Tagung “Standort:Stadt:Destination” in Kooperation mit Tourismus NRW

Der Lehrstuhl Tourismus organisierte am 8. Juli 2021 in Kooperation mit Tourismus NRW einen Fachkongress zum Thema: „Standort:Stadt:Destination – Auf dem Weg zu einem Ökosystem der Gastlichkeit“.

Sprechen wir in Zukunft noch von Tourismus oder besser von einem „Ökosystem der Gastlichkeit?“ Standorte und Destinationen sind in Transformation. Rahmenbedingungen von Lebens- und Wirtschaftsräumen verändern sich durch technologische Innovationen und Digitalisierung, neue Arbeitskonzepte oder dynamische Entwicklungen in Städten. Insbesondere der Tourismus erfährt einen grundlegenden Wandel, wobei Nachhaltigkeit und Resilienz zu festen Werten eines neuen Reiseverständnisses werden. Städte, Gemeinden und Regionen haben mehr denn je die Chance, den Menschen in den Mittelpunkt der Diskussion um Raumentwicklung zu stellen und ihn entsprechend einzubinden. Touristische Erlebnisketten losgelöst von Räumen, in denen soziale Verantwortung ernst genommen wird, sind nicht mehr tragfähig.  Bedeutsamkeit ist möglicherweise wichtiger als Aufmerksamkeit.  Eine Kultur der Begegnung schafft die Grundlagen für einen nachhaltigen Wirtschafts-, Destinations- und Lebensraum. Vor diesem Hintergrund ist eine integrierte Betrachtung von Lebensraum, Standort und Destination notwendig.

Zu diesen Schnittstellen veranstaltete der Lehrstuhl Tourismus / Zentrum für Entrepreneurship am 8. Juli 2021 zusammen mit Tourismus NRW einen hybriden Fachkongress im Rahmen des Projektes FLOW.NRW. Neben wissenschaftlichen Keynotes wurden eine Reihe von Best Practices aus dem nationalen sowie internationalen Raum präsentiert, um ein mögliches Ökosystem der Gastlichkeit zu entwickeln. Weitere Details zum Programm und den Referenten können Sie hier einsehen, sowie in der Mediathek.

Im Rückblick auf den Fachkongress lassen sich wichtige und richtungsweisende Schlüsse für die zukünftige Entwicklung von Destinationen ziehen. Bereits der Kongresstitel „Standort:Stadt:Destination“ verdeutlicht, dass der Tourismus mehr denn je eine integrative Kraft hat, sich aber auch entsprechend vernetzten und öffnen muss. So erläutert Prof. Dr. Harald Pechlaner (Lehrstuhl Tourismus) zu Beginn, dass der Tourismus womöglich in seiner größten Transformation mit der Corona-Pandemie ist und die Tourismuskultur eine entscheidende Rolle einnimmt. Viele Referenten sind sich in diesem Zuge einig, dass die Krise als Chance genutzt werden muss, um neue Perspektiven zu erarbeiten. Diese neuen Perspektiven sollten auch das traditionelle Tourismusverständnis in Frage stellen, eine neue Tourismuskultur etablieren und nicht zuletzt die Megatrends Nachhaltigkeit und Digitalisierung aufgreifen. Matthias Rumpf (OECD Centre Berlin) unterstreicht in seinem Vortrag die Herausforderungen für den Tourismus, ausgehen von den Megatrends Demographie, Digitalisierung, Klimawandel & Nachhaltigkeit. Wie Prof. Dr. Thomas Bieger (Universität St. Gallen) betont, ist das integrative Standortmanagement ein zentraler Leitgedanke für die Destinationen. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist es, die Grenzen des Tourismus aufzuweichen – so, wie auch die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit oder Lebensraum und Destination verschwimmen. In diesem neuen Leitbild zeichnet Prof. Terry Stevens (Stevens & Associates) ein neues und richtungsweisendes Paradigma für die Tourismusentwicklung, welches sich von traditionellen Handlungs- und Denkmustern loslösen muss.

Die Keynotes im Replay auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=5w1ujisjgt0

Nordrhein-Westfalen ist in diesem Zuge ein interessantes Labor, um den Tourismus neu zu integrieren – auch auf räumlicher Ebene. Die Innovationskraft und Dynamik in NRW unterstrich Prof. Dr. Pinkwart (Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen) in seinem Statement, genauso, wie die Teilnehmer der Podiumsdiskussion “Die Stadt im Flow”. Die Metropolen in NRW funktionieren als lebendige Schlagader, aber auch das Umland wird wichtiger und die ländlichen Regionen verlangen nach weiterer Vernetzung. Hierzu sollten keine Grenzen gezogen werden, sondern die Region als großes Netz verstanden werden. Die Vielfalt innerhalb dieses Netzes könnte ein Leitmotiv in NRW werden, welche die Stärken der Region einschließt: Eine lebendige Kultur- und Kreativszene, bürgerschaftliches Engagement, Industriekultur und Modernisierung, sowie die Vielfalt des Zusammenspiels von Stadt und Land.

Welche Rolle hat der Tourismus in der Regionalentwicklung? Wie können Touristiker zur Lebensraumattraktivität beitragen? Zum einen kann der Tourismus durch das Neue Reisen und die Neuausrichtung des touristischen Angebots stärker in die Region hineinwirken; zum anderen kann der Tourismus mit seiner Umsetzungskompetenz die Integration über verschiedene Branchen hinweg antreiben: Tourismus als Bindeglied, Tourismus als integrative Querschnittsfunktion. Im weiteren Verlauf der Tagung wurden Möglichkeiten und Best Practices vorgestellt, den integrativen Tourismus der Zukunft weiterzuentwickeln. Hierzu zählen u.a. die Förderung der Umsetzungskompetenz der DMOs, die Gewinnung von Fachkräften, verantwortungsvolles Management, die Nachhaltigkeitsmessung, vernetzte Mobilität, Bürgerpartizipation oder bedarfsgerechte und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung.

Die regionale Podiumsdiskussion und die Best Practices I im Replay auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=iYclCUbh2Vg

In der finalen Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass die Vernetzung in nationalen und internationalen, aber auch thematischen und strategischen Netzwerken von hoher Bedeutung für die zukünftige und resiliente Entwicklung von Tourismus ist. Kooperationen, z.B. mit Startups, ermöglichen es, neueste Trends und Technologien schnell und effektiv aufzugreifen und am Puls der Zeit zu bleiben. Dynamik und Kreativität sind wichtig und werden in erster Linie durch Mitarbeiter getragen, die diese Werte verstehen und leben. Ein attraktiver Standort wird entsprechend qualifiziertes Personal anziehen, verlangt aber ebenso eine offene und lebendige Kultur. In diesem Sinne fungiert Kultur häufig als Standortfaktor, beinhaltet aber gleichfalls das Potential, eine Transformation von innen heraus zu forcieren. Ein Ökosystem der Gastlichkeit könnte als neues Leitbild der integrativen Standort-, Stadt- und Destinationsentwicklung fungieren, indem es die Vernetzung und Kooperation der Akteure über Branchen und administrative Grenzen hinweg fordert – in Kombination mit einer dynamischen Bearbeitung von Bedürfnissen und Trends.

Die abschließende Podiumsdiskussion und die Best Practices II im Replay auf YouTube:https://www.youtube.com/watch?v=YCwDK1AVnlI

Wir danken Tourismus NRW e.V. für die Umsetzung des Fachkongresses, sowie den zahlreichen Expert:innen, die den Kongress mit ihren diversen Perspektiven bereichert haben.