Erfolgsfaktoren für die gelingende Rückkehr auf den Arbeitsmarkt

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Mit welchen Maßnahmen haben Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen Erfolg beim beruflichen Wiedereinstieg? Was sind nach Krankheit und Therapien wesentliche Bedingungen für eine Rückkehr an den Arbeitsplatz und welche Hürden bremsen eine erfolgreiche Wiedereingliederung? Das analysieren Forschende der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Otto von Guericke-Universität Magdeburg in einem fünfjährigen Projekt, das von der Deutschen Rentenversicherung finanziert wird. Die Projektleitung haben der Psychologe Prof. Dr. Joachim Thomas (Professur für Psychologische Diagnostik und Intervention, KU) und die Soziologin Prof. Dr. Heike Ohlbrecht (Lehrstuhl Allgemeine Soziologie/Mikrosoziologie, OVGU).

Im Rahmen der umfangreichen Studie analysieren die Beteiligten hunderte Rehabilitationsverläufe und Wiedereingliederungsversuche von den Berufsförderungswerken in den Orten Bad Wildbad (Baden-Württemberg) und Birkenfeld (Rheinland-Pfalz) als Praxispartner. „Ziel ist es, herauszufinden, wie und wo Probleme bei der Erwerbsfähigkeit entstehen und zum Beispiel wie Abbrüche von erfolgreich begonnenen Weiterbildungsmaßnahmen vermieden werden können“, erklären die Forschenden. Dafür werden sie Interviews mit Rehabilitandinnen und Rehabilitanden aus den beiden Berufsförderungswerken führen, zum Teil vor Ort, aber auch an den Wohnorten der Personen. Am Ende des Projektes sollen Bedingungen für erfolgreiche Rehabilitationsmaßnahmen definiert werden, aus denen schließlich konkrete Handlungsempfehlungen für Rehabilitations- und Integrationseinrichtungen entstehen, wie ein Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nach einer Unterbrechung gelingen kann.

Prof. Dr. Heike Ohlbrecht, Lehrstuhl für allgemeine Soziologie/ Makrosoziologie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
© Dünnhaupt/OVGU Prof. Dr. Heike Ohlbrecht, Lehrstuhl für allgemeine Soziologie/ Makrosoziologie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

„Wir sehen uns bei jeder Person den gesamten Reha- und Integrationsverlauf an, von dem Punkt der Entscheidung für eine Reha bis zum Ausscheiden aus der Unterstützung, sei es durch Abbruch, nach Ablauf oder auch durch die vorzeitige Aufnahme einer Arbeit“, so Professorin Heike Ohlbrecht.

In den letzten 15 Jahren sei die Zahl der Anträge auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bundesweit von ca. 264.000 auf fast 435.000 und damit auf mehr als das 1,5-fache gestiegen, erklärt die Soziologin. Vor allem zwei Diagnosegruppen führten zu beruflichen Bildungsleistungen: Krankheiten der Muskeln, des Skeletts oder des Bindegewebes und ebenfalls von erheblicher und steigender Bedeutung sind die psychischen Erkrankungen. Handlungsbedarf für die Forschung entstehe auch, weil es in den zurückliegenden Jahren in Deutschland vermehrt zu Frühberentungen aufgrund von psychosomatischen Erkrankungen gekommen sei. „Institutionelle Anschlüsse, also das sinnhafte Ineinandergreifen von Leistungen der behandelnden Ärzte, der Rehabilitationsträger, der betrieblichen Wiedereingliederung und des Jobcenters werden dabei immer wichtiger werden“, ergänzt Professor Joachim Thomas. Darauf müsse wiederum die Rentenversicherung reagieren und entsprechende verzahnte Angebote vorhalten.

Professur für Psychologische Diagnostik und Intervention, KU
© Schulte Strathaus/upd Professur für Psychologische Diagnostik und Intervention, KU

Die betroffenen Personen wiederum erleben bei ihrer Wiedereingliederung einen immer unübersichtlicher werdenden Arbeitsmarkt und veränderten Arbeitsbedingungen durch Digitalisierung und Homeoffice. Auch neue Geschlechter- und Familienverhältnisse spielen im Vergleich zur Situation noch vor 10 Jahren eine wachsende Rolle bei der beruflichen Wiedereingliederung nach einer gesundheitsbedingten Zwangspause. So hat sich die Quote der erwerbstätigen Frauen erhöht, denen ihrer Qualifikation entsprechend angemessene Tätigkeiten ermöglicht werden müssen. „Die Entscheidung, die alte, eine andere oder gar keine Berufstätigkeit aufzunehmen, einen Job mit schlechterer Bezahlung, aber besseren Bedingungen aufzunehmen, oder den Wiedereintritt in das Erwerbsleben zu verzögern, hängt also von einem komplexen Bedingungsgefüge ab, das wir genauer untersuchen möchten“, schildern die Forschenden.

Die Beschäftigungsfähigkeit von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen langfristig zu erhalten sei angesichts des Fachkräftemangels und des Wandels der Arbeitswelt eine wichtige gesellschaftliche Zukunftsaufgabe. Es gelte zu erreichen, dass Menschen länger und gesünder Teilhabe am Arbeitsleben erfahren können und dass sie nach einer gesundheitlich bedingten Pause wieder gestärkt und mit Freude in das Arbeitsleben zurückkehren können, wenn sie dies wünschen.
    
Das Forschungsprojekt „Erfolgsfaktoren beruflicher Rehabilitations- und Integrationsprozesse – eine Analyse individueller Verläufe in Berufsförderungswerken“ ist eines von zehn Projekten, das innerhalb des Forschungsschwerpunktes zur „Weiterentwicklung der beruflichen Rehabilitation“ bis 2026 von der Deutschen Rentenversicherung Bund gefördert wird. Acht Rentenversicherungsträger haben sich mit der Deutschen Rentenversicherung Bund zusammengeschlossen, um erstmals diesen gemeinsamen, trägerübergreifenden Forschungsschwerpunkt zu initiieren.