„Bitter Oranges“: Ethnografische Fotoausstellung an KU

Was passiert eigentlich mit afrikanischen Migranten und Flüchtlingen sobald sie von Lampedusa auf das italienische Festland gelangt sind? Diese Frage trieb die Ethnologen Dr. Diana Reiners und Prof. Dr. Gilles Reckinger im Frühjahr des Jahres 2012 zusammen mit der Fotografin und Sozialwissenschaftlerin Carole Reckinger nach Kalabrien. Das Resultat ihrer Beobachtungen an den Außengrenzen Europas ist nun in Kooperation mit der Professur für Europäische Ethnologie/Volkskunde (Prof. Dr. Angela Treiber) an der KU zu sehen. Die ethnografische Fotoausstellung „Bitter Oranges“ im Foyer der Sommerresidenz kann bis zum 13. Dezember besucht werden.

Prof. Dr. Gilles Reckinger hat in diesem Semester die Otto-von Freising-Gastprofessur an der KU inne. Er ist seit 2013 Professor für Interkulturelle Kommunikations- und Risikoforschung an der Universität Innsbruck. Seine Forschungsschwerpunkte sind Ethnographie, Prekarität und Prekarisierungsprozesse, Jugend, visuelle Methoden, Migration, europäisches Grenzregime, interkulturelle Kommunikations- und Risikoforschung.

Viele der Migranten aus dem afrikanischen Kontinent, die auf Lampedusa zum ersten Mal europäischen Boden betreten, arbeiten wenig später auf den Frucht- und Gemüseplantagen des südlichen Italiens. In der kalabrischen Stadt Rosarno pflücken jedes Jahr um die Weihnachtszeit tausende Wanderarbeiter unsere Orangen für einen Hungerlohn. Obwohl es außerhalb der Erntezeit keine Arbeit gibt, bleiben viele Arbeiter unter prekären Bedingungen in Rosarno. Die Fahrkarte in nahegelegene Orte mit eventuellen Arbeitsmöglichkeiten ist schlichtweg zu teuer.

Die drei Forscher haben am Alltag der migrierten Menschen teilgenommen und deren Geschichten, Perspektiven und Hoffnungen festgehalten. Dieser enge, über einen langen Zeitraum anhaltende Kontakt mit den Tagelöhnern sowie die Möglichkeit, deren düstere Lebensbedingungen miterleben zu können, resultierten in einer engen Beziehung zwischen den Forschenden und den Migranten.

Wie ist es möglich, Menschen, die aus öffentlichen Diskussionen um ihre eigene Situation ausgeschlossen sind, eine Stimme zu verleihen? Der teilnehmende Ansatz der Forschung des Trios nimmt dieses Anliegen ernst: Neben Fotografien und Interviews der Forschenden dokumentierten die Arbeiter selbst mit Digitalkameras ihre Lebenswelt, die von Armut und Ausgrenzung, aber auch von gegenseitiger Unterstützung und Zusammenhalt geprägt ist.