Zuerst Lebensraum-Marketing, dann erst Tourismus-Marketing: Eichstätt geht neue Wege

Als Kooperationsprojekt der Stadt Eichstätt mit dem Lehrstuhl Tourismus der KU ist im vergangenen Jahr der Tourismuskonvent ins Leben gerufen worden, um gemeinsam mit der Stadt und der Bevölkerung touristische Potenziale zu identifizieren. Die Ergebnisse dieses befristet eingerichteten Gremiums, an dem 17 Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche, Politik, Universität, Gewerbetreibenden sowie der Bürgerschaft beteiligt waren, sind nun am Montag im neu konstituierten Ausschuss für Kultur, Freizeit und Fremdenverkehr des Eichstätter Stadtrates präsentiert worden.

„Der Tourismuskonvent möchte mit seinen Überlegungen und Ansatzpunkten inspirieren sowie zu einem Perspektivwechsel ermutigen“, betont Prof. Dr. Harald Pechlaner, der als Inhaber des Lehrstuhls Tourismus mit seinem Team die Arbeit des Gremiums moderierte. Dabei gehe es nicht nur um den Blick von außen auf die Stadt, sondern auch die Wahrnehmung Eichstätts durch die Einheimischen. „Sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Gäste sollen sich auch künftig hier wohl fühlen.“

Diese Aussage unterstreicht Eichstätts Oberbürgermeister Josef Grienberger: „Tourismusentwicklung sollte immer auch eine Verbesserung der Lebensqualität zum Ziel haben, die allen zugutekommt. Somit sind die Ergebnisse des Tourismuskonvents ein wichtiger Impuls für den weiteren Prozess der strategischen Stadtentwicklung.“

„Die Katholische Universität und die Stadt Eichstätt haben seit jeher gegenseitig von ihrer jeweiligen Entwicklung profitiert. Wie verstehen uns als Universität in der Region, die auch im eigenen Interesse an deren Gestaltung mitwirken möchte – wie etwa durch die Expertise unseres Lehrstuhls Tourismus“, so KU-Präsidentin Prof. Dr. Gabriele Gien.

Besonderes Anliegen des Tourismuskonventes war es, eine breite Bürgerbeteiligung zu gewährleisten – zum einen durch die Zusammensetzung des Gremiums, zum anderen auch durch eine Online-Befragung zu Aspekten der Tourismusentwicklung, an der sich rund 150 Eichstätterinnen und Eichstätter beteiligten. Ausgewählte Ergebnisse und Handlungsempfehlungen finden sich nun in einer eigens erstellten Broschüre des Tourismuskonvents, die bei der Sitzung des Ausschusses vorgestellt wurde. „Es gibt eine Fülle an Themen, Aspekten und Adjektiven die der Stadt und der Region von den Konventteilnehmern und Bürgern Eichstätts zugeschrieben werden: Flair, Entschleunigung, Natur oder Design sind nur einige davon. Besonders herausragend für Eichstätt ist sicherlich die Altmühl als Lebensraum, die Möglichkeiten zur aktiven Erholung bietet, oder der Erholungswert, der mit der Naturnähe, zahlreichen Rad und Wanderwegen und der Entschleunigung der Stadt einhergeht. Auch die tiefe Verwurzelung der Kirche sowie die einzigartige Universität prägen das Leben in Eichstätt besonders“, heißt es in der Publikation. Generell biete die Stadt eine exzellente Grundlage für ein innovatives Unternehmertum in Gastronomie und Einzelhandel, indem nicht nur attraktive Produkte und Dienstleistungen geschaffen, sondern diese mit der Atmosphäre der Stadt geschickt verbunden würden.
Dach und zugleich Fundament für Eichstätt und seine Lebensräume sei die Kultur: „Echter Tourismus ist gelebte Gastfreundschaft, und diese wiederum hat viel mit Kultur zu tun. Somit ist Tourismus auch Teil der kulturellen Entwicklung eines Ortes“, so Pechlaner. Das Spannungsfeld von handwerklicher Tradition und Kunst sei eine einzigartige Kernkompetenz Eichstätts. Kulturschaffende verschiedenster Bereiche stünden für ein buntes und vielfältiges Eichstätt.

Aus den vielen Attraktionspunkten, die die Stadt zu bieten hat, wurden exemplarisch vom Tourismuskonvent fünf sogenannte Gestaltungsräume abgeleitet. Jeder für sich steht in gewisser Weise sinnbildlich für Eichstätt und verkörpert die Stadt – nach innen und außen. Zum einen der Gestaltungsraum „Spiritualität und Kraft“, der geprägt wird von der Vielzahl an Kirchen und Ruhezonen. Im Sinne des Sprichwortes „In der Ruhe liegt die Kraft“ könne sich Eichstätt als entschleunigte Slow City positionieren. Dazu schlägt der Tourismuskonvent unter anderem vor, bislang verborgene Gärten oder Innenhöfe zeitweise für Besucher zu öffnen, das Angebot an Stadtführungen mit geheimnisvollen Geschichten zu erweitern sowie den Aspekt „Sinnsuche im Urlaub“ für touristische Angebote noch stärker zu nutzen.
Zudem wird dafür plädiert, die Architektur der Stadt intensiver als Gestaltungsraum zu nutzen – vom Jurahaus bis hin zu Gebäuden von barocken und zeitgenössischen Architekten: „Eichstätt hat das Zeug, eine der herausragendsten Destinationen für Architekturtourismus in Mitteleuropa zu werden.“

Als dritten Gestaltungsraum benennt der Tourismuskonvent „Orte der Weisheit“ – etwa die Universität oder das Priesterseminar. Solche Orte könnten mit Fort- und Weiterbildungsangeboten aufwarten, die durch ihre Qualität und Vielfalt das Potenzial haben, neue Zielgruppen anzusprechen. Hierfür sei eine Zusammenführung bestehender Veranstaltungskalender sowie die Koordination der Informationsangebote erforderlich.

Symbolhaft für Eichstätt als „Slow City“ stehe die Altmühl als vierter Gestaltungsspielraum. Sie sei ein Ort der Ruhe, aber auch der Freizeitaktivitäten. Um sowohl Gästen als auch Einheimischen das Naherholungsgebiet vor der Haustüre wieder näher zu bringen, wird vorgeschlagen, die Zugänge zur Altmühl zu erleichtern, einen „Altmühl-Beach“ mit gastronomischen Angeboten zu etablieren und weitere erlebnisreiche Angebote am Fluss zu entwickeln.
Als Teil des Naturparks Altmühltal biete Eichstätt zudem ein großes Potenzial für Outdoor-Enthusiasten. Der fünfte Gestaltungsraum „Aktiv und Gesund“ entfalte sich in einer großartigen Landschaft als Lernort für den Umgang des Menschen mit der Natur und Fragen der Ökologie. Eichstätt und das Altmühltal könnten gewissermaßen als Labor für eine neue Art von nachhaltigem Tourismus dienen. Voraussetzung dafür seien unter anderem die Pflege und der Ausbau von Rad- und Wanderwegen sowie eine stärkere Bekanntheit alternativer Routen. Zudem biete sich eine Verknüpfung mit dem Bereich „Spiritualität und Kraft“ an.

„Die strategischen Ansätze und Ideen des Tourismuskonvents treffen wunderbar den Charakter Eichstätts und bieten uns eine sehr gute Grundlage zur Entwicklung weiterführender Konzepte und Angebote für Gäste und Einheimische“, freut sich der Leiter der städtischen Tourist – Information, Lars Bender.


Die Broschüre „Neue Perspektiven – Gemeinsam für Eichstätt“ mit den Überlegungen des Tourismuskonvents ist online verfügbar unter www.eichstaett.de/zukunft oder hier direkt abrufbar.

Quelle: Schulte Strathaus / upd