"... dass die Erneuerung des Gottesdienstes weiterhin im Blick bleibt" - Liturgiereform und Bistum

Was die Liturgiekonstitution vor 50 Jahren wollte – und was bis heute erreicht wurde - Beitrag von Dr. Florian Kluger von der Professur für Liturgiewissenschaft in der Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt über die Ergebnisse eines Forschungsprojektes zur Liturgiereform.

„Das Heilige Konzil hat sich zum Ziel gesetzt, das christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen, die dem Wechsel unterworfenen Einrichtungen den Notwendigkeiten unseres Zeitalters besser anzupassen … Darum hält es das Konzil auch in besonderer Weise für seine Aufgabe, sich um Erneuerung und Pflege der Liturgie zu sorgen“, heißt es programmatisch gleich zu Beginn der Liturgiekonstitution „Sacrosanctum Concilium“ des Zweiten Vatikanischen Konzils. Vor 50 Jahren wurde dieses Grundsatzdokument in Rom verabschiedet. Es stieß eine umfassende Reform des gottesdienstlichen Lebens der katholischen Kirche an, die bis in die kleinste Gemeinde hinein spürbar wurde. Eine solche Reform konnte nicht allein von den römischen Behörden durchgesetzt werden. Der Eichstätter Liturgiewissenschaftler Professor Jürgen Bärsch hat daher zusammen mit seinem Münchener Kollegen, Professor Winfried Haunerland, ein Projekt zur Erforschung der Liturgiereform gestartet.

„Wie wurde die Liturgiereform vor Ort umgesetzt?“, lautete die Ausgangsfrage der beiden Liturgiewissenschaftler. Zusammen mit anderen Forschern untersuchten sie diese Prozesse zunächst beispielhaft in Pfarreien des deutschen Sprachgebietes. Die Ergebnisse wurden bereits 2010 veröffentlicht. Nun standen die Bistümer im Fokus. Die Reformarbeit sollte in der Fläche nachgezeichnet werden. „Uns haben die Personen interessiert, die maßgeblich an der Reform mitgewirkt haben. Und die Voraussetzungen, die dieses Engagement ermöglicht oder gehemmt haben“, erläutert Bärsch. Die Wissenschaftler untersuchten nicht nur deutsche Bistümer: „Wir wollten den Blick über den Tellerrand hinaus werfen“, macht Haunerland deutlich und verweist auf die Studien zu Bistümern in Österreich, in der Schweiz, in den Niederlanden, in Polen und in Chile.

Jürgen Bärsch hat das Bistum Eichstätt unter die Lupe genommen: „Auch an diesem Bistum im Herzen Bayerns ist das Großereignis der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert, das Zweite Vatikanische Konzil, keineswegs spurlos vorübergegangen“, hält er fest. Vieles war laut Bärsch vorbereitet. Pioniere wie Pfarrer Johannes Kraus, der über die katholische Jugendbewegung mit der Liturgischen Bewegung in Kontakt gekommen war, leisteten wichtige Grundlagenarbeit. Kraus im Umfeld des Domes: als Kaplan, Pfarrer und Domkapitular. Andere vereinzelt in den Gemeinden des Bistums. Später wurden auch auf breiterer Ebene einzelne Versuche unternommen, die Reform zu begleiten und für die Pfarreien fruchtbar zu machen. Beispielsweise durch Berichte in der Kirchenzeitung oder durch Predigten von Bischof Schröffer. Kirchenmusikalische Impulse gingen vom langjährigen Domorganisten Wolfram Menschick aus. Ein wichtiges Feld war auch die liturgische Ausbildung. Der damalige Subregens Ludwig Rug hat über viele Jahre hinweg die Seelsorger geprägt. „Solche Leute haben wesentlich dazu beigetragen, dass sich die erneuerte Liturgie im Bistum beheimaten konnte“, erklärt Bärsch. Der Liturgiewissenschaftler gibt jedoch zu bedenken: „Wir wissen nicht, auf welchen Boden diese Bemühungen gefallen sind.“ Er wünscht sich daher weitere Untersuchungen für einzelne Pfarreien.

Winfried Haunerland sieht zwischen den verschiedenen untersuchten Bistümern Parallelen: „Die amtlichen Vorgaben wurden relativ einheitlich in den Bistümern übernommen“, resümiert der Münchener Liturgiewissenschaftler. Unterschiede bestünden vor allem in der Intensität der Begleitung. Auch die finanziellen Möglichkeiten der Diözesen spielten eine Rolle. In Ländern wie Polen oder Chile führten geringere Finanzmittel auch zu einer veränderten Umsetzung der Reform. Gewiss sei auch die Mentalität eine andere als im deutschsprachigen Raum. Insgesamt ist für Bärsch und Haunerland die Liturgiereform kein abgeschlossenes Kapitel in der Geschichte der Kirche: „Wenn die Kirche zu jeder Zeit reformbedürftig ist, damit sie ihren Auftrag erfüllen kann, dann ist es auch der Gottesdienst der Kirche“, sind sich die beiden einig. „Wir hoffen, dass unsere Forschungen dazu beitragen, dass die Erneuerung des Gottesdienstes weiterhin im Blick bleibt und dass auch in Zeiten des Umbruchs die Liturgie Quelle und Höhepunkt im Leben der Kirche bleibt.“

Die positiven Impulse im gottesdienstlichen Leben katholischer Pfarrgemeinden, die von
der Liturgiekonstitution ausgingen, stellt Prof. Dr. Jürgen Bärsch am 16. November in einer Tagesveranstaltung im Bistumshaus Schloss Hirschberg vor. Anschließend wird das Thema in Workshops praxisnah behandelt. Infos unter Tel. 08421/50-294, E-Mail: „liturgie(at)bistum-eichstaett.de“.

[Veröffentlicht unter: Florian Kluger, "Das christliche Leben vertiefen". Was die Liturgiekonstitution vor 50 Jahren wollte – und was bis heute erreicht wurde, in: Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt Nr. 45 vom 10. November 2013, 13.]


Literatur zur Forschungsprojekt:

Liturgiereform und Bistum. Gottesdienstliche Erneuerung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, hg. v. Jürgen Bärsch / Winfried Haunerland unter Mitarb. v. Florian Kluger (Studien zur Pastoralliturgie 36), Regensburg 2013: Pustet. ca. 580 S. –  ISBN :  978-3-7917-2542-0 | ca. 58,00 Euro