"Vom Vergessen und Vergessenwerden" - Erster LIGA-Essay-Preis für Dr. Katharina Bauer

Erstmals hat die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) einen von der LIGA-Bank-Stiftung geförderten Essaypreis verliehen, mit dem nun Dr. Katharina Bauer von der Ruhr-Universität Bochum ausgezeichnet wurde. Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert. Stellvertretend für die Liga-Bank-Stiftung überreichte der Leiter der Eichstätter Liga-Bank, Richard Kundinger, die Auszeichnung an die Preisträgerin und betonte, dass es der Stiftung ein Anliegen sei, Wissenschaft und die Menschen dahinter zu fördern. Anlass für den ersten Essaywettbewerb dieser Art an der KU war der 100. Geburtstag des Philosophen Paul Ricœur (1913-2005), der sich in seinem Spätwerk mit dem Verhältnis von Erinnern und Vergessen und der Frage nach dem kulturellen Gedächtnis befasste. Thema des Essaywettbewerbs war daher „Vergessen als Bedrohung?“.

KU-Präsident Prof. Dr. Richard Schenk freute sich über die gute Resonanz auf den Wettbewerb und die Qualität der eingereichten Texte. Zudem dankte er der Liga-Bank-Stiftung für deren großzügige Unterstützung, durch die auch im kommenden Herbst wieder die Ausschreibung eines Essaypreises möglich werde, dann zum Thema „Europa 1914 – 2014: Gräben und Brücken“.

Für die Jury würdigte Prof. Dr. Joost van Loon, Inhaber der Lehrstuhls für Allgemeine Soziologie und Soziologische Theorie an der KU, den ausgezeichneten Text von Dr. Katharina Bauer mit dem Titel „Erzählte Spuren – vom Vergessen und Vergessenwerden“. Die 1982 in Dortmund geborene Wissenschaftlerin ist seit vergangenem Jahr in einem DFG-Forschungsprojekt tätig, das sie selbst erfolgreich beantragt hat. Zudem wurde sie bereits mehrfach ausgezeichnet. „Da wir als Jury die Essays anonymisiert erhalten haben, freut es uns, dass sich unsere Entscheidung so gut mit schon existierenden Meinungen über die Arbeit von Frau Bauer deckt“, sagte van Loon. Der Essay liefere einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Theorie Ricœurs zur Dynamik von Erinnerung und Vergessen.

Katharina Bauer griff für ihren Text das Buch „Der Alte König in seinem Exil“ von Arno Geiger auf, der darin die Alzheimer-Krankheit seines Vaters schildert. Angesichts des als bedrohlich erscheinenden Vergessens wird die Frage gestellt, ob der Verlust der eigenen Erinnerung oder das Vergessenwerden durch andere die größere Gefahr ist. „Vergessen als existentielles Unglück wird in der Wissenschaft kaum thematisiert. Doch wo kann jenseits der Bedrohung auch Hoffnung entstehen?“, umschrieb Bauer ihre Fragestellung. Erzählen sei ein Kampf gegen das Vergessen und das Vergessenwerden. Unsere Identität sei mit anderen verwoben, zumal wir Anfang und Ende des Lebens nicht selbst erzählen könnten. „Genau die Orientierung auf die Narrativität als Einbindung des Anderen liefert eine ganz praktisch-ethische Orientierung für die soziale Gestaltung der Menschenwürde“, ergänzte Laudator van Loon.

Musikalisch umrahmten Lucia Swientek (Violine) und Markus Schüller (Klavier) – beide Schüler des Gabrieli-Gymnasiums – den Festakt zur Preisverleihung.