Gebrüder Grimm Exit Game macht Schulgrammatik lebendig

Am Beginn ihres Studiums sind nicht wenige Germanistik-Studierende hinsichtlich ihrer grammatischen Vorkenntnisse noch nicht sattelfest. Den Unsicherheiten möchten Dozierende der KU nun auf ungewöhnliche Weise begegnen: Mit einem Exit-Game über die „Die geheime Sprachwelt der Gebrüder Grimm“ soll das Wissen um die Grammatik der deutschen Sprache gefestigt werden. „Grammatik kann auch Spaß machen“, lautet die Botschaft der Lehrenden an ihre Studentinnen und Studenten.

Schon seit Längerem beobachten die Dozierenden im Fachbereich Germanistik, dass bei Studierenden häufig Unsicherheiten oder nur geringe Kenntnisse im Bereich der Schulgrammatik vorhanden sind. Gerade weil ein großer Teil von ihnen später selbst als Deutsch-Lehrkraft vor einer Klasse stehen wird, besteht Handlungsbedarf. In einer Taskforce haben sie eine Strategie entwickelt, die zunächst einen Grammatiktest für alle Studierenden vorsieht. Damit sollen die Studierenden im ersten Schritt eigene Lücken erkennen. Anschließend nehmen sie an einem Online-Selbstlernkurs teil, den die KU von der Universität Passau übernommen hat. Dieser Kurs wird an der KU von einem Tutorium begleitet, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich austauschen, Fragen stellen und das Gelernte weiter üben können. Das Tutorium findet entweder unter Anleitung Studierender statt oder wird – wie in diesem Semester – von Dr. Anna Fiona Weiß, Akademische Rätin an der Professur für Deutsch als Zweitsprache (DaZ) / Deutsch als Fremdsprache (DaF), geleitet. 

Studierende beim Lösen des Exit Games

„Wir wollten zum Abschluss dieses Tutoriums ganz bewusst zeigen, dass Grammatik Spaß machen kann, den Studierenden ihre Angst vor dem Thema und die Unlust nehmen, sich damit zu beschäftigen“, erklärt Weiß. Vor diesem Hintergrund ist das Exit Game „Die geheimnisvolle Sprachwelt der Gebrüder Grimm“ entstanden. „Unser Ziel ist es, die Gefahr, dass sich das Unwissen in Bezug auf die Schulgrammatik potenziert, umzukehren. Bisher war das Thema für viele unserer Studierenden negativ besetzt. Mit der Erfahrung des Exit Games und der Freude, die damit verbunden ist, wollen wir nun dieses positive Erlebnis in die Schulen hinein potenzieren“, ergänzt sie. 

Wichtig war dem Projektteam, zu dem neben Weiß auch Kerstin Dierolf, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, und als Teil der Taskforce auch Prof. Dr. Sebastian Kürschner – beide vom Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft – sowie die Studienrätin Amelie Filand gehören, dass dieser Abschluss als Gruppenarbeit in Präsenz stattfindet und nicht digital. „Sprache muss man verhandeln, gemeinsam über Lösungen nachdenken und diese diskutieren, das ist ein entscheidender Teil der Sprachbildung“, sagt Fiona Weiß. Ihre Kollegin Kerstin Dierolf ergänzt: „Wir wollten außerdem kein weiteres Training, sondern eine Anwendungsmöglichkeit schaffen, bei der die Studierenden ein Gefühl dafür bekommen, was sie gelernt haben.“

Studierende lösen das Exit Game

Das entstandene Exit-Game ist ein Knobelspiel, bei dem eine Gruppe von Spielerinnen und Spielern ein verschollenes Manuskript von Jakob Grimm wiederfinden muss, indem sie Rätsel lösen und Hinweise finden. Damit kommen zu dem grammatikalischen Wissen, das für das Lösen der Rätsel gebraucht wird, auch kulturelle Inhalte zum Leben und Wirken der Gebrüder Grimm hinzu, die nicht nur Märchen gesammelt haben, sondern vor allem bedeutende Sprachwissenschaftler waren. Die Gruppen tauchen in die „Grimm-Welt“ ein, nutzen historisches Material wie Briefe, Werke oder auch die Rezeptsammlung von Dorothea Grimm und versuchen eine Nachricht zu entschlüsseln, die sie auf die Spur des verschollenen Manuskripts bringt. Können die neun Rätsel nicht gelöst werden, geben Hilfskarten zusätzliche Anhaltspunkte. Durch die Förderung des Projekts durch das KU-Lehrlabor konnte das Spiel von einer Grafikerin professionell gestaltet werden und ist so zu einem hochwertigen Spielerlebnis geworden. Im Sinne des Leitbilds für das Studium fördert das KU-Lehrlabor die Weiterentwicklung der Lehrqualität durch innovative Formen und Formate.

Erstmals gespielt wurde das Exit-Game „Die geheime Sprachwelt der Gebrüder Grimm“ zum Abschluss des Tutoriums im Wintersemester 2024/2025. Dabei stellte sich heraus, dass die erste Version des Spiels zu anspruchsvoll war. Durch eine Evaluation konnten die konkreten Probleme der Teilnehmenden ermittelt und das Rätsel-Spiel überarbeitet werden. Ende des Sommersemesters kann nun die neue Version erstmals getestet werden. Trotzdem freut sich Kerstin Dierolf, wie gut auch schon an der ersten Gruppe von Studierenden der Effekt des Exit Games sichtbar wurde: „Das Schöne war, wie die Gruppen im Team gearbeitet haben, Sprechanlässe initiiert wurden und die Teilnehmer und Teilnehmerinnen dazu angeregt wurden, über grammatische Phänomene zu diskutieren.“ Anna Fiona Weiß ergänzt, „dass die Teilnehmenden in ihrem Material geschaut haben, wenn sie Fragen nicht beantworten konnten, hat gezeigt, dass sie sich auch selbstständig um die Aufarbeitung von Wissensdefiziten kümmern. Das ist ein wichtiger Teil des Lernprozesses.“

In Zukunft soll das Exit-Game auch für andere Universitäten nutzbar gemacht werden. Es wird nicht nur als wissenschaftlicher Artikel veröffentlicht, sondern auch auf einer Website zum Download verfügbar gemacht werden, sobald die Überarbeitung abgeschlossen ist. Ziel der Projektgruppe ist es, möglichst viele Studierende zu erreichen. Gleichzeitig denken die Entwicklerinnen auch über eine mögliche Adaption für die Schule nach. Daher ist auch Amelie Filand, die als Lehrerin an einer Schule in Hessen arbeitet, Teil des Teams. Die schulische Relevanz wurde bei dieser Zusammenarbeit zwischen Universität und Schule von Anfang an mitgedacht.