Sprachliche Kreativität zeigt sich in vielen Facetten und ist ein Ausdruck der menschlichen Fähigkeit, mit Worten zu spielen, Neues zu schaffen und Ausdrucksformen zu variieren. Ein Beispiel sind Neuschöpfungen von Worten, indem bestehende Begriffe zu einem neuen zusammengefügt werden oder neue „Kofferwörter“ durch Verschmelzen von Wortbestandteilen entstehen. Aus „Britain“ und „Exit“ wird so der „Brexit“ – ein Neologismus, der den EU-Austritt des Vereinigten Königreichs beschreibt. Oder der „Teuro“ als Ausdruck für Preissteigerungen nach der Einführung des Euros. Andere kreative Sprachformen sind etwa Alliterationen – die Wiederholung von Anfangsbuchstaben in aufeinanderfolgenden Wörtern – oder die Verwendung von Wörtern in neuem Sinnzusammenhang, indem Begriffe oder Phrasen aus ihrem ursprünglichen Kontext entlehnt und in einem völlig neuen Sinne benutzt werden. Doch wie entstehen solche Wortschöpfungen? Was passiert, wenn sprachliche Routinen situativ erweitert werden?
„Mittels sprachlicher Kreativität können wir neue kommunikative Möglichkeiten kreieren, die über alles hinausgehen, was wir bisher gehört haben, und Dinge sagen, die wir noch nie zuvor gesagt haben“, sagt Prof. Dr. Thomas Hoffmann. Der Inhaber des Lehrstuhls für Englische Sprachwissenschaft an der KU beschäftigt sich seit langem mit kognitiven Ansätzen zur Sprachvariation. Seine Forschung baut auf der Konstruktionsgrammatik auf. Diese Theorie geht davon aus, dass unsere Sprachfähigkeit auf einer Reihe von Konstruktionen basiert. Diese Paarungen aus Form und Bedeutung reichen von festgelegten Redewendungen bis hin zu freien Satzbausteinen. Menschen erlernen diese Konstruktionen nicht nur durch häufiges wiederholen, sondern auch durch kognitive Vorgänge wie Analogiebildung und das Erkennen von Mustern. „Bisherige Modelle erklären praktisch alle linguistischen Phänomene, wie Menschen Sprache lernen und kreativ anwenden – allerdings nur im Nachhinein“, sagt Hoffmann. Sein erklärtes Ziel: ein innovatives neurokognitives Sprachmodell zu entwickeln, das Vorhersagen ermöglicht, die anschließend in empirischen Studien untersucht werden können.