Sturmgeschütz des Heiligen Vaters

„Intelligenter Journalismus fängt an, wo die Mehrheitsmeinung nicht meine ist.“ Im Journalistischen Kolloquium spricht Spiegel-Autor Matthias Matussek über die Verteidigung des eigenen Standpunkts im Spannungsfeld zwischen Journalismus und Glaube.

„Das Ehrlichste ist, dem Publikum zu sagen, wo man steht.“ Bei Matthias Matussek ist der Standpunkt klar: katholisch. Und den verteidigt er mit jedem journalistischen Beitrag zum Themenkreis Religion. So berichtet er beispielsweise in seinem Videoblog begeistert über die Papstreise nach Madrid. Beim Spiegel, der sich einst als "Sturmgeschütz der Demokratie" verstand, waren darüber jedoch nicht alle begeistert: „Dafür musste ich mich in der Montagskonferenz stark verteidigen. Es gab böse Einwürfe. Kollegen wurden laut und ich dann auch, aber solche Kontroversen gehören nun mal dazu.“ Besonders wichtig ist Matthias Matussek, seinen Standpunkt nicht zu wechseln. „In meiner Redaktion nimmt man mal die eine Position ein, mal die andere. Ich mag das nicht. Mir sind Überzeugungstäter lieber.“

Der Journalismus habe eine große Macht, könne aber auch eine große Gefahr sein. Trotzdem will  Matussek die journalistische Arbeit nicht missen. „Ohne den Journalismus hätte ich nicht Clint Eastwood kennengelernt, wäre nicht im Urwald gewesen und vieles mehr.“
Der konservative Katholik Matussek schreibt neben der Arbeit als Spiegel-Redakteur und Video-Blogger auch Bücher. Sein drittes, „Das katholische Abenteuer“, sorgte im Spiegel-Verlag für Ärger. Der Verlag erklärte sich zwar bereit, das Buch zu verlegen, „da kannten sie das Manuskript aber noch nicht“, sagt er und lächelt. „Als sie es bekamen, gab es sehr viel Stress.“ Ein Unterstützer des Papstes schreibt ein Buch über seinen Glauben. Und dafür muss der Verlag des kirchenkritischen Spiegels auch noch Werbeanzeigen schalten. „Tja, so stand das im Vertrag“, meint Matussek und grinst.

Während seines Vortrags redet Matussek über vieles, was momentan in der Kirche seiner Meinung nach falsch läuft: Über Verweltlichung, über schlecht ausgebildete Geistliche, die Holztauben als Versinnbildlichung des Heiligen Geistes durch Kirchen fliegen lassen und die Messe als Event. Matussek teilt dabei die Meinung des Papstes: Tausend Jahre alte Rituale sollten nicht abgeschafft werden, weil den Deutschen, die nur zwei Prozent der Weltkirche ausmachen, gerade nach Reformen ist. „Heutzutage ist es mutiger, kein Reformer zu sein. Nicht alles mitzumachen. Ich finde den Papst unheimlich mutig und stark.“

Als am Ende Fragen gestellt werden, fragt Journalistik-Studentin Katrin Schmermund: „Sie machen ganz klar subjektiven Journalismus. Ist es nicht schwer für den Leser, sich bei diesem Meinungsjournalismus, noch eine eigene Meinung zu bilden?“ „Ich gebe Ihnen Recht, Meinungsjournalismus ist manchmal sehr aufdringlich. Aber der Journalismus ist nun mal ein Tummelplatz der Eitelkeiten. Jeder will, dass seine Meinung gehört wird. Der Journalismus ist schon zu großen Teilen Showbusiness und Entertainment,. Da muss man aufpassen, dass es nicht zu sehr abrutscht.“