An die Hand nehmen und dennoch laufen lassen

Mehr als 5000 Studierende sind derzeit an der KU eingeschrieben. Jede Studentin und jeder Student bringt eigene Motive, Erfahrungen und Biographien mit ins erste Semester. Wie können Dozierende dieser Vielfalt gerecht werden, neue Studierende beim Start unterstützen und die Heterogenität positiv nutzen? Der Tag der Hochschullehre an der KU hat nun solche Fragen speziell rund um die Studieneingangsphase reflektiert. Den Impulsvortrag hielt Prof. Dr. Taiga Brahm, Inhaberin des Lehrstuhls für Ökonomische Bildung und Wirtschaftsdidaktik an der Universität Tübingen.

Freiräume zur weiteren Entfaltung dieser persönlichen Hintergründe bietet die Katholische Universität unter anderem mit dem Programm „Studium.Pro“, das – wie Koordinator Dr. Michael Winklmann schilderte – mittlerweile in nahezu allen Studiengängen der KU implementiert ist. Studierende absolvieren dabei einen verbindlichen Anteil an Lehrveranstaltungen aus einem Pool an rund 40 Modulen, die fachübergreifend auf das Arbeitsleben vorbereiten, zum Diskurs anregen oder gesellschaftliches Engagement fördern. Durch das Aufgreifen gesellschaftlich drängender Themen in Forschung und Lehre sowie durch Unterstützung von Persönlichkeitsbildung soll das Bildungsverständnis an der KU so dem ganzen Menschen gerecht werden.

Insbesondere der Bereich Service Learning, das gesellschaftliche Engagement mit wissenschaftlicher Reflektion verknüpft, wird künftig verstärkt Gegenstand von Fortbildungsangeboten für Dozierende sein. In diesem Zusammenhang präsentierte Marina Fleck von der Stabsabteilung für Personalentwicklung und Weiterbildung das bayernweite Projekt Quadis („Qualität digital gestützter Lehre an bayerischen Hochschulen steigern“). Ein Schwerpunkt soll dabei die Vermittlung von Expertise für das sogenannte Blended Learning sein, das digitale Lehre mit Präsenzlehre gezielt verknüpft. Auch im Hinblick auf neue Studierende biete dieses Wechselspiel von synchroner und asynchroner Lehre viel Potenzial: „Blended Learning reißt viele Barrieren ein und bietet die Möglichkeit, den Lernenden besser gerecht zu werden.“ So können etwa Studiengruppen online im eigenen Tempo Inhalte erarbeiten, die dann im Dialog vor Ort weiter reflektiert werden.

Brahm
Prof. Dr. Taiga Brahm

Aus wissenschaftlicher Perspektive berichtete Prof. Dr. Taiga Brahm, Inhaberin des Lehrstuhls für Ökonomische Bildung und Wirtschaftsdidaktik an der Universität Tübingen, über Heterogenität speziell in der Studieneingangsphase. Die Forschung zeige, dass – unabhängig vom Lebensbereich – ein Übergang charakteristisch mit einer Hochphase beginne, der dann eine Talsohle mit Verunsicherung und Ernüchterung folge. „Es gehört zwar dazu, in solchen Lebensabschnitten bestimmte Konflikte zu erleben und auszutragen. Fehlende Zufriedenheit fällt jedoch auch mit fehlender Motivation zusammen. Hier ist es an den Hochschulschulen wichtig, Unterstützung und Orientierung zu bieten“, betont Brahm. Komplex dabei sei es, dass es sich bei dem Übergang nicht um eine lineare Veränderung, sondern um einen Prozess handele, der individuell sehr unterschiedlich ablaufe und wahrgenommen werde. Gerade die Studieneingangsphase zeichne sich durch eine Verdichtung von Anforderungen aus, die eine Haltung erfordere, Veränderung aktiv mitzugestalten. Auch die Motive für ein Studium seien sehr unterschiedlich – von der möglichst zügigen Berufsvorbereitung bis hin zur bewusst gestalteten Lebensphase, wie eine eigenen Studie Brahms an der Universität St. Gallen zeigte. Dabei identifiziete sich auch verschiedene Gruppen, die unterschiedlich mit der Ungewissheit des Übergangs umgehen – von hochmotivierten und gelassenen Studierenden bis hin zu demotivierten und eher ängstlichen Kommilitoninnen und Kommilitonen. „Gerade auf der Ebene der direkten Interaktion zwischen Studierenden und Dozierenden lässt sich Heterogenität jedoch auch nutzen, indem man ihr Raum gibt – etwa durch alternative Möglichkeiten, Prüfungsleistungen zu erbringen“, plädierte Brahm.

Anknüpfend an den Impulsvortrag ging ein Workshop von Dr. Ulrike Brok (Stabsabteilung Bildungsinnovation und Weiterbildung) und Dr. Jennifer Dobschenzki (Leitung Stabsstelle Personalentwicklung und Weiterbildung) der Frage nach, welche Kompetenzen man überhaupt vermitteln wolle bzw. welche Rolle Dozierende dabei einnehmen. Die Teilnehmenden kamen zu dem Schluss, dass Dozierende – nicht nur, aber besonders im Hinblick auf den Studienbeginn – ein breites Gefühl der Selbstwirksamkeit für ihre Studierenden erfahrbar machen sollten. Es gelte, mit den Studierenden ihre Erwartungen bewusst zu reflektieren, sie an die Hand zu nehmen und ihnen gleichzeitig Zutrauen zu vermitteln.

In diesem Workshop sowie einem weiteren von Tom Sporer (Leiter Stabsabteilung Bildungsinnovation und Wissenstransfer) und Michael Wihlenda (Weltethos-Institut, Universität Tübingen) mit Studierenden rund um Fragen des studentischen Engagements wurde betont, wie wichtig die Vermittlung von Resilienz und der Umgang mit Unsicherheit in einer sich schnell wandelnden Welt seien. Es gelte, auch das Studium selbst als Engagement zu betrachten und nicht nur als Prozess, den man zwangsläufig ableisten müsse. Engagement könne als Integrationspraxis ins Leben hinein gesehen werden, um auch im Studium anzukommen und eine Stabilität zu finden.

Wie vielfältig dieses Engagement an der KU ist, schilderten für den Studentischen Konvents dessen Vorsitzende Miriam Gradl sowie Kilian Beck. Der Kontakt zu Gruppierungen vom Kulturreferat des Konvents bis hin zu politischen Hochschulgruppen erleichtere, wie die Erfahrung zeige, das Ankommen an der Universität, um neue Kontakte und Freundschaften zu knüpfen. Gerade das Restart-Festival, das der Konvent im vergangenen Oktober zum Start des Wintersemesters auf die Beine gestellt hatte, habe eine so gute Resonanz erfahren, dass man sich eine Verstetigung dieses Formates wünschen würde – verbunden mit dem Appell, noch mehr Raum für persönliche Begegnung und Feiern in Eichstätt zu schaffen.