Bruckmann (Jahrgang 1974) wurde für seine wissenschaftlichen Arbeiten bereits mehrfach ausgezeichnet: So erhielt er im vergangenen November den Kardinal-Wetter-Preis der Katholischen Akademie Bayern für seine Habilitation „Die Schrift als Zeuge analoger Gottrede. Studien zu Lyotard, Derrida und Augustinus.“ Im Jahr 2008 wurde ihm der einmalig vergebene Wissenschaftspreis „Papst Benedikt XVI.“ verliehen, der anlässlich des 80. Geburtstag des Papstes vom damaligen Ministerpräsident Edmund Stoiber gestiftet wurde.
Ausgangspunkt für Bruckmanns Forschungsprojekt an der Schnittstelle von Philosophie, Soziologie und Theologie ist das so genannte Gabe-Theorem, welches der französische Soziologe und Ethnologe Marcel Mauss in den 1920er-Jahren verfasste. Aus diesem leiten sich zwei Möglichkeiten ab, um die Grundlage für den Zusammenhalt in einer Gesellschaft abstrakt zu erklären: Entweder ist das Miteinander geprägt von einem ständigen Tausch so dass überall Ökonomie dahintersteckt. „Demnach lade ich nur diejenigen Nachbarn zu mir ein, die auch potentiell mich einladen können, um sich zu revanchieren. Wer dagegen jemanden einlädt, der diese Einladung nicht erwidern kann, handelt großzügig, jedoch eigentlich unvernünftig“, erklärt Bruckmann. Es gebe aber Phänomene in einer Gesellschaft, die nicht als Tausch verstanden werden könnten, sondern nur durch Großzügigkeit erklärbar seien.
An dieser Stelle beginnt eine seit Jahrzehnten laufende Diskussion in Philosophie und Soziologie über die Frage, was eine Gabe ist. Die einen argumentieren, dass man nur dann von Gabe sprechen könne, wenn dem Geber sein Geschenk nicht bewusst sei, weil es sonst auf eine Gegengabe hoffe. Andere Autoren vertreten die Meinung, dass eine Gabe nicht ökonomisch betrachtet werden solle, weil es um gegenseitige Anerkennung und nicht um einen Tauschhandel gehe. Eine weitere Argumentationslinie besteht in der These, dass Gaben nicht veräußert werden könnten, wie beispielsweise die gottgegebene Schöpfung. „Die Theologie kann in diesem ganzen Komplex mehrere Rollen spielen: Man kann sie durch das Gabe-Theorem quasi neu buchstabieren, weil so z.B. die Schöpfung und die Offenbarung als Gabe betrachtet ganz neue Relevanz erlangen“, sagt Bruckmann. Zudem könne die Theologie über die Eucharistie-Lehre darauf hinweisen, dass Gabe nur über die Leiblichkeit möglich sei, so dass der Leib in den Gabe-Diskurs eingebracht werden müsse.