Publikationen der Otto-von-Freising-Gastprofessoren

Ronald Hitzler: Eventisierung: Drei Fallstudien zum marketingstrategischen Massenspaß (2011)

Zu konstatieren ist ein Trend zur Eventisierung des Lebens in der Gegenwartsgesellschaft schlechthin. Der Begriff „Eventisierung“ bezeichnet zum einen die Verspaßung von immer mehr Bereichen unseres sozialen Lebens mit einer bestimmten Art kultureller Erlebnisangebote, zum anderen das Machen konkreter Events – sowohl durch Anreicherung kultureller Traditionsveranstaltungen mit zusätzlichen Verlustierungselementen als auch durch strategische Neuschöpfungen von Unterhaltungsformaten für möglichst viele Menschen. Illustriert wird dieser Befund anhand konkreter Studien zum Weltjugendtag (2005 in Köln), zur Kulturhauptstadt („Metropole Ruhr“ 2010) und zur Loveparade – bis hin zu deren düsterem Ende (Duisburg 2010). Die Zeitdiagnose mündet in die Frage, ob (auch) „Eventisierung“ möglicherweise ein „Juggernaut“ ist.


Kaspar Maase: Was macht Populärkultur politisch? (2010)

Wie sind die sozialen Effekte populärer Künste und Vergnügungen zu untersuchen? Drei Fallstudien zum Kampf gegen Schlager in den 1920ern, zum Heimatfilm der 1950er und zur Bewegung gegen "Schmutz und Schund" stellen einen praxeologischen Zugriff vor. Nicht vermeintliche Botschaften populärer Künste stehen im Zentrum, sondern das auf sie bezogene soziale Handeln. Rekonstruiert werden verbreitete Bilder von, Urteile über und Weisen des Umgangs mit Populärkultur, erschlossen aus den Praktiken der Aufnahme von Massenkünsten in den Alltag.

Michaela Wittinger: Christentum, Islam, Recht und Menschenrechte (2008)

Der Band beleuchtet den Zusammenhang zwischen den Religionen - Christentum und Islam - und dem Schutz der Menschenrechte. Es wird aufgezeigt, dass die universellen Menschenrechte als säkulares Konzept, aber mit durchaus religiösen Wurzeln, eine tragfähige Basis für einen gemeinsamen Dialog und bestenfalls auch Konsens darstellen - zwischen den Kulturen und den Religionen. Der internationale Menschenrechtsschutz bietet damit die Chance zum Diskurs, der in Zeiten etwa des Streit um die Mohammed-Karrikaturen, der nur ein Beispiel für den „Religionen-clash“ ist, immer dringlicher wird. Zum anderen wird die Entwicklung der bisherigen islamischen Menschenrechtsdokumente und vor allem die Arabische Menschenrechtscharta von 2004 analysiert, die 2008 in Kraft trat. Trotz ihrer Defizite, etwa zur Gleichheit der Geschlechter, kann das darin vorgesehene Schutzorgan ein Diskussionsforum für die verschiedenen islamischen Rechtsströmungen und Denkschulen sein und damit die Grundlage schaffen für den Diskurs, der auf universeller Ebene im Menschenrechtsschutz geführt werden muss.

Alois Schmid: Neue Wege der bayerischen Landesgeschichte (2008)

Alle Wissenschaften befinden sich in einem beständigen Prozess der Aktualisierung. Dieser wird für die bayerische Landeshistoriographie zum einen mit einem Blick auf die Geschichte (15. Jahrhundert), zum anderen mit einem Beitrag zur gegenwärtigen Theoriediskussion aufgezeigt. Am Beispiel der historischen Verbindungen zwischen Bayern und dem Beneluxraum wird eine "interterritoriale Landesgeschichte" propagiert.


Wilfried Spohn: Politik und Religion in einer sich globalisierenden Welt (2008)

In diesem Band sind drei Vorträge versammelt, die aus einer historisch-soziologischen Perspektive versuchen, die jüngste Revitalisierung und Politisierung von Religion in Form von religiösem Nationalismus, ethnischer Mobilisierung und politischem Fundamentalismus und ihre Folgen für die Konfliktlagen und Entwicklungsdynamiken gegenwärtiger Welt- und Europapolitik erklärend zu interpretieren und kritisch zu reflektieren. Der Autor entwirft die Leitidee eines sich erweiternden und zugleich kosmopolitischen Europas, das den analysierten Konfliktdynamiken durch Strategien religiös-politischer Pluralisierung entgegenwirkt.


Rainer Tetzlaff: Afrika in der Globalisierungsfalle (2008)

Im Unterschied zu Menschen der asiatischen Schwellenländer betrachten Politiker, Universitätslehrer und Geschäftsleute aus afrikanischen Ländern die Globalisierung eher mit Furcht: Können hochgradig hilfeabhängig gewordene Volkswirtschaften hoffen, nicht nur die Risiken der Globalisierung erleiden zu müssen, sondern auch von ihren Chancen profitieren zu können? Das Buch versucht auf diese Schicksalsfrage Afrikas eine differenzierte Antwort zu geben. Es wird aufgezeigt, dass zwar Afrika weitgehend als bisheriger Verlierer der Globalisierung bezeichnet werden muss, dass jedoch vielerlei Formen der Anpassung und aktiven Bewältigung der globalen Herausforderungen entwickelt wurden. Die Globalisierung erscheint zwar als „Falle“: sie ist von Afrikanern nicht ersehnt worden, aber auch aus Fallen gibt es Auswege, und Modernisierung wird keineswegs abgelehnt. Afrika gibt es nur im Plural, und der weit verbreitete Afropessimismus tut den Afrikanerinnen und Afrikaner Unrecht, die unter schwierigsten materiellen Bedingungen für Demokratie und Menschenrechte und gegen Korruption und Selbstzerstörung eintreten.

Jan Spurk: Europäische soziologie als kritische Theorie der Gesellschaft (2006)

In diesem Band sind vier Vorträge zusammengestellt, die der europäischen Soziologie und den Perspektiven der kritischen Soziologie gewidmet sind. Es geht um die Freiheit und die Befreiung als Herausforderung für die europäische Soziologie, um eine Bestandsaufnahme der Soziologie in Europa sowie um das Verhältnis der kritischen Gesellschaftstheorie und der empirischen Forschung und schließlich um die Perspektiven der kritischen Soziologie heute.

Manfred Brocker: Kant über Rechtsstaat und Demokratie (2006)

Kants praktische Philosophie wird immer wieder als Wegweiser und Orientierungshilfe bei der Frage nach der angemessenen Ausgestaltung unserer freiheitlichen Rechts- und Verfassungsordnung herangezogen. Dabei sehen einige Interpreten in ihm einen Sozialstaatstheoretiker und Basisdemokraten, mit dem sich die Forderung nach einer stärkeren Egalisierung bestehender Eigentumsdisparitäten und der Einführung einer "direkten Demokratie" begründen lassen. Tatsächlich ist Kant jedoch als Rechtsstaatstheoretiker der liberalen Tradition des politischen Denkens zuzurechnen - und insofern kein geeigneter "Kronzeuge" für solche Reformappelle.


Toni Pierenkamper: Arbeit und Alter in der Geschichte (2006)

In einer sehr langfristigen Perspektive wird die Entwicklung von Alter und Arbeit in der Geschichte thematisiert. Dabei zeigt sich, dass erst in der Neuzeit für die Mehrheit der Bevölkerung ein höheres Lebensalter mit einiger Sicherheit erwartet werden kann. Alter wurde zu einer normalen Lebensphase. Die damit verbundenen Änderungen in der Altersstruktur hatten Rückwirkungen auf die Erwerbsbiographien der Menschen und trugen neben der zeitgleich ablaufenden Industrialisierung zur Entwicklung eines "Normalarbeitsverhältnis" in der modernen Wirtschaft bei.
 

Andreas Wirsching: Agrarischer Protest und Krise der Familie (2004)

Die Geschichte der Moderne ist gekennzeichnet von dem steten Bewusstsein ihrer Krise. Indem das moderne Individuum zur unaufhörlichen Selbstreflexion gezwungen ist, konstruiert es die Krise seiner Existenz zwar immer wieder neu, jedoch in wiederkehrenden Formen. Als Beispiele solcher beständigen Reproduktion modernen Krisenbewusstseins bieten sich konkret zu untersuchende "Indikatoren" an. Die Abhandlung schlägt hierfür den in der Moderne sprichwörtlich "ewigen" Protest der Landwirtschaft und die ebenso andauernde Klage über den Verfall der Familie vor.
 


Die Publikationen sind jeweils im Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) erschienen und unter anderem über www.vs-verlag.de zu beziehen.  

 

Weitere Publikationen der Otto von Freising-Vorlesungen 

 •    Odilo Engels (nicht veröffentlicht): Das Ende des jüngeren Stammesherzogtums

•    Dimitrij Zlepko: Die ukrainische katholische Kirche - Orthodoxer Herkunft, römischer Zugehörigkeit

•    Hans Buchheim: Politik und Ethik

•    Roland Girtler: Würde und Sprache in der Lebenswelt der Vaganten und Ganoven

•    Magnus Mörner: Lateinamerika im internationalen Kontext

•    Karl Martin Bolte: Wertewandel. Lebensführung. Arbeitswelt

•    Ballestrem/Sutor: Probleme der internationalen Gerechtigkeit

•    František Šmahel: Zur politischen Präsentation und Allegorie im 14. und 15. Jahrhundert

•    Hans-Georg Wieck: Demokratie und Geheimdienste

•    Franz-Xaver Kaufmann: Modernisierungsschübe, Familie und Sozialstaat

•    Thomas Wiedenmann: keine Veröffentlichung

•    Wolfgang Brückner: "Arbeit macht frei" Herkunft und Hintergrund der KZ-Devise

•    Manfred Hättich: Demokratie als Problem

•    Horst Schüler-Springorum: Wider den Sachzwang

•    Gerhard A. Ritter: Soziale Frage und Sozialpolitik

•    Uwe Backes: Schutz des Staates

•    Klaus Schreiner: Märtyrer, Schlachtenhelfer, Friedenstifter

•    Antonio Scaglia: Max Webers Idealtypus der nichtlegitimen Herrschaft

•    Walter Hartinger: Hinterm Spinnrad oder auf dem Besen?

•    Martin Sebaldt: Parlamentarismus im Zeitalter der Europäischen Integration

•    Alois Hahn: Erinnerung und Prognose. Zur Vergegenwärtigung von Vergangenheit und Zukunft

•    Stefan Brüne: Europas Außenbeziehungen und die Zukunft der Entwicklungspolitik

 

Publikationen der Otto von Freising-Tagungen

•    Lamnek/Luedtke (Hrsg.): Der Sozialstaat zwischen "Markt" und "Hedonismus"?

•    Karl Graf Ballestrem (Hrsg.): Internationale Gerechtigkeit

•    Lamnek/Boatca (Hrsg.): Geschlecht - Gewalt - Gesellschaft