So wie es aussieht, bleibt das Phänomen Overtourism eine feste Größe in der medialen Diskussion, aber zunehmend auch in der Auseinandersetzung auf tourismuswirtschaftlicher und -politischer Ebene. Gast-Gastgeberbeziehungen sind das Maß der Dinge, so war es schon in den Diskussionen vor Jahrzenten, und durch die aktuelle Diskussion zu Overtourism rückt diese Beziehung wieder in den Mittelpunkt. Dabei geht es nicht nur um das Gästeverhalten, sondern auch um das in Studien immer wieder feststellbare Schulungsdefizit in den Unternehmen und im Besonderen an den Schnittstellen zu den Dienstleistungen im direkten Austausch mit den Gästen. Pechlaner konnte in seinen Ausführungen auf der Grundlage der vom Lehrstuhl Tourismus der KU gemeinsam mit dem Lehrstuhl Wirtschaftsgeographie und Tourismusforschung der LMU München im Jahr 2018 durchgeführten Studie zu Overtourism-Phänomenen in ausgewählten europäischen Städten und Regionen (wurde anläßlich der ITB 2018 erstmals präsentiert) unterstreichen, dass die Rolle der Familienbetriebe im Spannungsfeld Gastgeber-Gast eine zentrale Rolle auch in Zukunft spielen. Familienbetriebe entsprechen einem nachhaltigen Businessmodel, welches die Beziehung zu den Gästen als zentrales Qualitätskriterium für die Zukunftsfähigkeit erachten. Pechlaner konnte aber auch auf der Grundlage anderer aktueller Studien herausarbeiten, dass Overtourism kein reines Tourismusproblem darstellt, sondern beispielsweise von Immobilienspekulation, Stadtmodernisierungen oder erhöhten Kosten für städtische Einrichtungen geprägt oder ausgelöst werden kann. Nicht zuletzt beeinflussen Modelle der Sharing Economy (z. B. Airbnb) zunehmend die Immobilienentwicklung insbesondere im städtischen Bereich. Zentrale Aussage in Pechlaners Vortrag war der Hinweis, dass die Overtourism-Debatte weniger als Fundamentalkritik dem Tourismus gegenüber zu verstehen ist, denn viel mehr als ein Höhepunkt der gesellschaftlichen Sensibilität für das Phänomen Tourismus. Reiseerfahrene Gäste werden anspruchsvoller bei der Suche nach authentischen Erlebnissen, und fühlen sich den Bereisten gegenüber auch stärker verantwortlich, wiewohl sie sich am gesellschaftlichen Alltagsleben in den Destinationen auch stärker beteiligen wollen. Insgesamt wird die Reflexion der persönlichen Rolle des Reisenden bedeutsamer und befördert ein Nachdenken über die Auswirkungen des eigenen Reisens. Insofern ist und bleibt es notwendig, die tourismuspolitischen Diskussionen rund um Overtourism auch in nächster Zeit ernst zu nehmen und das starke Signal Overtourism als Grundlage für ein neues Denken im Tourismus zu verwenden. Insofern war die Jahrestagung des ÖHV unter dem Motto „Rethink Tourism“ durchaus eine Steilvorlage dafür.
Eine Nachlese und weitere Informationen zur Veranstaltung erhalten Sie unter den folgenden Verlinkungen:
https://www.oehv.at/CMSPages/Getfile.aspx?guid=5259b020-97c1-4da9-aefd-e89d68d2fdc9
https://stammgast.online/fileadmin/hut/ePaper/2019/010219/66/index.html