Dialog zwischen Wasserwirtschaft und Naturschutz für Natura-2000-Gebiete

Mit derzeit 27.000 Schutzgebieten auf 20 Prozent der EU-Fläche bildet das so genannte Natura-2000-Netzwerk das Rückgrat des Europäischen Naturschutzes. Da in Bayern etwa 80 Prozent dieser Gebiete in Zusammenhang mit Wasser als Lebensraum stehen und viele dieser Areale Fluss-Auen sind, lud das Neuburger Aueninstitut der KU gemeinsam mit der Bayerische Akademie für Naturschutz und Landespflege zu einer Fachtagung über das „Auenmanagement in Natura 2000-Gebieten“ ein. Die über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern kamen aus dem gesamten Bundesgebiet nach Neuburg.

„Zwar ist die Hälfte der deutschen Flussauen als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen. Trotzdem gehören die Habitate in Flussauen zu den am stärksten gefährdeten Lebensraumtypen. Vor allem die fehlende hydrologische Anbindung, aber auch zahlreiche andere Nutzungsansprüche spielen hier eine große Rolle“, erklärt der Leiter des Aueninstituts, Prof. Dr. Bernd Cyffka. Dabei gelten Flussauen als „hotspots“ der Artenvielfalt. Doch allein mit der Ausweisung als Schutzgebiet sei es noch nicht getan. „Um für die Natur hier wirklich etwas zu erreichen, können und müssen verschiedenste Maßnahmen ergriffen werden“, so Cyffka weiter. Zwar sei in vielen Bereichen eine ausreichende Gesetzgebung vorhanden, Daten und Wissen würden erhoben, jedoch werde noch wenig davon umgesetzt. Dies liege teils am geringen Personal in den zuständigen Behörden, aber auch an alten Konflikten zwischen Naturschutz, Wasser- und Forstwirtschaft. „Eine konstruktive Balance zwischen Schutz und Nutzung beruht – wie die zwölf Beiträge der Tagung zeigten – häufig darauf, dass die zuständigen Personen einen guten Draht zueinander haben“, erklärt Professor Cyffka. Daher sei es auch ein Ziel der Veranstaltung gewesen, einen Dialog zwischen den zuständigen Stellen anzustoßen.

Mut gemacht haben dabei vor allem erfolgreiche Beispiele aus der Praxis. Beeindruckend war die harmonische Zusammenarbeit von Naturschutz und Wasserwirtschaft bei zwei Projekten: bei der Altmühlrenaturierung, präsentiert von Claus Rammler von der Regierung von Mittelfranken, konnten Konflikte zwischen verschiedenen Schutzzielen durch frühzeitige Absprachen auf pragmatische Weise sehr gut gelöst werden; bei der gerade erst begonnenen Renaturierung der Isarmündung des Wasserwirtschaftsamts Deggendorf spiegelte der gemeinsame Vortrag von Wasserbauingenieur Herrmann Waas und Landschaftsplaner Clemens Berger die gute und erfolgreiche Zusammenarbeit und die Bereitschaft, neue Methoden gemeinsam zu erproben wider. Wie viel, auch mit geringem personeller Ausstattung, aber mit viel Engagement und dem „richtigen Draht“ selbst in intensiv genutzter Landschaft für die Auen zu erreichen ist, zeigte Peter Guggenberger-Waibel von der Stiftung KulturLandschaft Günztal. „Insbesondere über den Dialog und die Zusammenarbeit mit zahlreichen Institutionen wie Wasserwirtschaft, Gemeinden und Landwirten können auch private Initiativen einiges für die Auenentwicklung bewirken“, resümiert Cyffka.

Neben den Vorträgen konnten sich die Teilnahme bei verschiedenen Exkursionen beispielsweise über das vom Aueninstitut wissenschaftlich begleitete Dynamisierungsprojekt Donauauen zwischen Neuburg und Ingolstadt informieren. Dort wurde bei der Renaturierung die Verbindung von Fluss und Aue mit dem Ottheinrichbach als permanentes und neu gestaltetes Auengewässer wiederhergestellt. Über neu angelegte Ausleitungsstellen im Uferdamm finden „Ökologische Flutungen“ statt, die die hydrologische Dynamik der Aue verbessern und bewirken, dass der Zustand des Gebietes wieder naturnäher wird. Durch die Vergrößerung der wassergebundenen Lebensräume im Projektgebiet hat die Artenvielfalt der Wasservegetation und der Fische zugenommen und auch die Vogelfauna reagierte mit einem Zuwachs an Arten in den neu geschaffenen Habitaten. Diese Erfahrungen lassen Schlussfolgerungen auch für andere Flussbereiche in Deutschland und Europa zu.

Bericht der BR-Abendschau zur Tagung (Link zur BR-Mediathek)