Ist der exzessive Tourismus zu Ende? Die Ergebnisse der 33. Ausgabe der SCoT-Webinare

Am 20. November fand – organisiert von Prof. Dr. Harald Pechlaner auf Initiative von Prof. Jafar Jafari von der University of Wisconsin-Stout – das Webinar "Is excessive tourism coming to an end? Perspectives on sustainable (mass) tourism" statt. Dieses Online-Seminar fand im Rahmen der SCoT-Webinare statt (Smart Community Tourism Webinar Series) statt, eine Initiative, die von Prof. Jafari ins Leben gerufen wurde.

Zur Beantwortung dieser zentralen Frage war ein hochkarätiges Panel zusammen gekommen: Richard Adam, ehemaliger Geschäftsführer der Bayern Tourismus Marketing GmbH (BayTM) und Tourismus-Berater mit Ausrichtung auf den asiatischen Raum, David Weaver, langjähriger Professor an der Griffith University in Brisbane/Queensland und seit seiner Pensionierung Principal Research Fellow an der Queensland University of Technology, Anna Scuttari, Professorin für empirische Tourismuswissenschaft an der Hochschule München sowie Senior Researcher von EURAC Research und dort verantwortlich für den Aufbau der Monitoringstelle für nachhaltigen Tourismus im Rahmen des “international network of sustainable tourism observatories” (INSTO) der Welttourismusorganisation UNWTO, sowie Elena Borin, assoziierte Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der Link Campus University in Rom, und Expertin für Fragen des Kultur-Managements.

Die zentralen Fragen des Webinars drehten sich um folgende Bereiche: Was bedeuten Exzesse im Tourismus? Sind sie Teil von anderen Formen des Tourismus? Geht es bei Exzessen im Tourismus im Wesentlichen um den sogenannten “Party-Tourismus” oder sind darunter andere Formen des Tourismus zu verstehen? Verändert sich durch die Covid-19-Pandemie die Sicht auf bestimmte Formen von Exzessen im Tourismus?

Richard Adam fragte mit Bezug auf den Tourismus: “Does it make sense to restore an obsolete system?” Es ging am Ende auch um die Frage, ob das geringere Interesse an exzessivem Tourismus von Seiten der potentiellen Zielgruppen einher gehe mit dem Ausbau der resilienten Kräfte einer Destination. Adam bekräftigte folgende Faktoren: Relevance, Identity, Retention, und Advocacy. Sein Ruf “From Volume to Value” unterstrich die Notwendigkeit einer Abkehr von einem rein quantitativen Denken hin zu Fragen der Qualität. Er forderte allerdings auch die Einführung eines Systems der Messung auf Basis klar formulierter KPI (key performance indicators).

David Weaver betonte, dass es aus seiner Sicht kaum ein Bedürfnis nach besonders radikalem Wandel gebe. Er sprach sich für eine “Transformative Governance” “as accumulating incremental radical changes” aus, wobei Vertrauen eine zentrale Ressource dabei seien. Weaver betonte auch die Notwendigkeit, das Beste aus dem Massentourismus, nämlich die Skaleneffekte durch klare Innovations- und Wettbewerbsorientierung, mit einem alternativen Tourimsus zu verknüpfen, welcher ethische Aspekte sowie eine besondere Sensibilität für Orte, Räume und Communities offenbar werde läßt.

Anna Scuttari zeigte am Beispiel des oben genannten “observatory” die Möglichkeiten der Entwicklung eines Nachhaltigkeits-Monitorings für eine Region am Beispiel Südtirols auf. Das Monitoring hätte sich daran auszurichten, dass Tourismus-induzierte Kosten minimiert und die Nutzen des Tourismus maximiert würden.

Und schlussendlich war es Elena Borin, die anhand konkreter Beispiele die Rolle des Kultur- und Kreativ-Bereichs aufzeigen konnte, um die Transformation im Tourismus zu ermöglichen. Traditionelle Netzwerke des Tourismus greifen zu kurz, diese sollten um relevante Netzwerke des Lebensraumes erweitert warden, um eine breitere Absicherung der Tourismusentwicklung in der Bevölkerung zu erwirken. Zielsetzung ist: “Re-discovering the cultural values in designing new developments for the territory in cooperation with the community in relation to the SDG’s 2030”. Es braucht eine “Cultural Leadership” in Destinationen, die weit über die klassischen Kulturbereiche hinaus geht.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es einen exzessiven Tourismus nur dann gibt, wenn die Akteure der touristischen Netzwerke ein Ungleichgewicht herstellen, und dadurch das klare Verfolgen von Zielsetzungen der Nachhaltigkeit erschwert wird. Die Entwicklung von exzessiven Formen des Tourismus gilt es im Auge zu behalten, um frühzeitig gegensteuern zu können. Resilienz bedeutet, aus Krisen zu lernen, und mehr denn je, Krisen durch exzessiven Tourismus zu vermeiden.

Die Aufzeichnung des etwa zweieinhalbstündigen Webinars kann hier angesehen werden.