Freiraum für Forschung zum Wandel der Dialogkulturen

Öffentliche Auseinandersetzungen zu Fragen von Migration, rassistische Mobilisierung oder Proteste gegen Corona-Maßnahmen – der Umgang zu solchen Themen haben im öffentlichen Raum an Schärfe zugenommen. Aus kultur- und sozialwissenschaftlicher Perspektive befasst sich an der KU das Forschungskolleg „Dialogkulturen“ mit diesem Strukturwandel der Öffentlichkeit, der auch Gegenstand der Auftaktkonferenz gewesen ist. Bedingt durch die Pandemie konnte die Veranstaltung unter dem Titel „Dialogizität und Agonalität: Zur neuen Strittigkeit des öffentlichen Raumes“ nun mit einem Jahr Verzögerung nachgeholt werden. Sie beschäftigte sich mit zeitgenössischen Formen des Öffentlichen, die durch Konflikte, Konfrontation, Dissens und radikale Negativität bestimmt zu sein scheinen.

„Die Verschärfung der Auseinandersetzungen geht einher mit wechselseitigen Verstärkungseffekten zwischen Offline- und Online-Welten, zwischen Versammlungen auf Straßen und Plätzen und den Verdichtungen der digitalen Kommunikation in den Echokammern der Social Media“, erklärte der Soziologe Prof. Dr. Robert Schmidt, der gemeinsam mit Prof. Dr. Kerstin Schmidt vom Lehrstuhl für Amerikanistik das Sprecherteam des Kollegs bildet. Es komme zu polarisierenden Effekten und affektiven Ladungen, die oft überraschende mobilisierende Wirkungen entfalten.

„Ein Anliegen des Forschungskollegs ist es, einerseits verschiedene Formen von Dialog in Gesellschaften zeitgenössisch und historisch sowie kultur- und sozialwissenschaftlich zu thematisieren. Andererseits wollen wir gerade durch das Forschungskolleg selbst einen Raum für Dialog schaffen, der den Austausch über die eng gesteckten Fachgrenzen hinaus stärkt und ermöglicht – von Promotions-, Post-Doc- und Habilitationsprojekten bis zur Forschung von etablierten Fachkollegen und Fachkolleginnen“, betonte Prof. Dr. Jens Hogreve als Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs. So beschäftigt sich beispielsweise eines der Forschungsprojekte, das im Dialog mit den Forschenden über Fachgrenzen hinweg diskutiert wird, mit der Stärkung von Lehrkräften in der Auseinandersetzung mit antidemokratischen Überzeugungen im Unterricht. Insgesamt sind knapp 20 Forschende der KU Mitglieder des Forschungskollegs.

Eröffnungskonferenz Dialogkulturen
Die hybride Eröffnungsveranstaltung wurde aus dem Holzersaal der Sommerresidenz online übertragen.

Ziel der Forschungskollegs ist es, exzellenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Freiräume für die Arbeit an schon weit vorangeschrittenen Forschungsprojekten, aber auch für die Fertigstellung von Drittmittelanträge zu gewähren. Das Kolleg bietet darüber hinaus nicht nur ein Forum, um exzellente geisteswissenschaftliche Forschung voranzutreiben und zu vernetzen, sondern auch einen Ort, an dem in der kulturwissenschaftlichen Forschung aktuelle Anliegen aufgenommen werden und somit zum Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft beigetragen werden kann.

Im Dialog, so Hogreve weiter, gehe es darum, uns gegenseitig respektvoll wahrzunehmen und wertzuschätzen: „Wenn wir uns auf den Prozess einlassen, können im Dialog überraschende und hilfreiche Lösungsansätze gefunden werden.“ Fester Bestandteil des Forschungskollegs sind daher auch internationale Gäste, die im laufenden Sommersemester aus den USA, China, Dänemark und dem Vereinigten Königreich kommen. Ein der Forschenden untersucht etwa am Beispiel von Vietnam mit den Dialogen zwischen westlichem Altertum, kolonialer Vergangenheit und post-kolonialer Gesellschaft. Möglich wird dies Internationalität auch durch eine Förderung der Alexander von Humboldt-Stiftung im Rahmen des Henriette Herz-Programmes, die auf eine Auszeichnung der KU zur Rekrutierung von internationalen Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftlern zurückgeht.

Weitere Informationen unter www.ku.de/dialogkulturen.