"Wie die Region die Entwicklung (m)eines Unternehmens prägt." - Gründer-Diskussionsrunde im Rahmen der LV Entrepreneurship und Entrepreneurial Management:

Wie wichtig sind die Region und das unternehmerische Umfeld für meine Unternehmensgründung? Wo gründe ich mein Unternehmen am besten? Mit wem gründe ich? Das Zentrum für Entrepreneurship hat zwei erfolgreiche Gründer, Dr. Peter Stiller (printano.de) und Simon Nestmeier (Regiothek) zu Beginn des neuen Jahres zum Gespräch geladen.

Zu Beginn des neuen Jahres hat das Zentrum für Entrepreneurship an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (WFI) der KU nach Ingolstadt zur Diskussionsrunde mit Gründern geladen. Gründungsinteressierte Studierende aus Eichstätt und Ingolstadt aus Bachelor- und Masterstudiengängen folgten aufmerksam den Ausführungen der beiden Gäste Dr. Peter Stiller und Simon Nestmeier. Die Diskussion fand im Rahmen der Lehrveranstaltungen Entrepreneurship (Bachelor) und Entrepreneurial Management & Tourism (Master) statt.

Peter Stiller erinnert sich noch gut an die Zeit, als er selbst im Hörsaal saß. Er war selbst einmal Student an der WFI, allerdings „zu Zeiten in denen die Folien noch per Overheadprojektor an die Wand geworfen wurden.“ Gemeinsam mit seinem Bruder gründete Stiller nach Studium und Promotion in der „Gründerhauptstadt Berlin“ das Unternehmen wunderkarten.de, welches er erfolgreich führte und im Jahr 2015 an ein französisches Unternehmen verkaufte. „Ich habe Berlin sehr genossen, weil ich dort auf engem Raum eine Menge Gründerspirit vorgefunden habe“, schildert Stiller. Der Vorteil von Berlin sei neben relativ günstigen Preisen insbesondere die Nähe zu anderen Gründern, zu qualifizierten Mitarbeitern und zu Dienstleistern. „Auch heute noch sitzt mein Steuerberater in Berlin“, mein Stiller, „denn dieser betreut dort etliche Gründer und weiß, was die Besonderheiten junger Unternehmen sind.“

Simon Nestmeier gründete vor einem Jahr das Unternehmen Regiothek. Gemeinsam mit seinen zwei, wie er sagt, „ITlern“ hat er eines der begehrten EXIST-Gründerstipendien erhalten, womit das Gründerteam für das erste Jahr finanziert wurde. Die Idee, die Regiothek zugrunde liegt, ist, Transparenz über regionale Produkte und Unternehmen herzustellen. Viele lokale Unternehmen nutzen größtenteils regionale Quellen zur Erzeugung ihrer Produkte. Das Angebot von Regiothek ist das Transparentmachen des regionalen Ursprungs von lokalen Anbietern. „Auf unserer Plattform können Kunden dies einfach nachverfolgen. Unternehmen, die unsere Dienstleistung nutzen, können ihre regionalen und nachhaltigen Aktivitäten somit offenlegen und an ihre Kunden kommunizieren“, beschreibt Nestmeier sein Produkt.

Nestmeier gründete sein Unternehmen in Passau, weil er aus Niederbayern kommt und sich die Region für das Vorhaben als ideal erwiesen hat. „In einem großstädtischen Raum, wie zum Beispiel München, könnten wir unsere Geschäftsidee gar nicht verwirklichen, weil wir dort nicht die Anzahl an kleinen, produzierenden Unternehmen hätten”, meint Nestmeier. Gleichzeitig betont er jedoch, dass sein Entwicklungsteam auch an einem anderen Ort sitzen könnte. Er, als kaufmännischer Leiter, muss aber in direkten Kontakt mit den Unternehmern treten. „Gerade in der Anfangsphase muss ich sehr viel Überzeugungsarbeit leisten und direkt vor Ort sein.“ So ist er auf sein Auto angewiesen und besucht regelmäßig neue Unternehmen und Betriebe, um diese für sein Projekt zu gewinnen.

Stiller kam im Jahr 2017 nach Ingolstadt zurück und gründete erneut: Dieses Mal bietet sein Unternehmen printano.de Druckprodukte für Geschäftskunden. „Ich bin zurück nach Ingolstadt gekommen, weil ich mich hier zu Hause fühle und weil ich sehe, dass sich hier eine Gründerszene etabliert.“ Stiller möchte mit seinem jungen Unternehmen dieses Frühjahr ins brigk – das digitale Gründerzentrum der Region Ingolstadt ziehen. „Hier herrschen ideale Bedingungen für meine Unternehmensgründung“, freut sich Stiller. Mit den beiden Hochschulen gibt es genügen junge Leute unter denen er viele potentielle Praktikanten oder Mitarbeiter sieht. „Wir haben hier einen Vorteil, dass wir so ziemlich die ersten sind, die hier als Start-up starten“, findet er und hofft so jungen Talenten eine Alternative zu Praktika in Industrieunternehmen der Region oder Ortswechsel zu Start-ups nach Berlin und anderswo zu ersparen.

Seine Berliner Kontakte nutzt Stiller jedoch nach wie vor. Er hält regelmäßigen Kontakt zu Geschäftsfreunden und tauscht sich auch über die Ferne intensiv mit ihnen aus. „Die Entfernung spielt hier wirklich keine Rolle“, ist Stiller überzeugt. Vielmehr gehe es darum ernsthaft zu kommunizieren und sich die Mühe zu machen, „den Kontakt zu halten“.

Was Nestmeier in Passau fehlt, sind andere erfolgreiche Jung-Unternehmen. Vor einigen Jahren wurde das Müsli-Start-up mymuesli in Passau gegründet und hat von dort aus eine beeindruckende Erfolgsgeschichte geschrieben. Nun fehlt es jedoch an weiteren Gründern und einer vitalen Gründerszene. „Die wirklich guten Unternehmen in Passau kann man an einer Hand abzählen“, konstatiert Nestmeier. Ob er dann nicht in eine andere Stadt ziehen wolle, wird im Rahmen der Diskussion gefragt. „Nein, dann fehlt mir ja die Nähe zu meinen Kunden. Das würde nicht funktionieren“, schließt Nestmeier.

Einig sind sich beide Gründer, dass der Lebensstil als Unternehmer ein ganz besonderer ist. „Wenn man als Gründer am Abend zurückschaut, weiß man, was man alles geschafft hat. Nur verbrennen darf man sich nicht,“ warnt Stiller. Man müsse unbedingt auf ein ausgeglichenes Arbeitsleben achten. Zum Glück finden sich in der Umgebung von Passau oder Ingolstadt genügend Angebote zur Erholung vom intensiven Gründeralltag.

 

Weitere Informationen zu den Unternehmen und den Gründern:

www.printano.de

www.regiothek.de