Ein Berufsleben lang „mit Kopf, Herz und Hand“ für die Kleinsten

Zu Weihnachten geht im Uni-Kinderhaus auf dem Eichstätter Campus der KU eine Ära zu Ende: Claudia Köstler, langjährige Leiterin des Uni-Kinderhauses, verabschiedet sich in den Ruhestand. Die 67-Jährige begleitete den Weg des Uni-Kinderhauses fast von Beginn an. Fast 30 Jahre steckte sie viel Herzblut und Arbeit in die Einrichtung. Dabei begleitete sie mehr als 300 Kinder in ihren ersten Lebensjahren – und entlastete hunderte von Eltern, die dank der Krippe auf dem Campus auch mit Baby oder Kleinkind weiter studieren und arbeiten konnten.

Geboren im Schwarzwald, wuchs Köstler in Pförring, der Heimat ihres Vaters, auf. Als Älteste von acht Kindern passte sie oft auf die kleineren Geschwister auf – einer der Gründe, warum sie sich für die Arbeit mit Kindern entschied. Die Ausbildung zur Erzieherin machte sie an der Maria-Ward-Fachakademie in Eichstätt. Nach beruflichen Stationen in Mittenwald und Ingolstadt bekam sie selbst zwei Kinder. Auch in der Elternzeit blieb sie ihrer Passion treu und organisierte Spiel- und Krabbelgruppen. Nach einem „Lebensexperiment“, wie Köstler es schmunzelnd nennt, als Selbstversorgerin auf einem kleinen Bauernhof kehrte sie 1994 in ihren gelernten Beruf zurück.

Das Uni-Kinderhaus war damals gerade frisch aus einer Eltern-Kind-Gruppe entstanden. Zunächst hatten einige Studentinnen sich wechselseitig in der Kinderbetreuung unterstützt, das Studentenwerk zahlte die Miete für die Räumlichkeiten in einem alten Haus. Im Herbst 1993 stellte die Stiftung der Katholischen Universität einen Container für zwei Halbtags-Krippengruppen auf dem Campus auf, das Studentenwerk sicherte eine kontinuierliche Finanzierung zu. Damit konnte sie Eltern-Initiative erstmals pädagogische Fachkräfte für die Betreuung einstellen. Claudia Köstler stieg zum 1. Juli 1994 ein – zunächst als Erzieherin, kurze Zeit später zusätzlich als Leiterin.

Für die sich gerade institutionalisierende Krippe hatte sich Köstler gezielt entschieden: „Das Uni-Kinderhaus war von Anfang an überkonfessionell und offen für alle Kulturen und Nationen. Das war für mich der ausschlaggebende Grund, mich hier zu bewerben.“ Entsprechend viel Wert habe sie darauf gelegt, diese Offenheit zu fördern. „Genauso wichtig war es mir, einen guten, familienergänzenden Ort für Kinder zu schaffen – und auch, dass Frauen ihr Leben gut gestalten können, egal ob sie noch im Studium sind oder schon arbeiten.“

Was heute so selbstverständlich klingt, war vor 30 Jahren ein überaus moderner Ansatz. „An meiner ersten Berufsstation hat eine Hausfrau die unter Dreijährigen betreut, denn die Auffassung war, dass man mit denen ja nichts machen muss außer wickeln und füttern“, erinnert sich Claudia Köstler. „Dabei wird im frühkindlichen Bereich die Basis gelegt für Sprache, soziale Entwicklung und vieles mehr.“ Mittlerweile habe sich zum Glück viel getan hinsichtlich der Betreuungsqualität. Auch die Eltern erlebt Köstler heute selbstsicherer mit ihrer Entscheidung, sich familienergänzende Unterstützung zu holen.

Kinderhaus
Das Uni-Kinderhaus besuchen Kleinkinder von Studierenden und Beschäftigten der KU.

Dass im Uni-Kinderhaus nicht nur Kinder von Studierenden betreut werden, sondern auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der KU, sieht Claudia Köstler als einen der wichtigen Meilensteine ihrer Leitungszeit. „Frauen mit Kindern wollen nicht nur studieren, sondern auch etwas mit ihrer Ausbildung anfangen – und fehlende Kinderbetreuung schränkt die Entfaltungsmöglichkeiten erheblich ein.“ Möglich wurde die Erweiterung des Kinderhaus-Klientel durch eine Änderung der Finanzierung: 2005 wurde das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz erlassen; seitdem wird das Kinderhaus nicht mehr durch das Studentenwerk, sondern durch den Staat gefördert.

Die KU unterstützt die Krippe durch die mietfreie Bereitstellung des markanten roten Hauses hinter der ehemaligen Orangerie. Der Einzug dort im Januar 2007 ist für Köstler rückblickend ein weiterer Meilenstein: „Es war ein langwieriger Prozess, die Stiftung zu überzeugen, dass es sich lohnt, hier zu investieren.“ Den ersten Schritt dorthin verortet sie 1997, als die Stiftung zustimmte, aus den beiden Halbtagsgruppen Ganztagesgruppen zu machen. Die Krippe wurde daher um einen Schlafraum und eine Küche erweitert. „Ich bin wirklich stolz, das geschafft zu haben: ein kindgerechtes Haus mit genügend Personal und solider Finanzierung direkt auf dem Campus.“

Ein Erfolg, der nicht von ungefähr kommt: Ihre Weggefährten bescheinigen Köstler großes Organisationstalent, kaufmännisches Wissen und eine zupackende Art. „Ich betrachte nicht das Problem, sondern arbeite an der Lösung. Diese Seite von mir konnte ich hier sehr gut leben“, sagt die 67-Jährige lächelnd. Als junge Frau habe sie überlegt, Grundschullehrerin zu werden – sich aber für den vorschulischen Bereich entschieden, um selbst mehr gestalten zu können. Ihre Ausbildung als Erzieherin ergänzte sie im Laufe der Jahre um Weiterbildungen im pädagogischen Bereich, aber auch in BWL und Management. „Mit Kopf, Herz und Hand“ ist einer ihrer zentralen Leitsätze: „Das habe ich von den Mitarbeiterinnen hier gefordert und natürlich auch von mir selbst.“ Am meisten Freude im Beruf mache ihr aber immer noch die eigentliche Arbeit als Erzieherin: „Mit den Kindern auf Augenhöhe umgehen, mit ihnen spielen und sprechen. Und auch das Miteinander mit den Eltern.“

Kinderhaus
Das Uni-Kinderhaus wurde 2007 bezogen.

Dass Claudia Köstler dafür ein besonderes Talent hat, bekräftigt Doris Keim, langjährige Kollegin und Nachfolgerin als Leiterin des Uni-Kinderhauses: „Bezeichnend für Claudia ist ihre Empathie und ihre Fähigkeit, die Kinder für sich zu gewinnen und auf professionelle Art und Weise zu begleiten. Sie hat das Wohl der Kinder immer an erste Stelle gestellt.“ Das alles mache sie zu einer Persönlichkeit, „die über Jahrzehnte das Uni-Kinderhaus war“. Sylvia Schmager, Mitglied des Vorstands des Trägervereins des Uni-Kinderhauses und selbst Mutter eines Krippenkinds, unterstreicht das: „Mit ihrer Herzenswärme machte Claudia das Uni-Kinderhaus zu einem vertrauensvollen, warmen Ort und strahlte in der Betreuung und Begleitung der Kinder – und der Eltern – immer Geduld und Ruhe aus.“

Um die Kontinuität im Uni-Kinderhaus zu gewährleisten, hat sich das Team für einen langsamen Übergang entschieden. Köstler hat ihre Arbeitszeit stückweise reduziert, sich aus der Leitung zurückgezogen und ihre Nachfolgerin Doris Keim in den ersten Monaten als Krippenleitung begleitet. Am 21. Dezember ist nun endgültig der letzte Arbeitstag gekommen – und dem sieht Claudia Köstler mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen: „Die Erlebnisse mit den Kindern und die Strukturen hier werden mir definitiv fehlen. Was mir nicht fehlen wird, ist der Wecker am Morgen. Und meine vier Enkelkinder freuen sich auch, wenn Oma endlich mehr Zeit hat.“

Mehr Informationen über das Uni-Kinderhaus finden Sie hier.