologische Entwicklung in Eichstätt. Unter Beobachtung stehen etwa hundert Bäume und Sträucher im Hofgarten. Diese stammen aus Europa, Nordamerika und Asien. Weitere Pflanzen werden im Kapuzinergarten, vor der Mensa und rund um die Universitätsbibliothek untersucht. An der Bibliothek befindet sich seit Juli vergangenen Jahres nun auch ein Internationaler Phänologischer Garten.

Im Jahr 2023 markierte der 31. Januar den Beginn der Blütezeit der Hasel und somit den Start der Vegetationsperiode. Der Vorfrühling wurde somit drei Tage früher als noch im Jahr 2022 und sogar 13 Tage früher als 2021 eingeläutet. „Zurückzuführen ist dies vorwiegend auf die milden Temperaturen im Januar“, erläutert Professorin Susanne Jochner-Oette. Auch die Niederschläge fielen im Januar mit 11,6 Millimetern und im Februar mit 15,2 Millimetern deutlich geringer aus als in den Vorjahren. Aufgrund dieser Bedingungen wurden die Pollen weniger aus der Luft ausgewaschen und führten zu einer hohen Pollenbelastung.

Der April präsentierte sich dagegen mit einer Durchschnittstemperatur von 8,1 Grad Celsius etwas zu kühl im Vergleich zur Referenzperiode, was sich auch im späteren Beginn der Forsythienblüte widerspiegelte. Der Start der Blüte, der auch den Erstfrühling einläutet, erfolgte im Jahr 2023 erst am 26. März und somit zehn Tage später als noch im Jahr 2020. Mit dem Beginn der Blüte der Sommerlinden wurde der Hochsommer bereits am 24. Mai eingeleitet. Der Juni und Juli setzen mit insgesamt 53 Sommertagen (Höchsttemperatur von mindestens 25 Grad) und 18 heißen Tagen (Höchsttemperatur von mindestens 30 Grad) den Trend von heißen und trocken Sommern in Mitteleuropa fort. So wurde die Fruchtreife des Holunders, die den Beginn des Frühherbstes markiert, von den Landschaftsökologinnen bereits am 9. August erfasst.

Ab dem 25. September wurde auch die Blattverfärbung der Stiel-Eiche beobachtet. Mit dieser phänologischen Phase beginnen laut Definition bereits der Spätherbst und das Ende der Vegetationsperiode. „Jedoch ist eine frühe trockenheitsbedingte Verfärbung der Blätter keine Seltenheit, gerade in den letzten Jahren“, so Jochner-Oette. Im Gegensatz dazu war der Laubfall bei vielen Bäumen im Hofgarten sehr spät zu beobachten. Der erste Frost, der ein wichtiger Faktor für Blattverfärbung und Blattfall darstellt, ereignete sich in Eichstätt am 1. Oktober und damit über einen Monat früher als im Vorjahr. Der phänologische Winter wurde am 18. November durch den Blattfall der Stiel-Eiche festgestellt.

„Das Ziel ist nun, eine noch längere Datenreihe unserer Beobachtungen zu generieren, um Veränderungen über die Zeit aufzuzeigen und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Vegetation besser abschätzen zu können“, erklärt Susanne Jochner-Oette.