Die Quintessenz des Reisens: Lehrstuhl Tourismus hält Rückschau auf Exkursionen

Seit Bestehen der Lehrstuhls Tourismus an der KU veranstaltete dessen Inhaber Prof. Dr. Harald Pechlaner 14 Exkursionen mit Geographie- und Wirtschaftsstudierenden – sowohl in europäische Länder als nach China, Russland oder Südafrika. Am Mittwoch, 30. November, lädt der Lehrstuhl ein zu einer Rückschau auf diese Exkursionen unter dem Motto „Erfahrungen, Begegnungen, Erkenntnisse – was bleibt?“. Ab 17 Uhr kann sich das Publikum der Veranstaltung (die im großen Sitzungssaal des Eichstätter Landratsamtes, Residenzplatz 1, stattfindet) auf die Suche nach der Quintessenz des Reisens zu begeben.

Jede Exkursion des Lehrstuhls setzte auf einen thematischen Schwerpunkt, wie Energie und Mobilität, politische und wirtschaftliche Beziehungen oder ländliche Tourismusentwicklung. Diese und weitere Themen wurden anhand von Fallbeispielen veranschaulicht und gemeinsam mit Fachleuten aus den jeweiligen Bereichen diskutiert.

Interessenten werden um eine formlose Anmeldung für die Veranstaltung per Mail an adelheid.appel(at)ku.de gebeten.

 

Prof. Dr. Harald Pechlaner im Gespräch über den Zweck von Exkursionen und die Auswahl der Ziele

Herr Professor Pechlaner, Sie veranstalten eine Tagung, die Rückschau hält auf die bisherigen 14 Exkursionen Ihres Lehrstuhls. Was ist die Intention dieser Veranstaltung?

Wir wollten unsere Exkursionen auf den Prüfstand stellen – didaktisch und inhaltlich. Mit unserem Lehrstuhl sind wir Teil der Geographie, in der Exkursionen seit jeher fester Bestandteil in der Lehre sind. Insbesondere unsere Studierenden mit wirtschaftswissenschaftlichem Hintergrund schätzen jedoch gerade diese Form, um nicht nur Land und Leute kennen zu lernen, sondern den Lebens- und Wirtschaftsraum einer Destination. Bei unseren Exkursionen ging es uns immer um die Frage, wie Menschen vor Ort Innovationen im Tourismus entwickeln. Generell halte ich Exkursionen für ein wichtiges Instrument, das aus didaktischer Sicht nicht nur für unseren Bereich zweckdienlich ist, sondern für empirische Wissenschaften im Allgemeinen.

Welchen Zweck erfüllen Exkursionen auch in Zeiten von Internet und der Möglichkeit von virtuellen Reisen?

Virtuelle Reisen bieten zwar die Möglichkeit, sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Die Realität bietet aber das Unerwartbare, die spontanen Begegnungen. Das bedeutet aber nicht, dass man einfach planlos aufbrechen kann: Eine Große Exkursion bedarf mindestens ein Semester an Vorbereitung, damit Lernen und Erleben zusammen die Erfahrung generieren.

Wie läuft die Vorbereitung einer Exkursion ab?

Vorab muss die Problemstellung, das Themenspektrum einer Destination analysiert werden, um dann geeignete Orte und Personen zu finden, die repräsentativ sind für eine Fragestellung. Die Exkursionen führten meist zu Zielen, die ich selbst auch erstmals besuchte, was die Neugierde noch steigerte. Bei der Vorbereitung nutzen wir neben offiziellen Kontakten auch Ansprechpartner, die zum Beispiel auf langjährige Verbindungen zu Universitäten zurückgehen. In Kamtschatka beispielsweise wären wir ohne den guten Draht zu einer russischen Universität vor Ort vermutlich gescheitert, um die Exkursion gut vorzubereiten.

Wie haben Sie die Ziele der Exkursionen ausgewählt?

Ich habe nach wie vor ein starkes Interesse für osteuropäische Länder. Wir waren zwar auch in Indien, Südafrika und China, aber wir wissen noch sehr wenig über den Osten Europas. Wenn wir den Osten nicht verstehen, werden wir Europa nicht verstehen. Wie laufen dort die Transformationsprozesse? Wie „ticken“ dort die Menschen“? Wie entsteht dort etwas quasi von Null? Dabei geht es nicht nur um die Frage, wie sich diese Länder als Destination entwickeln, sondern auch um die Kunden, die aus solchen Ländern kommen.

Was kennzeichnet speziell die osteuropäischen Länder?

Diese Staaten haben einen hohen Nachholbedarf und wollen sich schnell als touristische Destinationen entwickeln. Dies muss man steuern, um den Tourismus nachhaltig zu gestalten, damit nicht Fehler der westlichen Länder wiederholt werden. In diesem Sinn haben wir bei unseren Exkursionen nicht nur etwas mitgenommen, sondern konnten auch etwas geben: Bei unserer Exkursion in den Kaukasus zum Beispiel haben die Studierenden ein Konzept präsentiert, wie sich das Potenzial des dortigen Weltnaturerbes touristisch nutzen lässt, ohne – wie geplant – dort ein großes Ski-Resort entstehen zu lassen.

 

 

 

Prof. Dr. Harald Pechlaner war ab 2003 zunächst Inhaber der Stiftungsprofessur Tourismus, die 2005 zum Stiftungslehrstuhl erhoben wurde und seit 2008 als Lehrstuhl Tourismus besteht.

 

 Interview: Constantin Schulte Strathaus