„Familie ist die Wiege unseres Miteinanders“, betonte die bayerische Familienministerin Ulrike Scharf in ihrem Eröffnungsvortrag. „In Zeiten großer Veränderungen gibt Familie Stabilität, Orientierung und ist auch die zentrale Einheit, um Haltung und Werte zu vermitteln.“ Entsprechend wichtig sei Familienbildung, um Eltern in ihren Erziehungskompetenzen gezielt zu stärken. Dafür benötige es klare Strukturen, passgenaue Angebote und starkes Engagement: „Familienbildung ist ein Muss, aber sie ist kein Selbstläufer.“ Die Familienministerin unterstrich, dass die Kommunen hier besonders gefragt seien, der Freistaat dabei aber eng an ihrer Seite stehe. Scharf verwies auf das erfolgreiche Förderprogramm Familienstützpunkte. Mittlerweile gibt es 220 dieser kommunalen Kontakt- und Anlaufstellen im Freistaat. Mit Blick auf innovative Konzepte für die Zukunft betonte Scharf: „Als Familienministerin ist mir bei allen Angeboten wichtig, dass stets von der Familie und ihren individuellen Bedürfnissen ausgehend gedacht wird.“
Welche Bedürfnisse das sind, damit befasste sich Prof. Dr. Norbert F. Schneider, ehemaliger Direktor des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, in seinem Vortrag über die Familie heute. Mit Blick auf aktuelle wirtschaftliche und politische Entwicklungen rief er zu Gelassenheit auf: „Veränderungen sind normal. Vieles in diesem Land wird zu Recht kritisiert, aber darüber gerät zunehmend in Vergessenheit, dass erstaunlich viel gut funktioniert.“ Eltern sollten ihre Kinder befähigen, mit Ambivalenzen und Enttäuschungen umzugehen und deren Eigenverantwortung und Tatkraft fördern: „Sie sollten mehr Vertrauen in die kindliche Selbstständigkeit setzen – liebevolle Beiläufigkeit statt Perfektionsstreben.“ Insbesondere plädierte er dafür, die Bedürfnisse der Eltern nicht zu vernachlässigen: „Nur zufriedene Eltern können gute Eltern sein. Wenn ich ins Kindeswohl investieren möchte, muss ich das Elternwohl fördern.“ Wichtig sei es, den gesellschaftlichen Verantwortungsdruck von den Eltern, insbesondere den Müttern zu nehmen. Angesichts wachsender Diversität und den Anforderungen der Arbeitsmarkts sei der Staat zudem gefordert, Kinderbetreuung und Schule stärker nachfrageorientiert zu gestalten, sagte Norbert Schneider.
Gemeinsam mit Dr. Christian von Dobschütz, Landrat von Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim, und Dr. Veronika Hecht, wissenschaftliche Mitarbeiterin des ZFG, diskutierte Schneider in einer anschließenden Talkrunde, was Familienbildung in den Kommunen leisten kann. „Entscheidend ist die Frage, wie wir die Familien erreichen, die Unterstützung besonders benötigen“, konstatierte Schneider. Die Bekanntheit von Angeboten der Familienbildung sei oftmals eine echte Hürde, berichtete Prof. Dr. Klaus Stüwe, der die Runde moderierte. Als Direktor des ZFG verantwortete er mehrere Familienbildungsstudien in Kooperation mit bayerischen Landkreisen und Städten. „Ein positiver Nebeneffekt unserer Erhebungen war, dass viele Befragten so erstmals überhaupt mit dem Thema in Kontakt kamen“, sagt Stüwe. Seine Mitarbeiterin Veronika Hecht unterstrich, dass Niedrigschwelligkeit auch ein zentraler Wunsch der Eltern sei: „Viele fänden es am einfachsten, wenn die Informationen zu Familienbildungsangeboten direkt über Schulen und Kitas, beispielsweise über die vorhandenen Apps, fließen würden.“ Überhaupt seien Onlineangebote eine wichtige Säule. Einen weiteren erfolgreichen Weg, um Familien zu erreichen, zeigte Christian von Dobschütz auf, der erläuterte, wie die staatlich geförderten Familienstützpunkte in seinem Landkreis funktionieren: „Die Familienstützpunkte haben den großen Vorteil, dass sie vor Ort gut wahrnehmbar sind – bei uns zum Beispiel durch die räumliche und personelle Nähe zur Kita.“
Welche Fördermöglichkeiten es von staatlicher Seite in der bayerischen Familienbildung gibt, erläuterte Ministerialrat Robert Höcherl in einem Impulsvortrag. Der Austausch über konkrete, praxisnahe Lösungen stand dann bei vier Workshops am Nachmittag im Fokus. Unter anderem ging es um die spezifische Zielgruppe von Personen mit Migrations- oder Fluchthintergrund, diversitätssensible Angebote und die Frage, wie Familienbildung zur Demokratiebildung beitragen kann. Gerahmt wurde die Tagung von einem Ideenmarktplatz, auf dem verschiedene Träger und Anbieter ihre Familienbildungsangebote präsentierten.