3 Fragen - 3 Antworten: <br>"Laudato Sí"

Der Friedenspreisträger und ehemalige DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer war an der KU zu Gast im Rahmen eines Verbundprojekts, das sich mit den Impulsen der Enzyklika "Laudato Sí" befasst. Als evangelischer Theologe hat sich Schorlemmer in seinem nun erschienenen Buch mit dem päpstlichen Schreiben befasst.

1. Welche Bedeutung schreiben Sie als evangelischer Theologe der Enzyklika von Papst Franziskus zu?

„Ich kann mich nicht erinnern, dass jemand der nicht katholisch ist und nicht fachlich damit zu tun hat, jemals eine Enzyklika eines Papstes gelesen hätte. Diese Enzyklika wird von Menschen gelesen, die sich einen Kopf darüber machen, was aus unserer Welt wird. Papst Franziskus sagt, wie es ist und wie es werden könnte. Er sagt es in einer bildhaften und überzeugenden Sprache, für die man nicht Theologie studiert haben muss. Die Enzyklika ist ein kirchengeschichtliches Ereignis, weil der Papst nirgendwo darauf besteht, dass es nur eine katholische Botschaft ist. Es ist eine christliche Botschaft, denn wir leben in einer Welt, die gefährdet ist. Für diese Welt können wir aus Liebe und Sorge um das Leben noch einiges tun.“

2. Alois Glück (ehem. Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken) lobte die Worte des Papstes und wies darauf hin, dass es nicht mehr reichen würde, Gemeinwohl nur für unser eigenes Leben zu bedenken. Haben wir zu selten das "Weltgemeinwohl" im Blick und achten wir zu oft nur auf uns selbst?

„Es geht nicht nur darum, wie gut oder schlecht es uns selbst geht. Wir sollten auch schauen, wie viel Ungerechtigkeit es in der Welt da draußen gibt. Millionen von Menschen sind in der heutigen Zeit vor Bürgerkriegen auf der Flucht. Wir verkaufen im Textilhandel Klamotten, die in Bangladesch unter schrecklichsten Bedingungen produziert werden. Wir fragen uns nicht, ob es den Menschen dabei gut geht. Aber: Die Sorge um uns ist nur dann christlich zu verantworten, wenn wir uns gleichzeitig auch sorgen, wie schlecht es anderen Menschen geht und wie weit wir daran beteiligt sind. Wir sind verhaltensbiologisch so konstruiert, dass wir zuerst an uns selbst denken, bis wir spüren, dass es richtig glücklich macht,andere glücklich zu machen. Oder - biblisch gesprochen - barmherzig zu sein und Barmherzigkeit zu erfahren, lässt unser Leben gelingen.““

3. Welche Perspektiven, besonders religionsübergreifend, können Sie aus der Enzyklika des Papstes ableiten? Kann diese etwas bewegen?

„ Die Worte des Papstes bewegen tatsächlich nur dann etwas, wenn wir uns bewegen lassen. Wir sollten uns gemeinsam stärker für diese wunderbare Schöpfung einsetzen und wieder für mehr Gerechtigkeit auf der Welt sorgen. Die drohenden Gefahren sind bei uns noch nicht so wirklich angekommen. Deshalb ist es gerade wichtig, dass diese Enzyklika für alle Menschen bestimmt ist. Sie macht deutlich, dass die Religion für unser Verhalten im positiven Sinne bedeutend sein kann. Sie ist eine Einladung an Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft, dass wir uns miteinander freuen, dass wir miteinander dankbar sind und dass wir uns fragen, wie unsere Fürsorge für die Welt aussehen kann. Also wie aus unserer Sorge endlich eine Fürsorge für die Welt wird.“