Studierende mit KI-Entscheidungen so zufrieden wie mit menschlichen

Ob Kitaplätze, Krankenhausbetten, Arbeitsschichten – Künstliche Intelligenz (KI) kann komplexe Verteilungsprobleme deutlich schneller lösen als der Mensch. Aber sind die Betroffenen mit den KI-generierten Ergebnissen auch zufrieden? Fühlen sie sich gerecht behandelt? Christopher Esch und Farid Fares untersuchten diese Frage im Rahmen ihrer Masterarbeit an der KU anhand eines ihnen vertrauten Themas: der Verteilung von Seminarthemen.

Der Semesterbeginn bringt in vielen Universitätsseminaren einen besonderen Stressmoment mit sich: die Verteilung der Themen für Präsentationen, Referate oder Gruppenarbeiten. Die Studierenden haben meist konkrete Wünsche, die Dozierenden wiederum sehen sich der Herausforderung gegenüber, möglichst allen gerecht zu werden. Warum also nicht einen Algorithmus oder die KI dieses Problem lösen lassen? Klar ist, dass diese schnell und optimiert entscheiden – ob das auch der bessere Weg ist, hängt aber an weiteren Faktoren. „Eine KI oder ein Algorithmus ist erst dann die bessere Lösung, wenn die Studierenden mit dem Ergebnis zufrieden sind und es annehmen“, sagt Christopher Esch. Genau das hat der Doktorand in seiner Masterarbeit im Studiengang Business & Psychology mit seinem Kommilitonen Farid Fares anhand eines Feldexperiments untersucht.

Das Team hinter der Studie: Prof. Dr. Christina Pfeuffer, Farid Fares, Christopher Esch und Prof. Dr. Elisabeth Kals (von links)
Das Team hinter der Studie: Prof. Dr. Christina Pfeuffer, Farid Fares, Christopher Esch und Prof. Dr. Elisabeth Kals (von links)

In zunächst zehn Kursen baten die Dozierenden die Studierenden ihre favorisierten Themen auf einer Webseite anzugeben. Bei der Verkündung der Themenzuteilung sagten die Dozierenden in einem Teil der Kurse, dass ein Algorithmus die Zuteilung übernommen habe. In den anderen Kursen erklärten die Dozierenden, dass ihnen durch die Website nur die Daten übermittelt wurden und sie die Themen anschließend selbst manuell verteilt hätten. Die Verteilung erfolgte tatsächlich in beiden Fällen anhand desselben Algorithmus – es unterschied sich lediglich die Kommunikation über den Urheber. Im Anschluss wurden die Studierenden mit Fragebögen zu ihrer Wahrnehmung der jeweiligen Themenzuteilung befragt. Um valide Schlussfolgerungen ziehen zu können, weitete Esch das Experiment im Rahmen seiner Promotion aus: Insgesamt umfasste die Studie so über vier Semester hinweg knapp 40 Kurse mit 330 befragten Studierenden.

Das Ergebnis fiel klar aus, berichtet Esch: „Unsere Studie zeigt eindeutig, dass Studierende die Zuteilung durch die KI bzw. den Algorithmus gleich gerecht, vertrauenswürdig und zufriedenstellend, wie durch Dozierende empfanden.“ Relevant für Unterschiede in der Wahrnehmung sei nur gewesen, inwieweit das zugeteilte Thema mit den Prioritäten der Studierenden übereinstimmte. „Da KI im Schnitt prioritätsnähere Zuteilungen als der Mensch erzielen kann, bewerten wir diese Ergebnisse als klares Argument für eine stärkere Verbreitung von KI für Zuteilungsszenarien im Universitätskontext“, erklärt Prof. Dr. Christina Pfeuffer, Juniorprofessorin für Human-Technology Interaction. Gemeinsam mit Prof. Dr. Elisabeth Kals, Inhaberin der Professur für Sozial- und Organisationspsychologie, betreute sie die Masterarbeit und die weiterführende Studie.

So eindeutig die Ergebnisse sind – Rückschlüsse auf andere Lebensbereiche sollte man daraus nicht ziehen, erklärt Christopher Esch. „Wie Menschen auf Entscheidungen durch KI reagieren, hängt stark vom Kontext ab.“ Aus diesem Grund geht er in seiner Doktorarbeit, ebenfalls von Pfeuffer und Kals betreut, einen Schritt weiter und will  verschiedene Verteilungsszenarien betrachten. Angedacht ist unter anderem die Verteilung von Krankenhausbetten. Ergänzend zur ersten Studie will Esch bei den Teilnehmenden nicht nur Gerechtigkeitsempfinden, Vertrauen und Zufriedenheit abfragen, sondern auch Akzeptanz und Annahme, also das Interesse, das entsprechende KI-Tool auch künftig zu nutzen.

Während die Doktorarbeit einige Jahre in Anspruch nehmen wird, geht ein zweites Anschlussprojekt zur Studie bereits auf die Zielgerade: Esch wird sein Online-Zuteilungstool für Seminarthemen über die Stabsstelle Hochschuldidaktik allen Dozierenden an der KU zur Verfügung stellen.