Archäologische Erforschung der kulturellen Vielfalt in Italien

Während die Etrusker zu den bekannteren Bewohnern des eisenzeitlichen Italien gehören, sind Akteure wie die Picener, die Falisker oder die Elymer vor allem in der Fachwissenschaft bekannt. Dabei lassen sich über ihre Siedlungen, Heiligtümer, Gräber und Bilderwelt vielfältige Kulturgruppen jenseits der Griechen und Römer erschließen. Eine internationale Tagung, die Anfang März an der KU stattfand, beleuchtete „aktuelle Forschungen zur Archäologie des vorrömischen Italien“.

Organisiert wurde die Tagung von Nadin Burkhardt, Professorin für Klassische Archäologie an der KU und von Dr. Aura Piccioni von der Universität Trier, mit Unterstützung durch Dr. Raffaella Da Vela der Universität Tübingen und Dr. Robinson Krämer der Universität Wien.

Im Fokus standen Funde und Befun­de im etruskischen und italischen Raum. Dazu zählen zum Beispiel aktuelle Prospektionsprojekte oder neue Aufarbeitungsprojekte wie auf dem Monte Abatone in Cerveteri in der Nähe von Rom. Gerade die Aufarbeitung von Altgrabungen auf Gräberfeldern erbringen dank neuer Methoden und akribischer Archivrecherche neue Erkenntnisse zu Bestattungssitten, Gesellschaftsstrukturen und Kulturkontakten. Darüber hinaus sind in den vergangenen Jahren exzeptionelle Funde ans Licht gekommen wie etwa das Elfenbein-Kästchen mit Bernsteineinlagen in Belmonte Picenum in der Region Marken. Neue Fragestellungen werden in Projekten der Deutschen Forschungsgemeinschaft verfolgt, etwa zur Weiternutzung etruskischer Heiligtümer bis in römische Zeit oder zur Trachtentwicklung in der Übergangszeit von der Bronze- zur Eisenzeit. Über die Votive wie geweihte Bronzefigürchen, die Ausstattung und die Positionierung sakraler Stätten in der Landschaft lassen sich auch antike Wanderweidewirtschaftsrouten erschließen.

Etrusker-Tagung
Tagungsteilnehmer aus sechs Ländern

26 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Italien, Belgien, England, Österreich und der Schweiz nahmen an der Tagung in Eichstätt teil. Ausgewiesene Experten auf diesem Gebiet konnten für Vorträge gewonnen werden. Gabriele Cifani, Professor an der Universität La Sapienza in Roma, analysierte die Urnenreliefs aus Perugia in Hinblick auf ausgewählte Bildmotive und ihre mögliche Bedeutung. Die Elite Perugias nutzte griechische Mythen für die Visualisierung eigener Vorstellungen zum Zusammenspiel von Individuum und Gesellschaft. Erich Kistler, der an der Universität Innsbruck forscht und lehrt, konzentrierte sich auf neue Grabungsergebnisse auf dem Monte Iato auf Sizilien, wo im zweiten Jahrhundert vor Christus öffentliche Plätze und Bauten wie Theater, Tempel und Bankett- und Versammlungshäuser entstehen, die offenbar einer ländlich geprägten Bevölkerung als gesellschaftliches Zentrum dienen. Simon Stoddart, Professor an der University Cambridge, stellte die ersten Ergebnisse eines interdisziplinären Projekts in Tarquinia (Region Latium) vor, bei dem über Knochen-, Zahn-, DNA- und Pollenanalysen, sowie Isotopenuntersuchung und mikroskalierten Ansätzen ein detaillierter Blick auf Mensch und Umwelt in der etruskischen Stadt gewonnen werden kann. Massimiliano Di Fazio von der Universität Pavia referierte zur aktuellen Situation der etruskischen und italischen Forschung in der italienischen Altertumskunde, die über Ausstellungen, Museen und Lokalgeschichte in enger Wechselwirkung mit dem außerakademischen Bereich steht und eine starke Tendenz zur Etruskologie aufweist. Darüber hinaus präsentierten Nachwuchswissenschaftler, Masterstudierende und Doktoranden Ergebnisse ihrer Qualifikationsarbeiten oder neue Projekte wie die Inhaltsanalyse von antiken Tongefäßen. Auch die Rekonstruktion gesellschaftlicher Strukturen stand im Fokus, zum einen mithilfe der Sklavendarstellungen in der etruskischen Kunst, zum anderen über die Entwicklung der Präsenz von Frauen in spätetruskischen Grabinschriften. Im Objektbereich waren es ritzverzierte Spiegel und etruskische Gefäßtypen in ihrer Formenentwicklung.

Die Tagung fand statt im Rahmen des 22. Treffens der Arbeitsgemeinschaft „Etrusker und Italiker“ des Deutschen Archäologenverbandes; Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft ist die Eichstätter Professorin Nadin Burkhardt, die seit 2017 an der KU einen Forschungsschwerpunkt zum vorrömischen Italien aufgebaut hat.