Fachtagung „Kulinarisches Erbe als Erfolgsfaktor für den internationalen Tourismus“

Als Bestandteil des wissenschaftlichen Projektes „Developing traditional culinary tourism experiences for the China outbound market in Australia and Germany“ veranstaltete der Lehrstuhl Tourismus / Zentrum für Entrepreneurship der Katholischen Universität Eichstätt Ingolstadt in Kooperation mit DEHOGA Bayern und dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten am 26. März 2019 eine Fachtagung unter dem Titel „Kulinarisches Erbe als Erfolgsfaktor für den internationalen Tourismus“.

 

„Deutschland ist einfach keine kulinarische Nation. In Deutschland muss Essen vor allem günstig sein. Die meisten Menschen sind eher bereit, viel Geld für einen Liter Motoröl auszugeben als für einen Liter guten Olivenöls, welches sie ihrem eigenen Körper zuführen.“ (Nils Henkel in der Gastgeber Bayern, 01 Ausgabe 2019

Nach einer Begrüßung des leitenden Ministerialrates Prof. Dr. Dr. Richard Balling des Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat Prof. Dr. Harald Pechlaner zusammen mit Natalie Olbrich (beide Lehrstuhl Tourismus / Zentrum für Entrepreneurship der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt) den thematischen Einstieg der Fachtagung gestaltet. Anhand von empirischen Voruntersuchungen konnten sie den Stellenwert der Kulinarik in Bayern sowie mögliche Herausforderungen thematisieren. Die Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Franken Angelika Schäffer hat die angesprochenen Themen aufgegriffen und den Fokus auf Franken gelenkt. Das Frankenland zeichnet sich nicht nur durch seine Weinbaugebiete und den berühmten Boxbeutel, sondern auch durch die höchste Brauereidichte sowie die fränkische Küche aus. Demzufolge besitzt Franken einige Produkte im Bereich der Kulinarik und als Beispiel kann hier „Franken - Wein.Schöner.Land!“ genannt werden. Anschließend hat Prof. Dr. Dr. Richard Balling des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erfolgreiche Beispiele für kulinarische Erlebnisse in Bayern vorgestellt. So hat das Ministerium den Genussreiseführer „100 ausgezeichnete Gasthäuser in Bayern“ entwickelt. Dieser beinhaltet einzigartige Betriebe, welche anhand von bestimmen Kriterien von einer Fachjury ausgewählt wurden. Unter dem Titel „Kulinarik in der touristischen Vermarktung Bayerns“ stellte Wolfgang Wagner die Strategie der BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH vor. Die Strategie des „Storytelling“ der BayTM besteht aus Geschichten, Emotionen und Menschen. Um das traditionelle und authentische Bayern darzustellen, wird der Gedanke verfolgt, dass Bayern über Bayern erzählen müssen. Anknüpfend an die Ideen einer kulinarischen Vermarktung einer Destination haben Prof. Dr. Christof Pforr und Dr. Michael Volgger des Tourism Research Cluster der Curtin Business School den Blickwinkel auf (West-) Australien gerichtet. Im Vortrag betonte Prof. Pforr den wachsenden Anteil an internationalen Touristen. Vor allem die Anzahl an chinesischen Gästen nimmt stetig zu und Australien wird immer häufiger als Reiseziel ausgewählt. Ebenso verdeutlichte Dr. Volgger, dass Australien als Wein- und Kulinarik-Destination wahrgenommen wird. Westaustralien greift diesen sowie die aktuellen Foodtrends der heutigen Zeit auf. Die Foodbloggerin Petra Hola-Schneider gestaltete den Einstieg ihres Vortrages über das Reisen vor der Zeit von Social Media. Weiter betonte sie, dass die Dokumentation aktuell als ein wichtiges Element des Unterwegs-Seins ist und dass dies nicht negativ sein muss. Der Tourismus kann von dieser Entwicklung profitieren. Bevor eine kulinarische Pause stattfand, hat Dörte Kasüske unter ihrem Titel „Kulinarische Entdeckungsreisen mit Eat the World“ das Konzept von Eat the World GmbH vorgestellt. Das Unternehmen bietet kulinarisch-kulturelle Stadtführungen mit einer außergewöhnlichen Note in 45 Städten in Deutschland an. In Bayern gibt es 17 Touren, die bislang eher von der lokalen Bevölkerung gebucht werden. Folglich plant das Unternehmen nicht nur seine Touren, sondern auch das Angebot für internationale Gäste zu vergrößern.

Im zweiten Teil der Fachtagung beschrieb Prof. Dr. Wolfgang Arlt von COTRI China Outbound Tourism Research Institute und der Fachhochschule Westküste den chinesischen Outbound-Tourism. Er zeigte sechs aktuelle Trends im Reiseverhalten der chinesischen Gäste auf und betonte, dass es von Jahr zu Jahr mehr reiseerfahrene Chinesen gibt. Sie sind auf der Suche nach authentischen Erlebnissen und wünschen sich Emotionen. Laut Prof. Arlt gehören die regionale Küche und Getränke hierzu. Anschließend an die Erkenntnisse von Prof. Arlt hat Maren Krause von Kai Yuan Information & Business GmbH einen praktischen Blickwinkel des chinesischen Reisemarktes präsentiert. In China besitzt die Kulinarik einen sehr hohen Stellenwert und die Esskultur wird tagtäglich gelebt. Als Beispiel wurde die Bedeutung im chinesischen Sprachgebrauch genannt (z.B. beliebt zu sein heißt „Schmackhaftes essen“). Dieter Popp der Umsetzungsberatung für Tourismus und Regionalentwicklung FUTOUR GmbH verdeutlichte mit seinen Studienergebnissen die thematische Präsenz der Kulinarik: 11 % lautet das Wachstumssegment des Food-Tourismus. Schließlich betonte er, dass die Destinationen das kulinarische Erbe bewusster vermarkten müssen. Abschließend stellte Jürgen Lochbihler als Vertreter DEHOGA Bayerns und Geschäftsführer des Restaurants „Der Pschorr“ seine Erfahrungen als Gastronom am Viktualienmarkt dar. Als Alleinstellungsmerkmal des Wirtshauses kann der Bezug der Lebensmittel von regionalen Partnern genannt werden. Zwar ist der Aufwand im Sinne von Zeit oder Kosten deutlich höher, aber die Seite des Nutzens überwiegt deutlich. Des Weiteren verdeutlichte er, wie seine Vorredner, die Bedeutung von Gütesiegeln, welche sowohl zur Kontrolle als auch zur Information dienen.

Dank der Fachtagung wurde deutlich, dass Bayern für Tradition, Gastfreundschaft, Authentizität und Genuss steht und viele Institutionen sowie Unternehmen die Kulinarik im Rahmen von Projekten oder Produkten leben. Die Palette an kulinarischen Erlebnissen ist in Bayern groß und immer mehr Gäste wollen solch eine Erfahrung während ihres Urlaubes haben. Allerdings wurden während der Tagung auch Themen genannt, die die Branche vor Herausforderungen stellt. Insbesondere die Entwicklungen der chinesischen Outbound Tourismus ist hier zu nennen. Die Anzahl an Gäste wird zunehmen und die Kulinarik in Bayern steht vor der Frage, wie sie mit dieser Entwicklung umgehen soll.