3 Fragen - 3 Antworten: Briefkastenfirmen

Nach den Enthüllungen zu fragwürdigen Geschäften mit Briefkastenfirmen hat zwischenzeitlich Islands Premier seinen Hut genommen und er wird vermutlich nicht der letzte Prominente gewesen sein, der durch die Enthüllungen rund um die "Panama Papers" unter Druck gerät. Wir haben mit Prof. Dr. Reinald Koch, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, über Briefkastenfirmen gesprochen.

Herr Professor Koch, derzeit ist viel zu lesen über sogenannte "Briefkastenfirma", die von hochrangigen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens  genutzt wurden, um Steuern zu sparen. Gibt es auch legale und legitime Gründe, um eine solche Firma zu führen?

Gründet ein Investor eine Kapitalgesellschaft im Ausland, ist hiermit regelmäßig verbunden, dass das Besteuerungsrecht an den Investitionsgewinnen auf das Ausland übergeht. Dieses ist vom Ansässigkeitsstaat des Investors zumindest solange zu akzeptieren, als es – neben dem Ziel der Steuervermeidung – sonstige wirtschaftlich oder sonst beachtliche Gründe für die Einschaltung dieser Auslandsgesellschaft gibt. Hieran mangelt es bei einer klassischen Briefkastengesellschaft ohne Geschäftsräume, Telefonanschluss oder Personal allerdings regelmäßig. Neben dem Ziel der Steuervermeidung werden Briefkastenfirmen teilweise auch gegründet, um Eigentumsverhältnisse zu anonymisieren. Ob dieses Motiv in der Mehrzahl der Fälle einen legalen und legitimen Hintergrund hat, bleibt dahingestellt. Dieses gilt allerdings so möglicherweise nicht für Länder wie beispielsweise China oder die Ukraine, wie jüngst auch der neue Präsident des Ifo-Instituts Clemens Fuest klarstellte. Hier mag ein legitimes Interesse bestehen, sich durch derartige Gestaltungen vor einer drohenden Enteignung zu schützen.

 

Fallen die steuerlichen Verluste durch Briefkastenfirmen stark ins Gewicht oder geht es in der derzeit laufenden Diskussion eher um die Frage von Ehrlichkeit und Gerechtigkeit?

Diese Frage ist schwer zu beantworten. Klar ist, dass derartige Berichte mit einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu Ehrlichkeit, Gerechtigkeit und Steuermoral verbunden sind. Dieser Diskussion ist die Gefahr immanent, dass Steuerehrlichkeit mit „Steuerdummheit“ gleichgesetzt wird und Steuerbetrug im Kleinen zum Kavaliersdelikt verkommt. Die aufkommensmäßige Bedeutung derartiger Gestaltungen ist aufgrund der fehlenden Offenlegung bei den Steuerbehörden hingegen unbekannt und mit wissenschaftlichen Methoden nicht sinnvoll abzuschätzen. Dieses gilt übrigens in abgeschwächter Form auch für die legale Steuervermeidung multinationaler Konzerne, die in der jüngeren Vergangenheit ebenfalls in den Fokus öffentlicher Diskussionen gerückt ist.   

 

Wie sollten Staaten künftig mit solchen Geschäftskonstruktionen umgehen?

Der rechtliche Rahmen für eine sachgerechte steuerliche Behandlung derartiger Konstruktionen besteht bereits. Deutschland erfasst die Einkünfte aus Briefkastenfirmen ohne wirtschaftliche oder sonst beachtliche Motive als missbräuchliche Gestaltung im Rahmen der inländischen Besteuerung. Das eigentliche Problem besteht für die Steuerbehörden allerdings darin, Kenntnis über entsprechende Transaktionen zu erlangen. Hier kann nur ein grenzüberschreitender Informationsaustausch der Steuerbehörden weiterhelfen. Ein entsprechender Meldestandard wurde von der OECD entwickelt und tritt 2017 in Kraft, was die Hoffnung für eine zukünftig weitreichendere Aufdeckung nährt.