Ferne Nachbarn: Kultur, Theologie und Glaube im (Süd-)Osten Europas

Die Themenfelder Jugendpastoral, Migration und Ökumene in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und der Ukraine haben im Mittelpunkt einer neuntägigen Exkursion gestanden, welche von den Lehrstühlen für Pastoraltheologie sowie für Alte Kirchengeschichte der KU organisiert wurde. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereiteten sich vorab in einem Seminar vor, das in die Strukturen der Länder (Gesellschaft, politische Strukturen, Situation der Ortskirchen) sowie theologische Denkansätze einführte.

Im kroatischen Zagreb informierte sich die Gruppe an der dortigen katholischen Universität, mit der die KU seit Anfang des Jahres partnerschaftlich verbunden ist, über die Auswanderung junger Kroatinnen und Kroaten. Prof. Dr. Tado Juric erläuterte, dass in den vergangenen Jahren etwa 300.000 vor allem junge Bürgerinnen und Bürger Kroatien verlassen haben, um sich vorwiegend in Deutschland anzusiedeln – in der Hoffnung auf bessere Lebensperspektiven. Der Politologe Juric hatte hierzu eine Studie unter ausgewanderten Kroaten durchgeführt. „Alle Ortskirchen sowie Theologinnen und Theologen im südöstlichen Europa sind mit Fragen von Migration, Jugend und Ökumene sowie dem interreligiösen Miteinander konfrontiert“, erklärt Dr. Sebastian Kießig vom Eichstätter Lehrstuhl für Pastoraltheologie.

Daher standen an der Theologischen Fakultät der Universität Zagreb – auch vor dem Hintergrund der jüngsten Jugendsynode - bei einer zweitägigen Konferenz synodale Prozesse in der Jugendpastoral im Zentrum. Die Studierenden waren in einer Workshopphase in die Konferenz eingebunden, indem sie in kroatisch-deutscher Zusammensetzung einzelne Texte des Abschlussdokumentes zur vergangenen Jugendsynode diskutierten. Es wurde dabei herausgestellt, dass synodale Prozesse pastoralen Charakter haben können, diese aber eine unterschiedliche Relevanz für die Ortskirche haben.

Zweite Station der Exkursion war in Sarajevo. Diese Stadt, welche noch deutlich die Narben des Krieges von 1992 bis 1995 trägt, bot ein Forum zur theologischen Fragestellung der Migration. Diese wurde bei einem Gespräch mit Vinko Kardinal Puljic (Erzbischof von Sarajevo), einer theologischen Verortung des interreligiösen Miteinanders in Bosnien-Herzegowina sowie bei einem Austausch in der Konrad-Adenauer-Stiftung thematisiert.

In Lemberg (Ukraine), der dritten Station der Exkursion, ging es schwerpunktmäßig um die ökumenischen Beziehungen zur Orthodoxie und die gegenwärtigen Entwicklungen innerhalb der Ukrainisch Orthodoxen Kirche. Ein ganztägiger Studientag an der Katholischen Universität sowie ein Gespräch mit dem Weihbischof der Griechisch-Katholischen Kirche in Lemberg zeigte, dass es einige theologische und viele praktische Berührungspunkte zwischen den katholischen Kirchen und großen Teilen der Orthodoxie gibt. Die gegenwärtige Lage der Ukraine mit einem offenen Krieg im Donbass, fördere die caritative Zusammenarbeit, die z.B. auch in der Bewältigung der Binnenmigration bestehe.

„Eine universalkirchliche oder gesamteuropäische Antwort auf Fragen von Migration, Jugendpastoral oder Ökomene zu geben, erscheint nach der Exkursion nur schwierig möglich zu sein. Hingegen kann man seine südosteuropäischen Nachbarn mental und wissenschaftlich besser verstehen“, resümiert Kießig.