Reinventing tourism in Europe: Cross-country perspectives

Perspektiven der Tourismusentwicklung am Übergang zu einem Neustart

Der Titel trifft es auf den Punkt. Der Tourismus muss wohl neu designt werden. So wie es aussieht, bleibt an vielen Stellen und Bereichen der Tourismuswirtschaft bei Betrachtung der globalen Dimension beinah kein Stein auf dem anderen – die Coronavirus-Krise bringt grundlegende Veränderungen nicht nur im Tourismus. Und in Europa befinden wir uns in vielen Ländern gerade in einer Phase des Übergangs vom „lockdown“ zum „restart“, was auch immer das heißt, denn erst bei näherer Betrachtung erkennt man denn auch die vielen Details und Nuancen bei den Vorstellungen bezüglich der Umsetzung von Entwicklungsstrategien. Eile ist spürbar, weil die Sommersaison vor der Türe steht, und viele Betriebe und Destinationen es kaum erwarten können, wieder die ersten Gäste begrüßen zu können. Was bedeutet das aber konkret? Was hat diese Krise bisher an grundlegenden sozialen Veränderungen gebracht? Welche Bedeutung hat Gesundheit und Sicherheit bei der Wahl der Destination? Wie richten sich die Betriebe und Destinationen auf die Virus-bedingte Vorsicht der Gäste ein? Diese und andere Fragen standen in einem Video-Austausch, der am 8. Mai über Zoom über die Bühne ging, im Mittelpunkt – und zwar in einem interessanten Ländervergleich, vornehmlich zwischen Frankreich, Deutschland, Portugal, Italien, Türkei, Griechenland und Dänemark. Prof. Harald Pechlaner nahm als Gast an dieser Diskussion aktiv teil. Organisiert von Prof. Antonia Correia von der Universidade Europeia in Lissabon, und Prof. Metin Kozak von der Dokuz Eylül Universität in Izmir, wurden folgende Aspekt im Besonderen hervorgehoben:

Gäste reisen demnächst – wenn sie reisen – mit einer gewissen Angst bzw. Sorge bezüglich ihrer Gesundheit. Dies bedeutet, dass es den Betrieben und Destinationen gelingen muss, den Gästen zu erklären, dass alles getan wurde, um Fragen rund um die Garantie der Gesundheit während des Aufenthalts professionell zu lösen

Der „Restart“ wird vielerorts einem „Run“ auf die Gäste gleichkommen. Die Preise könnten in der Folge sinken – für den Konsumenten. In Wirklichkeit steigen die Kosten, zum einen, weil auf den bestehenden Kapazitäten und Flächen (beispielsweise von shuttle-Bus-Kapazitäten bis zu den Kapazitäten in Beherbergung und Gastronomie) aus gesundheitlichen Gründen nur ein bestimmter Prozentsatz von Gästen sich aufhalten darf (Vollauslastung daher nicht möglich), zum zweiten weil die Kosten für die Garantie der Gesundheit der Gäste durch Hygienemaßnahmen u.ä. Mehrkosten verursachen wird. Die Anpassung an die neuen Sicherheits- und Gesundheitsstandards erfordert viel Aufwand, den vor allem die All-inclusive-gewohnte Hotellerie nicht gerne leisten möchte (z.B. Türkei).

Vordergründig gibt es in beinah allen Ländern und Destinationen einen Fokus auf den Binnentourismus, zum einen, weil viele Ländergrenzen noch geschlossen sind, und Touristen aus dem Ausland nur schwer in die Destinationen kommen – und umgekehrt, zum anderen, weil potentielle Gäste mit Präferenz zu Auslandsreisen in diesem Sommer auch aus Solidaritätsgründen oder Patriotismus (z.B. Dänemark), aber dann vor allem aus Gründen des nicht sicher garantierten Schutzes vor einem weiteren Ausbreiten der Pandemie, zu Hause im eigenen Land Urlaub machen.

Kleine Betriebe (Ferienwohnungen, Urlaub am Bauernhof…) mit viel Raum wird man vordergründig den großen Betrieben von Seiten der Gäste in der kommenden Saison vorziehen.

Destinationen müssen sich für bestimmte Attraktionspunkte, oder das Mobilitätsangebot (z.B. ÖPNV) auf ein „Visitor flow management“ einstellen, um „owercrowding“ zu verhindern, was der Reisefreude der Gäste nicht zuträglich wäre, solange die Sensibilität für Gesundheits- und Sicherheitsfragen hoch bleibt, was in diesem Sommer jedenfalls der Fall sein wird.

Zusammenfassend kann man sagen: Tourismus ist und bleibt ein Vertrauensgeschäft, in gesundheitlich unsicheren Zeiten wird das ganz besonders deutlich. Und Nachhaltigkeit bedeutet am Übergang zu einer Phase der Normalisierung: Mehr Raum (weniger Gäste auf vorhandenen Flächen) und weniger Geschwindigkeit (slow tourism).