Aueninstitut erforscht Wege für die Balance von Mensch und Gewässern

Flüsse und Fluss-Auen erfüllen heutzutage viele verschiedene Funktionen, die sich zum Teil widersprechen und dennoch miteinander in Einklang zu bringen sind – von der Schifffahrtsstraße über Hochwasserschutz bis hin zum Erholungsraum, Trinkwasserlieferant und Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten. Das Aueninstitut Neuburg der KU hat sich für solche Fragen seit seiner Gründung im Jahr 2006 zu einem gefragten Ansprechpartner entwickelt. Aktuell ist es in gleich drei neue Projekte eingebunden – sowohl national als auch international.

Bereits zwischen 2014 und 2017 erforschte das Institut – gefördert von der VolkswagenStiftung – mit wissenschaftlichen Partnern in Kirgisistan und China, wie sich die dortige Nutzung von Auwäldern verträglich gestalten lässt. Anknüpfend an die dabei gewonnenen Erfahrungen konzentriert sich nun das Projekt „ÖkoFlussPlan“ auf die Auenökosysteme entlang des Naryn in Kirgisistan. Kopf des Forschungskonsortiums von 14 Partnerinstitutionen ist Prof. Dr. Bernd Cyffka, der an der KU die Professur für Angewandte Physische Geographie innehat und gleichzeitig das Aueninstitut Neuburg leitet. Nun fand in der kirgisischen Stadt Naryn das Kick-Off-Treffen mit allen Beteiligten des Projektes statt, das über drei Jahre hinweg vom Bundesforschungsministerium gefördert wird.

„Nachhaltigkeit wird auch in Kirgisistan für die Politik und die Bevölkerung immer wichtiger. Dieses Interesses verbindet unsere beiden Länder. Das Projekt bietet wiederum Gelegenheit, um gegenseitig neue Kontakte zu knüpfen, die über die Laufzeit hinaus bestehen werden“, betonte die deutsche Botschafterin Monika Iwersen bei dem Treffen. Im Zentrum des Vorhabens steht ein Konflikt verschiedener Ansprüche: Einerseits versorgt sich die lokale Bevölkerung mit Feuerholz aus dem Auwald, andererseits sollen natürliche Ökosysteme und deren Biodiversität erhalten bleiben. Hinzu kommen Pläne für den Ausbau von Wasserkraft. Abhilfe schaffen sollen unter anderem Plantagen aus schnellwachsenden Gehölzen, die das Holz aus den Auwäldern ersetzen können. Zum anderen kommen aber auch moderne Technologien für die Erzeugung erneuerbarer Energien und der effizienten Energienutzung zum Einsatz. Dabei wird ein enger Dialog mit der lokalen Bevölkerung und Entscheidern gesucht, um zum einen bestehendes lokales Wissen von Anfang an einbeziehen zu können und zum anderen die Ergebnisse des Projekts dauerhaft zu verankern.

In Deutschland ist ein weiteres Projekt angesiedelt, an dem sich das Neuburger Aueninstitut beteiligt: An der unteren Lahn in Rheinland-Pfalz und Hessen gilt es, ein neues Konzept für die Bewirtschaftung dieses Flusses zu entwickeln, das Freizeitschifffahrt, Wasserkraft, Landwirtschaft und Tourismus miteinander in Einklang bringt. Dabei sind außerdem EU-Richtlinien zum Gewässerschutz, Hochwasservorsorge sowie Artenschutz zu berücksichtigen. Ursprünglich war die Lahn als Wasserstraße für Frachtschiffe ausgebaut worden und dient nun ausschließlich dem Tourismus. Da in diesem Bereich unter anderem fast zwei Dutzend Schleusen in die Jahre gekommen sind, stehen Investitionsentscheidungen an, für die zuvor eine Zukunftsperspektive abgestimmt werden muss. Grundlage dafür ist auch ein River Ecosystem Service Index (RESI), der dabei hilft, die Leistungen von Gewässern für die Gesellschaft systematisch abzubilden und Wechselwirkungen der verschiedenen Nutzungen zu identifizieren. Bereits bei der grundlegenden Entwicklung dieses Indizes am Beispiel der Donau wirkte das Aueninstitut von 2015 bis 2018 mit. Nun ist es am Folgeprojekt „RESI-Lahn“ beteiligt, das ebenfalls vom Bundesforschungsministerium gefördert wird. Die Forscherinnen und Forscher der KU werden sich dabei auf die Frage konzentrieren, welche Rolle die Lahn als Lebensraum für Pflanzen und Tiere spielt und wie sich die verschiedenen Arten abhängig von geplanten Maßnahmen entwickeln könnten. Das Aueninstitut gehört damit zu weiteren renommierten Verbundpartnern, wie etwa das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung oder das Karlsruher Institut für Technologie.

Die Bevölkerung und die Donau näher zusammenbringen will wiederum das von der EU geförderte Projekt „CityRiver“ der Stadt Donauwörth und der Lechwerke Wasserkraft GmbH, an dem ebenfalls das Aueninstitut Neuburg mitarbeitet. Weitere Partner sind die TU München und die Universität Innsbruck sowie der Fischereiverband Schwaben. „Mit CityRiver soll die ökologische Situation der Donau im Stadtgebiet verbessert und Lebensräume für Flora und Fauna entwickelt werden. Gleichzeitig wollen die Partner den Fluss für die Anwohner wieder zugänglicher und ,erlebbar‘ machen, indem das Flussbett an einigen Stellen aufgeweitet und die Uferbefestigungen angepasst werden“, erklärt Aueninstituts-Leiter Prof. Dr. Bernd Cyffka. So werde der Fluss zum Naherholungsraum und das Bewusstsein für den Lebensraum gestärkt. Konkret wird das Aueninstitut unter anderem bei der Planung eines neuen Umgehungsgewässers beraten, das Fische um eine Staustufe herumleitet, und begleitend beobachten, wie neue Laichhabitate von heimischen Fischarten – wie Huchen oder Nase – angenommen werden.