Eine deutsch-polnische Partnerschaft mit viel Potential

Über 600 Kilometer liegen zwischen dem polnischen Breslau und dem bayerischen Eichstätt - oder anders formuliert mehr als neun Stunden mit dem Zug. Seit mehr als einem Jahr lassen sich die Kolleginnen und Kollegen des Lehrstuhls für Deutschlandforschung an der Universität Breslau und des Lehrstuhls für Vergleichende Politikwissenschaft an der KU nicht davon abhalten, diese Strecke intensiv zu nutzen.

Erst im November lehrte und forschte Professor Dr. Tadeusz Lebioda von der Universität Breslau für fast vier Wochen an der KU. Noch vor Weihnachten bieten Richard Zensen und Dr. Christina Rüther vom Lehrstuhl für Vergleichende Politikwissenschaft einen Workshop an der Universität Breslau über aktuelle politische Debatten in Deutschland an. Auch Studierende der KU bzw. der Universität Breslau haben bereits im Rahmen der Erasmus-Partnerschaft das Studium an der Altmühl gegen eines an der Oder eingetauscht. Im Mai 2022 fand zudem ein deutsch-polnischer Workshop in Eichstätt sowie im September 2022 ein weiterer vierwöchiger Forschungsaufenthalt von Dr. Mariusz Kozerski an der KU statt. Für das Jahr 2023 ist schon eine Konferenz in Breslau geplant. Das vom DAAD geförderte Projekt „Demokratie(n) in Bewegung – Deutschland und Polen im Vergleich“ sorgt selbst für Bewegung.

Professor Dr. Tadeusz Lebioda ist Inhaber des Lehrstuhls für Deutschlandforschung am Institut für Internationale Studien der Universität Breslau, die mit insgesamt über 24.000 Studierenden fast fünfmal so groß ist wie die KU. Mit über 600.000 Einwohner unterscheidet sich auch die Größe der beiden Universitätsstädte merklich. Professor Lebioda weiß die Vorzüge einer überschaubaren Universitätsstadt wie Eichstätt zu schätzen: die kurzen Wege, die gute Betreuung internationaler Gäste, die interessierten Studierenden sowie die gute Ausstattung der Bibliothek, in der er viele Stunden verbracht hat. Selbst auf die Feier zum polnischen Nationalfeiertag am 11. November musste er nicht verzichten, die er in Begleitung von Professor Dr. Klaus Stüwe beim polnischen Generalkonsul in München begehen konnte.

In seinen Vorträgen im November 2022 an der KU sprach Professor Lebioda im Rahmen einer Reihe des Lehrstuhls für Internationale Beziehungen über die Infrastruktur des deutsch-polnischen Dialoges im Kalten Krieg, in einem Seminar der Theologie über die besondere Rolle der katholischen Kirche im deutsch-polnischen Versöhnungsprozess sowie in einem Seminar zum Thema Populismus über die Rolle der Regierungspartei PiS. In seinen Vorträgen erinnerte Professor Lebioda an den Zweiten Weltkrieg als Zäsur in den deutsch-polnischen Beziehungen und die Verbrechen der Nationalsozialisten als Hypothek für den Dialog beider Länder. Gespannt blickt Professor Lebioda auf die Wahlen in Polen im Jahr 2023, die das polnische Parteiensystem auf die Probe stellen könnten. Die immer wieder aufkommenden Forderungen nach Reparationen bezeichnet er als eine politische Strategie.

Professor Dr. Klaus Stüwe, Inhaber des Lehrstuhls für Vergleichende Politikwissenschaft und Vizepräsident für Internationales, freut sich über die lebendige Partnerschaft mit den Kolleginnen und Kollegen der Universität Breslau. Bereits im letzten Jahr reiste er nach Polen und war beeindruckt von der Stadt Breslau sowie der Gastfreundschaft der polnischen Kolleginnen und Kollegen. Professor Lebioda und er sind sich einig, dass in der Partnerschaft zwischen ihren Lehrstühlen und Universitäten viel Potential steckt.