Eine am Menschen orientierte Wirtschaft als Leitbild: WFI feiert 30-jähriges Bestehen

Ganz im Zeichen des 30-jährigen Bestehens der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Ingolstadt (WFI) der KU hat am Mittwoch der diesjährige Dies Oeconomicus der WFI gestanden. Im November 1989 startete der Lehrbetrieb „auf der Schanz“ mit gerade einmal 80 Studierenden und 8 Lehrstühlen. Heute zählt die Fakultät 1000 Studierende und 22 Lehrstühle. „Die WFI übernimmt eine besondere Verantwortung, in der gerade die Wirtschaftswissenschaften heute stehen“, sagte KU-Präsidentin beim Festakt im Großen Hörsaal der WFI. Dabei entwickele sich aus der interdisziplinären und internationalen Perspektive zusammen mit dem katholischen Profil eine „wunderbare Dynamik“. Vor diesem Hintergrund beschäftigte sich die KU intensiv mit der Zukunft von Arbeit sowie Veränderungen in der Gesellschaft – bewusst auch im Hinblick auf Fragen der Digitalisierung und Mobilität. Dies erfordere, auch die Studieninhalte laufend an aktuellen Herausforderungen auszurichten.

Als Vorsitzender des Förderkreises der WFI ermutigte Prof. Dr. Peter-Felix Tropschuh die Fakultät zu einer noch stärkeren Symbiose der Themenbereiche Betriebswirtschaftslehre, Digitalisierung, Ethik und Psychologie. Tropschuh schilderte den Einsatz des Förderkreises für die Nutzung des Ingolstädter Georgianums zur Ansiedlung des künftigen Ethikzentrums der KU, denn „gerade Fragen der Wirtschaftsethik sind so aktuell wie selten zuvor“. Für die Zukunft habe sich der Förderverein zum Ziel gesetzt, den regionalen Dialog – etwa durch die weitere Unterstützung des Dies Oeconomicus –  weiter zu stärken und besonders die Förderung von Studierenden in den Blick nehmen.

„Als Ingolstädter sind wir verdammt stolz auf diese Fakultät“, betonte Bürgermeister Albert Wittmann in seinem Grußwort, in dem er auf die historische Entwicklung der Stadt als Universitätsstandort einging. Die 1472 in Ingolstadt gegründete erste bayerische Landesuniversität wurde im Jahr 1800 nach Landshut verlegt, nachdem die Franzosen den Rhein überschritten hatten. Nach der Zerstörung der Stadt unter Napoloen hätten die Ingolstädter vergeblich um die Rückverlegung ihrer Universität gekämpft. Erst 200 Jahre später habe die Gründung der Fakultät den Grundstein für „Ingolstadts zweite Blüte als Hochschul- und Wissenschaftsstandort“ gelegt – mit dem damaligen Oberbürgermeister Peter Schnell und KU-Präsident Nikolaus Lobkowicz als treibende Kräfte. Durch verpflichtende Kurse zu Wirtschafts- und Unternehmensethik habe sich die Fakultät aus dem Reigen anderer Universitäten von Beginn an abgehoben und an die katholische Bildungstradition der KU angeknüpft. Das Studienangebot sei über 30 Jahre hinweg laufend ausgebaut, umgestaltet und den Erfordernissen der Zeit angepasst worden. „Gerade bei den aktuellen Themen Künstliche Intelligenz und Digitalisierung spielen die Domänen der Katholischen Universität – Ethik und Achtung der Grundwerte – eine wichtige Rolle“, so Wittmann. Damit eröffneten sich im Bereich der Forschung für die Region neue Perspektiven bezogen auf Mobilität, künstliche Intelligenz und Data Science.

„Gerade die Wirtschaftswissenschaften sind aktuell besonders dazu aufgefordert, sich über Fachpublikationen hinaus in öffentliche Diskurse einzubringen“, unterstrich WFI-Dekan Prof. Dr. Dr. Anton Burger. Deshalb würden die Studierenden bewusst dazu angeleitet, ökonomische Thesen nicht unkritisch zu übernehmen, sondern sich damit in fundierter Weise auseinanderzusetzen. Wichtig sei dabei auch das Sich-Einbringen in den demokratischen Diskurs um die Weiterentwicklung der wirtschaftlichen Rahmenordnung; es brauche die „visible hand“ des Rechtes, damit die „invisible hand“ des Marktes zum Wohle aller agieren könne. „Wenn wir als Fakultät wirtschaftswissenschaftliche Forschung und Lehre betreiben, wollen wir auch dazu beitragen, dass unsere Absolventinnen und Absolventen sich auch der Bedeutung eines Handlungsethos in der Wirtschaft bewusst werden“, so Burger. Es gelte das Leitbild einer am Menschen orientierten Wirtschaft; Träger und Ziel der Institution Wirtschaft müsse die menschliche Person sein.

In seinem kurzweiligen Festvortrag „Think Limbic! Die unbewussten Seiten des Unternehmenserfolges“ ging der Psychologe und Hirnforscher Dr. Hans-Georg Häusel auf grundlegend menschliche Aspekte ein, die auch in Marketing und Unternehmensführung Berücksichtigung finden. Das „emotionale Betriebssystem“ sei die stärkste Macht der Welt; Harmonie, Balance, Stimulanz und Dominanz seien dabei die bestimmenden Kräfte, die individuell unterschiedlich stark ausgeprägt seien und sich wechselseitig beeinflussten. Eine Triebkraft der Konsumgesellschaft sei der Drang nach immer neuen Belohnungen, da der Mensch nie zufrieden sein könne. Dabei führe die digitale Welt zu einer „brutalen Beschleunigung“ des Belohnungssystems. Als Entscheidungsinstanz für Emotionen gelte das limbische System, welches den Antrieb für das Großhirn liefere. Somit könne keine Entscheidung ohne emotionalen Hintergrund getroffen werden. „Vernunft ist jedoch nicht das Gegenteil von Emotionen, sondern bedeutet einen bewussten Umgang mit den emotionalen Systemen in uns, ohne hinzufallen“, so Häusel. Denn das Bewusstsein stelle das Ende eines weitgehend unbewussten Prozesses dar, in dem Außenreize ohne unser Zutun vorab bewertet würden. Im Hinblick auf ein Unternehmen bedürfe es eine gute Mischung an Menschen, deren emotionale Systeme unterschiedlich ausgeprägt seien – eine rein von Abenteurern dominierte Firma sei ebenso zum Scheitern verurteilt wie ein Betrieb, der ausschließlich auf Harmonie setze. „Wir brauchen auch gesellschaftlich die Unterschiedlichkeit, um als soziales System zu funktionieren und zu überleben.“