Abschluss der Vortragsreihe bietet Ausblicke: Kann man Zukunft gestalten?

„Das Beste kommt zuletzt,“ freut sich Professor Harald Pechlaner, und kündigt damit den Vortrag von Markku Wilenius aus Finnland an. Der Professor für Zukunftsforschung an der Universität von Turku ist einer der Pioniere seines Fachgebietes. Er ist zu Gast an der jüngsten Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, deren Leiter Pechlaner ist.

Die erst 2023 gegründete School of Transformation and Sustainability (STS) hat in den letzten Monaten gemeinsam mit der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät in Ingolstadt (WFI) ein umfangreiches interdisziplinäres Vortragsprogramm auf die Beine gestellt, das nun mit einem Höhepunkt endet. Dieser gibt zugleich einen Ausblick auf die zukünftige Arbeit der STS.

Finnland ist eines der ersten Länder, in denen ein parlamentarisches Zukunftskomitee eingerichtet wurde. Dieses analysiert in enger Abstimmung mit einem universitären Netzwerk sowohl die erwartbare als auch die gewünschte Zukunft. Die Ergebnisse fließen in die politische Arbeit ein. Ein innovativer Ansatz, der auch für andere Länder Schule machen könnte. Wilenius kann also einen umfassenden Einblick in die Entstehung, Entwicklung und die Chancen der Zukunftsforschung geben, die sich stets an Fragen nachhaltiger Entwicklung ausrichtet.

Der Vortrag von Markku Wilenius findet im Rahmen eines ERASMUS-Austausches am Donnerstag, 9. Januar 2025, von 9 bis 18 Uhr in Ingolstadt statt. Interessierte, auch außerhalb der Universität, können sich unter natalie.hofstetter(at)ku.de registrieren.

Studierende im Zukunftsmuseum Nürnberg
Studierende der KU im Zukunftsmuseum Nürnberg

Für die STS ist die internationale Diskussion zur Zukunftsforschung zentral. Hier können sich Transformations- und Nachhaltigkeitswissenschaften im Zusammenspiel verschiedener Disziplinen mit unterschiedlichen methodischen Zugängen auseinandersetzen. Die STS legt großen Wert auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Fakultäten. „Futures Studies“ können helfen, unterschiedliche Fächer und Methoden zusammenzubringen. Im zurückliegenden Vortragsprogramm war neben der Zusammenarbeit mit der WFI - Prof. Dr. André Habisch hat die Ringvorlesung mit organisiert – auch der Austausch mit geisteswissenschaftlichen Zugängen wichtig.

Studierende unterhalten sich mit AMECA
Studierende unterhalten sich mit dem ChatGPT-basierten Kommunikationsroboter AMECA

Im Dezember besuchten Professor Pechlaner und Professorin Isabelle Stauffer, Inhaberin der Professur für Neuere deutsche Literaturwissenschaft, gemeinsam mit Studierenden das Zukunftsmuseum in Nürnberg, eine Zweigstelle des Deutschen Museums. Hier konnten sich die Studierenden mit den Themenbereichen Arbeit & Alltag, Körper & Geist, System Stadt, System Erde sowie Raum & Zeit auseinandersetzen. Sie unterhielten sich beispielsweise mit dem ChatGPT-basierten Kommunikationsroboter AMECA. AMECA kann menschliche Mimik zeigen, antwortet höflich und meist kompetent. Mobilitätsfragen sind insbesondere für die überlasteten Verkehrssysteme von Städten relevant. Als eine mögliche Antwort nimmt das selbstfahrende Auto bereits heute Gestalt an. Im Fahrsimulator des Museums kann man die eigenen Fahrfähigkeiten mit denjenigen einer KI vergleichen. Bei einer „Denktour“ konnten die Studierenden schließlich die Therapieroboter-Robbe Paro aus Japan kennenlernen. Diese wird in der Pflege Demenzkranker eingesetzt, die ihn wie ein Haustier erleben und dadurch aktiviert werden können. Auf diese Weise hatten die Studierenden die Gelegenheit, Zukunftsvisionen konkret zu erleben und diese Erfahrung mit in die wissenschaftliche Auseinandersetzung zu nehmen.

Pechlaner sieht in der wissenschaftlichen Beschäftigung eine wichtige Antwort auf die Fragen unserer Zeit. „Wir leben in gefühlt unsicheren Zeiten: Polykrisen wie die Klimakatastrophe, der demographische Wandel oder Wirtschaftskrisen und Kriege - all das schafft Unsicherheit und macht den Menschen Angst.“ Zukunftsstudien beschäftigen sich daher auch mit der Verbindung von Nachhaltigkeit und Resilienz. Diese geht der Frage nach, wie eine Gesellschaft, ein Unternehmen oder eine Organisation die großen Veränderungen in Chancen verwandeln kann. Es geht nicht nur darum Krisen zu bewältigen, sondern es geht darum, Ungewissheit mit Risikokompetenz zu begegnen. Die Beschäftigung mit Szenarien und Zukünften kann ein Weg dazu sein. Um die Menschen hier mitzunehmen, ist es wichtig, Bilder und Narrative zu entwickeln sowie sich mit Utopien und Dystopien gleichermaßen zu beschäftigen.

Die Zukunftsforschung ist nicht neu, nimmt aktuell jedoch Fahrt auf. Die Diskussion zur Entwicklung entsprechender wissenschaftlicher Methoden ist zentral. „Futures Studies“ kommen ursprünglich aus einer Diskussion zur Endlichkeit der Ressourcen. „Wie sieht das Wirtschaftssystem, die Mobilität, das Politiksystem der Zukunft aus? Das alles hängt davon ab, wie wir die Frage beantworten, wie wir zukünftig leben wollen,“ erläutert Pechlaner.  Viele Veränderungen sind bereits im Gang. „Wir wissen, dass ein System zu Ende geht. Wir wissen aber noch nicht, wie das zukünftige System aussehen wird. Dies ist die Ausgangslage der Zukunftsstudien.“